Store-Konzepte „Wir glauben an eine Koexistenz“

Lediglich beim Befüllen des Hochregallagers braucht der Automat von Smark noch menschliche Unterstützung. Das junge Stuttgarter Start-up hat sich mit Robotertechnik für den automatisierten Verkaufsprozess einen Namen gemacht und sieht Arbeitsplätze nicht gefährdet.

Freitag, 30. April 2021 - Management
Elena Kuss
Artikelbild „Wir glauben an eine Koexistenz“
Bildquelle: Dennis Jakoby

Das Start-up Smark könnte den Lebensmittel-Einzelhandel auf den Kopf stellen. Der von Philipp Hoening und Max Ittermann entwickelte Roboter erledigt Jobs, für die zuvor viel Manpower benötigt wurde. Smark hat das Einkaufen vollautomatisiert. Der Roboter bestückt das Hochregallager selbst, packt die Produkte zusammen, die der Kunde via Terminal ausgesucht hat, auf ein Tablett, das dann per Aufzug zum Käufer geschickt wird. Lediglich eine Person wird als Unterstützung beim Nachfüllen des Lagers benötigt. Bezahlt wird bargeldlos. Einkaufen ist mit der Smark-Technologie 24 Stunden, sieben Tage in der Woche möglich, ohne Personal. Das System lohnt sich ab etwa 100 Produkten.

Werden viele Menschen ihre Arbeitsplätze verlieren, wenn sich eure Technik durchsetzt?
Philipp Hoening: Als wir unsere Technologie entwickelt haben, wollten wir vor allem für kleine Betriebe eine Option aufzeigen, ren-tabler zu arbeiten. Die Idee war, dass der Bäcker seine Brötchen mithilfe des Roboters rund um die Uhr verkaufen kann, ohne länger offen zu haben. Und ganz nebenbei kann er sein Sortiment um das eines kleinen Supermarkts erweitern. So generiert er mehr Umsatz, ohne seine laufenden Kosten zu steigern. Wie im Edeka-Markt am Bahnhof in Renningen kann der Automat zusammen mit einer Bedientheke am besten funktionieren. In Renningen ist es eine Bäckerei. Die Mitarbeiter können so zu den Öffnungszeiten der Bedientheke auch Fragen zum Roboter beantworten oder einfach mal ein Schwätzchen halten. Das ist schließlich genauso wichtig.

Der Typy-Markt in Düsseldorf, den ihr ebenfalls mit eurer Technik bespielt, hat statt einer Theke einen Kaffeeautomaten. Es scheint also auch ohne Personal zu funktionieren.
Noch wird im Typy-Markt sehr viel Personal eingesetzt. Auch weil die Kunden doch noch recht viele Fragen haben. Doch selbst wenn es einmal viele Automaten gibt, wird das nicht den klassischen Einkauf im Supermarkt ersetzen. Wir zielen eher auf spontane Situationen im Alltag, in denen man mal schnell etwas braucht. Grundsätzlich war es nie unser Plan, eine Maschine zu entwickeln, die Arbeitsplätze wegnimmt. Vielmehr glauben wir an eine Koexistenz. Das zeigt sich auch darin, dass wir mit vielen etablierten Händlern zusammenarbeiten.

Mit wem zum Beispiel?
Typy, das sind unsere eigenen Investoren, sind erfolgreich in Düsseldorf gestartet. Weitere Stores haben wir mit Real und Migros umgesetzt. Unser neuestes Projekt ist der E24/7- Markt mit Edeka in Renningen.

Wie unterscheiden sich die Märkte, die eure Technik nutzen?
Die eingesetzte Technologie ist fast identisch, es gibt aber Konfigurationsmöglichkeiten. Bei Typy gibt es beispielsweise zwei Temperaturzonen: gekühlt und ungekühlt. Es ist jedoch möglich, auch nur ein ungekühltes Lager zu betreiben. Auch die Anzahl von Bestell- und Ausgabeterminals ist variabel. In Renningen bei E24/7 wiederum ist die Kombination mit der Bedientheke sehr gelungen.
Der Unterschied liegt also vor allem in der Aufmachung und im Sortiment. Das können die Betreiber natürlich eigenständig entscheiden.

Ist es denn auch für selbstständige Händler möglich, eure Technik zu integrieren?
Händler, die einen einzelnen Laden betreiben möchten, können wir – zumindest derzeit – leider kaum berücksichtigen. Je mehr Stores mittelfristig umgesetzt werden sollen, umso spannender ist die Situation für uns, aber auch den Händler.

Warum gibt es die Automaten noch nicht überall?
Nicht nur die Technologie, sondern auch die Art des Einkaufens ist neu. Daher werden derzeit auch unterschiedlichste 24/7-Konzepte auf dem Markt erprobt.

Was passiert bei Smark mit den Nutzerdaten?
Datenschutz hat sowohl für uns als auch für unsere Kunden einen extrem hohen Stellenwert. Meist wird hierüber in einem Projekt noch vor allen anderen Themen gesprochen. Letztendlich erheben wir aber nicht mehr Daten als jeder andere Online-shop auch. Ziel ist ein maßgeschneidertes Angebot für den Endkunden, welches so einfach und schnell wie möglich funktioniert. Für uns sind vor allem Daten wichtig, die uns zeigen, wie gut der Roboter arbeitet. So können wir mit Updates und feinerer Programmierung unsere Technologie immer weiter verbessern. Unser aktuelles Ziel ist es, das Greifen von Artikeln noch schneller und effizienter zu machen.

Ist das wirklich im Sinne der Konsumenten, wenn der kleine Dorfbäcker mit dem Automaten arbeitet?
In den meisten Regionen, die unsere Technologie anfragen, gibt es „den kleinen Dorfbäcker“ gar nicht mehr. Vielmehr sehen die möglichen Betreiber oder Kommunen in unseren Stores eine Chance, den lokalen Einkauf wiederzubeleben. Ich behaupte, dass viele Mitarbeiter im Discount auch nicht die Zeit für einen Plausch haben. Vor dem Kaffeeautomaten bei Typy treffen sich Menschen und unterhalten sich. In Renningen kann man mit dem Bäckereipersonal reden. Ich war schon häufiger vor Ort und ja, es wird gequatscht. Ein Automat setzt sich nur durch, wenn er im Sinne der Konsumenten ist. Gerade scheint dies der Fall zu sein.“