Neue Bezeichnungs-Regeln für Etiketten Weinrecht

Die europäische Kommission will den EU-Weinmarkt weiter harmonisieren. Die Reform ist in vollem Gange und der Laie kann dabei schnell den Überblick verlieren. Die wichtigsten Änderungen gibt es beim Bezeichnungsrecht.

Donnerstag, 04. November 2010 - Warenkunden
Tobias Dünnebacke

Bereits seit April 2008 ist die Reform des europäischen Weinmarkts in vollem Gange. Ziel der Kommission ist es, den Binnenmarkt weiter zu harmonisieren und gegenüber anderen nicht EU-Märkten zu stärken. Viele der komplizierten Regelungen sind in erster Linie für Winzer oder Winzergenossenschaften von Bedeutung. Allerdings wird auch das Weinbezeichnungsrecht reformiert und hier könnte es in Zukunft zu Verwirrungen beim Verbraucher kommen. Diese Warenkunde fasst die wichtigsten Änderungen zusammen, über die Einzelhändler Bescheid wissen sollten.

Das alte System

Das deutsche Weingesetz sieht ursprünglich vier verschiedene Kategorien für die Bezeichnung von Weinen vor. Dies sind der Prädikatswein, der Qualitätswein bestimmter Anbaugebiete (QbA), der Landwein und der Tafelwein. Das deutsche System unterschied sich von dem anderer Länder in erster Linie dadurch, dass der Zuckergehalt des Mostes eine hohe Bedeutung bei der Einteilung in die Qualitätsstufen spielt. So musste ein Tafelwein (die unterste Qualitätsstufe) 44° Oechsle aufweisen. Ein  Prädikatswein durfte die Bezeichnung Trockenbeerenauslese erst ab 150 ° Oechsle tragen. Das deutsche Qualitäts- und Prädikatsweinsystem bleibt weitgehend bestehen. Dies war eine wichtige Voraussetzung für Deutschland, um der Reform zustimmen zu können. Dennoch orientiert sich das Gesetz mit seiner Reform mehr an der romanischen Philosophie, nämlich die Qualität von Weinen über die Herkunft und die erzeugte Menge zu definieren, also generell: je geringer der Ertrag, desto höher die zu erwartende Qualität.

Die Änderungen

Die wichtigste Änderung für den deutschen Markt betrifft den Tafelwein. Diese Bezeichnung verschwindet von den Etiketten und wird durch die Angabe „Deutscher Wein" ohne nähere Herkunftsangabe ersetzt. Bei diesen Weinen dürfen in Zukunft Jahrgang und Rebsorte genannt werden. Damit sollen diese Weine gegenüber Erzeugnissen aus Nicht-EU-Staaten (welche diese Angaben haben könnten) wettbewerbsfähiger gemacht werden. Die bisher in Deutschland geltenden vier Stufen werden in drei zusammengefasst: Weine ohne geografische Angabe (bisher Tafelwein), Weine mit geografischer Angabe (Landwein) und Weine mit Ursprungsbezeichnung (Qualitäts- und Prädikatswein).


Definitionen

Nach einer Veröffentlichung des rheinland-pfälzischen Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau ist unter einer geschützten Ursprungsbezeichnung der Name einer Gegend, eines Gebietes oder in Ausnahmefällen eines Landes zur Bezeichnung eines Weines zu verstehen. Der Wein verdankt seine Güte oder Eigenschaften überwiegend oder ausschließlich den geografischen Verhältnissen und den natürlichen und menschlichen Einflüssen. Die Trauben müssen von der Art Vitis Vinifera sein und zu 100 Prozent aus dem bezeichneten Gebiet stammen. Beispiele für geschützte Ursprungsbezeichnungen sind Baden, Württemberg oder Rheingau. Diese Angaben können auch erweitert werden durch kleinere geografische Einheiten.

