Eigenmarken Preis wieder wichtiger

Die Bundesbürger sparen in der derzeitigen Lage auch beim Einkauf von Lebensmitteln. Handelsmarken legten erstmals wieder beim Marktanteil zu. Doch wer profitiert davon?

Dienstag, 03. Mai 2022 - Management
Susanne Klopsch
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Bildquelle: Martin Hangen

Die Zahlen sind deutlich: 59 Prozent der vom ECC Köln für den „Trend Check Handel“ Befragten wollen auf teure Markenprodukte verzichten, sollten insbesondere die Preise im Lebensmitteleinzelhandel weiter steigen. Das war Mitte März (KW 11). 44 Prozent der Menschen kauften zu dem Zeitpunkt bereits häufiger bei Discountern. Für die Kölner war dabei ein Wert auffällig: „Vor allem die jungen Konsumenten zwischen 18 und 29 Jahren sorgen sich um die gestiegenen Preise und passen ihr Einkaufsverhalten bereits entsprechend an.“ Ist ja eigentlich auch kein Wunder, sind das doch die Jahre, in denen die Gehälter niedriger sind, die erste eigene Wohnung bezogen wird und der Erlebnishunger (ausgehen, die Welt sehen) groß ist.

„Etwas Gönnen“ läuft woanders
Dabei hatte sich in der Pandemie das Einkaufsverhalten der Bundesbürger bei Lebensmitteln eher in die Richtung „Etwas gönnen“ entwickelt. Das bedeutete für viele, beim Lebensmitteleinkauf vielleicht zur Premium-Eigenmarke des Händlers oder gleich zu Herstellermarken zu greifen. Trading-up statt Trading-down also. Das freute Vollsortimenter, die gegenüber dem Discount ordentlich Marktanteil holen konnten. Doch Inflation, gestiegene Heizkosten, teurer Treibstoff, höhere Preise infolge des Ukrainekrieges hinterlassen auch hierzulande deutliche Spuren im Konsumverhalten. Auf bis zu 242 Euro im Monat beziffert die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC Deutschland auf Basis von Zahlen des Statistischen Bundesamtes und des ifo-Instituts die Mehrkosten für einen durchschnittlichen Haushalt. Und das führte schon zum Befragungszeitpunkt im Januar – und damit vor Beginn des Ukrainekrieges – dazu, dass 39 Prozent der Befragten verstärkt zu Eigenmarken greifen wollen. Ein Viertel schränkt den Konsum laut PwC sogar ein: „Vor allem verzichtbare Lebensmittel wie Fleisch und Wurst oder auch Süßwaren landen seltener im Einkaufskorb.“

Bei Nahrungsmitteln, auf die viele Menschen weniger leicht verzichten könnten, wie Milch und Molkereiprodukten, „greifen Konsumenten verstärkt zu günstigeren Eigenmarken oder Sonderangeboten, um den Geldbeutel zu schonen“.

Führt das auch zu einem neuen Aufwind für die Eigenmarken des Handels? Analysen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) deuten zumindest darauf hin.
So ist im aktuellen Consumer Index 02/2022 von einem seit November 2021 wachsenden Marktanteil der Handelsmarken die Rede. Speziell im Februar deute sich eine zunehmende Dynamik an, „denn mit plus 0,5 Prozentpunkten haben die Handelsmarken deutlich Marktanteile gewonnen“, schreiben die Konsumforscher. Mit steigender Inflation, hohen Energiekosten und weiter rückläufigem verfügbarem Einkommen könnte dieser Trend also weiter an Schwung gewinnen.

Discount könnte profitieren
Nach GfK-Analyse lässt sich in der Summe im Kaufverhalten im Februar ein Trading-down sehen: Die Kunden wichen auf günstigere Produkte aus – in der Zeit der Pandemie war dies eben genau andersherum. Zudem wurden Produkte ersatzlos gestrichen, als Restaurant- oder Kino-Besuche wieder möglich wurden.

Eine Strategie des Trading-down ist laut GfK zudem, stärker bei Marken-Promotions zuzugreifen. Und auch der (Teil-)Umstieg von der Marke auf die Handelsmarke sei für viele eine gute Option: „Schließlich haben die Mehrwerthandelsmarken inzwischen in vielen Teilen der Bevölkerung eine gute Reputation in Bezug auf ihr Preis-Leistungs-Verhältnis.“ Im Februar lagen die Discounter beim Ausgabentrend vor den LEH-Vollsortimentern. Daraus einen Trend zum Discount herzuleiten, war den Marktforschern allerdings zu früh. Dazu reichte die Datenlage im Februar nicht.

Die Vollsortimenter haben im Vergleich zum Vorjahresmonat zwar vier Prozent Umsatz eingebüßt – bei einem Plus von acht Prozent im Vorjahr. Die Discounter verloren „nur“ zwei Prozent – nach einem Prozent minus im Vorjahr. Handelsmarken wachsen jedenfalls unabhängig von der Vertriebsschiene. Mit einem gut aufgestellten Eigenmarkensortiment punktet also auch der Vollsortimenter in diesen Zeiten.