Handelsbefragung Trend 2010 Verhalten optimistisch - Seite 4

Noch scheint die Krise nicht ganz überwunden, noch rechnen die Branchenführer mit weiterem Kostendruck. Aber fürs eigene Unternehmen sieht es nicht schlecht aus.

Donnerstag, 09. September 2010 - Management
Markus Oess

Erich Harsch, Vorsitzender der Geschäftsführung dm, zu den Perspektiven für 2010:
Eine große Herausforderung für Unternehmen ist es, die Balance zwischen Effizienz und Erfolgsorientierung auf der einen Seite und soziale und gesellschaftliche Verantwortung auf der anderen Seite zu finden. Nachhaltigkeit rückt immer mehr in den Fokus der Kunden und Unternehmen, die bislang nur die ökonomische Nachhaltigkeit im Blick hatten, werden umsteuern müssen. Eine andere, stets aktuelle Herausforderung bleibt, sich bei Entscheidungen am Kunden zu orientieren. Dies gelingt nur dann, wenn man neue Entwicklungen aufmerksam verfolgt, um schnell und angemessen darauf reagieren zu können.
Die Aussichten sind nach wie vor gut, bei Produkten des täglichen Bedarfs rechnen wir mit einer gleich bleibenden hohen Nachfrage und blicken optimistisch in die Zukunft. Daher setzen wir auch weiterhin auf organisches Wachstum. Im abgelaufenen Geschäftsjahr 2008/2009 haben wir fast 200 neue dm-Märkte in Europa eröffnet und wollen unser Filialnetz in ähnlichem Tempo weiter verdichten.

Harsch zu Kostendruck, Eigenmarken und Regionalität:
Die Auswirkungen von Preiskämpfen und Kostendruck kann man bereits seit Jahren beobachten: Zum einen profitieren Kunden von günstigen Produkten, zum anderen ist es für Unternehmen notwendig, dass sie ihre Prozesse optimieren und stetig weiterentwickeln. Nur die Anbieter werden am Ende bestehen, die ihre Arbeitsabläufe am effizientesten gestalten und zugleich die Menschen nicht aus den Augen verlieren, denn Effizienz ohne ein funktionierendes Miteinander ist nicht zielführend. Für Händler, die bisher wenige Eigenmarken im Regal haben, sind Eigenmarken eine gute Antwort, da Kunden Qualität zu günstigen Preisen schätzen. Uns bei dm ist es heute ein Anliegen, einen ausgewogenen Mix aus Handelsmarken und Markenartikeln anzubieten, so dass der Kunde die Wahl hat und selbst entscheiden kann. Bezüglich der Regionalisierung von Sortimenten gibt es sicher Bereiche, in denen das Sinn macht. Für unser Produktspektrum hält sich dies eher in Grenzen.

Harsch an die Adresse der Bundesregierung:
Politiker sollten sich von Lobbyisten nicht von der Idee der Freien Marktwirtschaft abbringen lassen. Wenn die neue Bundesregierung erklärt, dass sie den Versandhandel mit Arzneimittel einschränken möchte, kann sie damit kaum den Vorteil der Bürger im Blick haben, sondern den der Apotheken. Darüber hinaus sollte sich die Politik verstärkt darauf konzentrieren, Rahmenbedingungen zu gestalten und ansonsten den Bürgern so viele Freiräume wie möglich zu öffnen. Erich Harsch, dm

Gerhard Berssenbrügge, Vorstands-Vorsitzender Nestlé Deutschland, zu Perspektiven für 2010:
Entscheidend für die Stimmungslage und das Konsumklima werden 2010 die Zahlen sein, die die Bundesagentur für Arbeit Monat für Monat verkündet. Sollten aus Nürnberg Hiobsbotschaften kommen, wird dies das Konsumklima und entsprechend die Preise weiter unter Druck setzen. Zu hoffen ist, dass die Wirtschaft insgesamt durch Maßnahmen wie Nutzung der Kurzarbeit einen Anstieg bei der Zahl der Arbeitslosen verhindern kann. Kritisch wäre, wenn die Preissenkungsrunden im Handel weiter gehen wie 2009 – dies ist eine Wertevernichtung, die die gesamte Wertschöpfungskette zu spüren bekommt. Nutrition, Health und Wellness bleibt der Haupttreiber für unser Geschäft: Quer über alle Produktbereiche haben wir eine gute Innovationspipeline für die kommenden Jahre, die Gesundheit und den ernährungsphysiologischen Nutzen in den Vordergrund stellt. Aber auch Innovationen im Premiumbereich sind Treiber unseres Wachstums. Parallel hierzu werden wir mit Angeboten am Markt agieren, die den Budget-Grenzen einkommensschwächerer Haushalt Rechnung tragen.