Weine mit geschützter geografischer Angabe verdanken ihre Güte und Ansehen ausschließlich den geografischen Eigenschaften. Die Trauben müssen mindestens zu 85 Prozent aus dem Gebiet stammen. Die Rebsorten dürfen zur Gattung Vitis Vinifera oder einer Kreuzung zwischen dieser und anderer Sorten der Gattung Vitis gehören. Auch die Herkunft dieser Weine kann durch die Angabe weiterer geografischer Einheiten erweitert werden. Hierzu zählen beispielsweise Einzellagen, Namen von Orten und Großlagen.

Die für Verbraucher wichtigste Änderung ist der Wegfall der Bezeichnung Tafelwein. Mit der Angabe von Sorte und Jahrgang kann hier Verwirrung entstehen, weshalb es wichtig ist, Kunden darauf hinzuweisen, dass es sich nicht um eine neue Qualitätsstufe handelt, sondern lediglich das Bezeichnungsrecht geändert wurde. „Deutsche Weine" dürfen weder auf einen landwirtschaftlichen Betrieb (Weingut) noch auf eine besondere Abfüllung (Erzeugerabfüllung) hinweisen. Das bisher bekannte Prädikatssystem wurde in das EU-Recht integriert.

Deutsche Prädikate sind Kabinett, Spätlese, Auslese, Beerenauslese, Trockenbeerenauslese und Eiswein. Neben einer Reihe von Bestimmungen bei der Herstellung unterscheiden sich diese Weine, wie bereits erwähnt, insbesondere durch den Zuckergehalt des Mostes. Der Anreiz für die Winzer, höhere Qualitäten zu produzieren, bleibt auch mit dem neuen Recht nach wie vor bestehen.

„E-Bacchus"

Das System der höchsten Qualitätsstufe hat sich in Deutschland etabliert und ist bei Weintrinkern weitgehend bekannt. Damit dies auch so bleiben kann, haben die Erzeuger die Möglichkeit, den Schutz von geografischen Angaben zu beantragen (die verschiedenen deutschen Prädikate bleiben geschützt). In dem nationalen Vorverfahren werden die Antragsunterlagen geprüft und gegebenenfalls die Einwendungen gegen die Eintragung geprüft. Anschließend wird der Antrag an die EU-Kommission weitergeleitet, die eine weitere Prüfung mit Anhörungsverfahren durchführt. Derzeit befinden sich 450 geschützte Ursprungsbezeichnungen (ergänzt durch kleinere regionale Einheiten) für französischen Wein in dem öffentlich zugänglichen Register „E-Bacchus". Für deutschen Wein gibt es derzeit 13 geschützte Ursprungsbezeichnungen. Kleinere geografische Einheiten wurden für Deutschland noch nicht in das Register eingetragen.


{tab=Beispiele für Ursprungsbezeichnungen}

BADEN: Das südlichste und drittgrößte Weinbaugebiet Deutschlands. Weinbaufläche: rund 160 km².

RHEINGAU: Bekannte Einzellagen sind Johannisberg, Geisenheim, Assmanshausen und Eltville.

WÜRTTEMBERG: Die wichtigsten Rebsorten sind Trollinger, Schwarzriesling und Lemberger.

{tab=Wichtige Rebsorten}

RIESLING verkörpert im Ausland die deutsche Weinkultur und nimmt mehr als 20 Prozent der hiesigen Rebfläche ein.

SILVANER war in den 70er-Jahren die wichtigste Sorte Deutschlands. Heute findet man sie häufig in Franken.

SPÄTBURGUNDER kommt häufig aus Baden oder der Pfalz. Viel Anerkennung finden die Weine aus dem Rheingau.

{tab=Frage:}

1. Welche deutsche Qualitätsstufe wird es künftig nicht mehr auf den Etiketten geben?
2. Nennen Sie drei Qualitätsstufen, die durch die Reform entstanden sind!
3. Wie heißt das öffentliche EU-Register, in dem man geschützte Ursprungsbezeichnungen findet?

{tab=Antwort:}

1. Tafelwein.
2. Weine ohne geografische Angabe, Weine mit geografischer Angabe, Weine mit Ursprungsbezeichnung.
3. E-Bacchus.
Kunden könnten irritiert sein

{tab=Impressum}

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis
Redaktion: Tobias Dünnebacke
Fotos: Deutsches Weininstitut (DWI)

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