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Kraft, Führungsqualität und Menschenkenntnis gestehen wir Ihnen unumwunden zu. Könnte man auch anderswo gebrauchen. Haben Sie je daran gedacht, in die Politik zu gehen?
Jörg Hieber: Nein, nie. Würde ich in einen Gemeinde- oder Stadtrat gehen, würde ich – egal, was ich sage – die Hälfte meiner Kundschaft verärgern und meine Gesprächspartner auch. Ich sage einfach, was ich denke – und das schafft nicht nur Freunde. Allerdings, um ein Ziel zu erreichen, kann ich auch diplomatisch sein.
Ist das schon Ihr Erfolgsgeheimnis?
Ja. Ich versuche immer, ein Thema klar anzugehen und es dann, unter Mitnahme aller Beteiligten, zu erreichen. Aber wenn es nach zu vielen Kompromissen riecht, sage ich am Schluss immer: So machen wir‘s.
Ist Ihr Sohn Dieter auch so?
Mittlerweile ja. Er wollte ganz anders werden, überhaupt nicht so wie ich. Das hat er mir auch einmal direkt gesagt. Heute ist er eher strenger als ich, konsequenter. Und er bewegt viel damit. Auch deshalb, weil er nicht als Geschäftsführer im Tagesgeschäft eingebunden ist, sondern seinen freien Kopf behalten und kreativ unterwegs sein kann. So kann er uns alle mit Ideen überfallen. Derzeit ist er dabei, einen Drive-in zu installieren. Dabei soll der Kunde seine Ware bestellen können, gleich bezahlen oder auch erst bei der Abholung, um sie dann in den Kofferraum zu laden.
Denken Sie an einen Lieferservice?
Nein. Wir haben zu große Strecken hier in unserem ländlichen Raum; das wird zu teuer. Dafür wäre der Kunde auch nicht bereit zu zahlen. Hier hatte Dieter die Idee einer Abholstation für entlegene Gegenden, zum Beispiel oben im Schwarzwald. Dort könnten wir einmal am Tag anliefern. Der Kunde hätte Zugang mittels Chipkarte, wäre aber bei der Abholung nicht zeitgebunden, ebenso wie wir bei der Lieferung. Und es brauchte dafür kein Personal.
Oder eine Rückkehr zur rollenden Tante Emma?
Die wird nicht mehr kommen. Das ist zu personalintensiv und damit viel zu teuer.
Könnten Sie sich denn auch einen Supermarkt ohne Kasse wie Amazon Go vorstellen?
Eher nicht. Da müssten ja alle Artikel mit RFID oder Ähnlichem versehen sein, die Kosten dafür stehen aber in keinem Verhältnis zum Preis für Artikel wie Joghurts. Ich halte auch nichts von diesen Entwicklungen. Der Supermarkt der Zukunft braucht noch mehr Service für Kunden, nicht weniger. Wer anonym kaufen will, kauft ohnehin online. Deswegen müssen wir genau das Gegenteil von Anonymität immer weiter herausarbeiten.
Was gehört für Sie zum Service?
Kundenerlebnis, Events, die Kunden sollen sich wohlfühlen und Spaß beim Einkaufen haben: So binden wir Kunden. Einige unsere Märkte haben große Bildschirme am Eingang. Dort lassen wir keine Industrie- oder Preiswerbung zu, sondern wir informieren über unsere Veranstaltungen oder unsere Neuheiten. Bei wichtigen Sportereignissen können wir aber auch ein Public Viewing veranstalten. Es gibt die Sportereignisse für Kunden wie die Tour de Hieber, den Kunden-Club und den Kunden-Rat; wir bieten Reisen und Kochkurse an. Über uns kann man günstig einen Smart oder andere Autos leasen. Gemeinsam mit Kunden besuchen wir Weingüter und lassen von Kunden testen, welcher Wein in die Edition Hieber geht – und dieser Jahrgang ist dann ausschließlich bei uns erhältlich. Den Kunden bespaßen, ihn emotional binden, das muss noch viel stärker werden.
Hohe Regale und Displays gehören aber nicht dazu?
Nein, wir dekorieren oder bauen Aktionsware selbst auf. Die Kassen sind Kassen und keine Zonen für Süßwaren. Unsere Kassenbänder sind lang, unsere Regale reichen nicht über 1,60 Meter, die Gänge sind breit. Und es gibt keine Hintergrundmusik, sondern der Kunde soll Ruhe beim Einkaufen finden. Auch klassische Handzettel haben wir nicht, lediglich einen Angebotsflyer ohne Bilder sowie unser Kundenmagazin ‚Mein Hieber‘. Außerdem sieht jeder Markt anders aus, passt sich seiner Umgebung und den jeweiligen Gegebenheiten an. Jeder unserer Märkte ist ein Unikat. Wir passen uns innen und außen den jeweiligen Gegebenheiten an.