Bessenbrügge zu Kostendruck, Eigenmarken und Regionalität:Nur starke Marken können sich dem kontinuierlichen Preisdruck entziehen. Wir müssen den Verbrauchern immer wieder vermitteln, dass hinter unseren Marken Qualität und ein Mehrwert steht. Auch 2010 wird der Wettbewerb um die Gunst des Verbrauchers über das gewisse „Mehr“ entschieden. Mehr Qualität, mehr Service, mehr Dienstleistung, mehr Innovation. Letztendlich profiliert sich der Handel dabei durch Markenartikel und die Innovationskraft der Markenhersteller. Eigenmarken und regionale Produkte sind sicher wichtige Standbeine für das Profil des Handels – dies ist ein komplementäres und kein konkurrierendes Angebot.

Berssenbrügge an die Adresse der Bundesregierung:
Wirtschaftliches Wachstum wird vor allem dann durch die Politik stimuliert, wenn die Lasten aus Steuern und Abgaben reduziert und die Mehrzahl der Bevölkerung wieder über mehr frei verfügbare Mittel verfügt, die in die Anschaffung von Konsumgütern investiert werden können. Aber auch ein „weniger an Regulierung und Bürokratie“ und stattdessen verlässliche Rahmenbedingungen, die Transparenz und Innovationsprozesse im Interesse der Verbraucher fördern, können die wirtschaftliche Entwicklung stimulieren. Last but not least ist eine Verbraucherpolitik wünschenswert, die konsequent, berechenbar und verlässlich die Interessen der Verbraucher vertritt.
Gerhard Berssenbrügge  Nestlé Deutschland

Harry Brower, Chairman Unilever, zu den Perspektiven 2010:
Wir sind für 2010 gut aufgestellt. In unseren Kategorien besteht gutes Wachstumspotenzial für uns und unsere Kunden. Mit unserem durchdachten Marken- und Themenportfolio sehen wir sehr gute Chancen für ein erfolgreiches gemeinsames Jahr mit unseren Kunden.

Brower zu den wirtschaftlichen Aussichten von Unilever:
Wir sind aus dem Jahr 2009 stärker heraus- als hineingegangen. Für 2010 liegt unser Fokus klar darauf, diese starke Basis zu nutzen, um das Wachstum unserer Kunden zu unterstützen und als Partner gemeinsam neue Ideen zu entwickeln. Dabei werden wir unsere passionierte Einstellung zum Konsumenten weiter ausbauen, um mit und über ihn zu lernen.

Brower zum Thema Nachhaltigkeit:
Das Thema Nachhaltigkeit war uns immer schon sehr wichtig; seit elf Jahren ist Unilever Nr.1 im Dow Jones Sustainability Index im Bereich Foods. Verantwortungsvolles Handeln ist seit jeher lebendiger Kern der Unilever-Unternehmensphilosophie. Wir engagieren uns international und regional im Umweltschutz und bei gesellschaftlichen Themen in Zusammenarbeit mit lokalen Behörden und Organisationen. Ein Projekt, das wir in den letzten Jahren verfolgt haben, ist die Verwendung von zertifiziertem, nachhaltig produziertem, Palmöl. Bis 2015 wird Unilever ausschließlich Palmöl von Lieferanten beziehen, die für nachhaltigen Anbau zertifiziert sind.
Mit dem neuen Gebäude der Zentrale in Hamburg hat Unilever im vergangenen Jahr ein Zeichen gesetzt und wurde mit dem BEX Award für besonders nachhaltige und effiziente Architektur ausgezeichnet. In den letzten Jahren konnten wir unseren CO²-Ausstoß in unseren Werken weltweit bereits um mehr als ein Drittel reduzieren und bis 2012 wollen wir auf Basis der Werte von 2004 weitere 25 Prozent CO² in der Produktion einsparen.
Zudem wird Unilever ab 2010 für seine deutschen Produktionsstandorte ausschließlich Strom aus erneuerbaren Energiequellen nutzen. Die Nutzung von „grünem“ Strom aus Wasserkraftwerken führt zu einer Verringerung des CO²-Ausstoßes um 95 Prozent, das sind 60.000 t. Das Thema Nachhaltigkeit gewinnt zunehmend an Bedeutung, und auch Unilever ist davon überzeugt, dass sich eine verantwortungsvolle Geschäftspolitik positiv auf unsere Gesellschaft und unser Geschäft auswirkt. Harry Brower, Geschäftsführer Expansion Unilever