Warenverkaufskunde Süßstoffe

Wenn es in der Forschung um Süßes geht, gibt es meistens Saures. Zucker verursacht, wenn man der Aussagen vieler Wissenschaftler glaubt, nicht nur Karies, sondern auch Diabetes und Fettleibigkeit. Um auf die weißen Kristalle verzichten zu können, weichen Verbraucher auf Süßstoffe aus. 

Dienstag, 22. Oktober 2019 - Warenkunden
Elena Kuss
Artikelbild Süßstoffe
Süßstoff erzielte 2018 einen Umsatz von 41 Millionen Euro. Besonders Streusüße ist aktuell gefragt.
Bildquelle: Carsten Hoppen

Elf Süßstoffe, elf Geschmäcker

Süßstoffe schmecken süß, sind dabei aber kalorienfrei. Das ist ein wesentlicher Punkt bei der Unterscheidung zu anderen Süßungsmitteln, zum Beispiel den Zuckeraustauschstoffen wie Sorbit, Isomalt, Mannit oder Xylit. Diese liefern zwar etwa halb so viel Energie wie Zucker, haben aber eben noch Kalorien und fallen deshalb nicht unter die Süßstoffe. Auch als süße Alternative gegenüber Zucker und anderen natürlichen Süßungsmitteln wie Honig oder Agavendicksaft haben Süßstoffe viele Vorteile: Sie verursachen keine Karies, haben keinen Einfluss auf den Blutzuckerspiegel und sind preisgünstig herzustellen. Süßstoff-Tabletten sind mengenmäßig mit Abstand das größte Segment (etwa 63 Prozent Absatzanteil). Sie entwickeln sich jedoch genauso wie Flüssigsüße deutlich rückläufig. Immer gefragter ist dagegen Streusüße und gewinnt so kontinuierlich an Bedeutung im Süßstoff-Markt.

Alleine in der EU sind elf unterschiedliche Süßstoffe zugelassen:

  • Acesulfam
  • Advantam
  • Aspartam
  • Aspartam-Acesulfam-Salz
  • Cyclamat
  • Neohesperidin DC
  • Neotam
  • Saccharin
  • Steviolglycoside
  • Sucralose 
  • Thaumatin

Jeder Süßstoff schmeckt anders, aber alle schmecken süß. Dass das so ist, liegt am sogenannten süßen Dreieck – eine chemische Formel, die genau in die menschlichen Süß-Rezeptoren auf der Zunge passt. Acesulfam ist beispielsweise etwa 200 -mal süßer als Zucker. Seine Süße ist schnell wahrnehmbar. Der Süßstoff ist gut lagerfähig, sehr stabil und hitzebeständig. Saccharin ist sogar 300 – 500-mal süßer als Zucker und wird sowohl in Tafelsüßen als auch in kalorienreduzierten Lebensmitteln und Getränken eingesetzt. Es ist hitze- und gefrierbeständig und bewahrt auch in wässrigen und säurehaltigen Produkten wie Limonaden seine Süße. Neben dem Geschmack unterscheiden sich Süßstoffe auch in weiteren Eigenschaften, zum Beispiel in der Art, wie sie im Körper verstoffwechselt werden. Acesulfam, Saccharin und Sucralose werden unverändert wieder ausgeschieden. Aspatam wird bei der Verdauung aufgespalten und dann verarbeitet.

Hauptzielgruppe Diabetiker?

Spezielle Diabetiker-Produkte sind seit 2012 auf Drängen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) aus den Sortimenten des Lebensmittel-Einzelhandels (LEH) verschwunden. Begründung: Es gab keinen wirklichen Nutzen für die Betroffenen, was vor allem daran lag, dass die Produkte oft mehr Kalorien hatten als die normale Variante. Für viele Diabetiker sind Süßstoffe eine Alternative. Sie schmecken süß, haben aber keine Kalorien und heben den Blutzuckerspiegel nicht an. Trotzdem ist die Zielgruppe für Süßstoffe sehr viel größer. Die meisten Märkte folgen deshalb der Empfehlung der Hersteller und platzieren sie im Zuckerregal. „Im Idealfall findet der Verbraucher dort dann auch Zuckeraustauschstoffe“, sagt Markus Kirschner, Geschäftsführer des Süßstoffherstellers Nutrisun.

Verdächtig Süß

Süßstoffe haben einen schlechten Ruf. Dabei lassen sich viele Kritikpunkte nach dem heutigen Stand der Wissenschaft nicht belegen. Ein gutes Beispiel, wenn es um das Image der künstlichen Süßungsmittel geht, ist Aspartam. Der Süßstoff geriet durch eine Studie des Ramazzini-Instituts in Bologna an Ratten unter Verdacht, Krebs zu erregen. Italienische Forscher fütterten 1.800 Ratten über drei Jahre lang mit Aspartam. Die Diagnose: Vor allem weibliche Tiere auf Süßstoff-Diät hatten Leukämie und Lymphdrüsenkrebs. Die Studienergebnisse wurde von der wissenschaftlichen Gemeinde wegen Fehlern im Studiendesign schnell angezweifelt. Doch in den Köpfen der Verbraucher ist die Angst nach wie vor präsent, sagt Anja Roth vom Süßstoff-Verband. „Aspartam ist seit mehr als 30 Jahren Gegenstand umfassender Untersuchungen, darunter Tierversuchsstudien, klinische Studien, Verzehrstudien und epidemiologische Studien“, betont Roth. 1984, 1988, 2002 und zuletzt 2013 bestätigte die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), dass Aspartam im Rahmen des „Acceptable Daily Intake“ (ADI) für den Menschen unbedenklich ist. Der ADI-Wert ist die geschätzte Menge eines Lebensmittel-Zusatzstoffes, berechnet auf das Körpergewicht, die täglich lebenslang ohne Gesundheitsrisiko aufgenommen werden kann. Aspartam hat laut Scientific Committee on Food einen ADI von 40 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht. Joint FAO/WHO Committee on Food Additives gibt einen Wert von 50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht für Aspartam an. 

Für zusätzliche Unsicherheit sorgt der Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ auf manchen Produkten, die mit Aspartam gesüßt werden. Bei Phenylalanin handelt es sich um eine lebensnotwendige Aminosäure, die in vielen natürlichen Lebensmitteln wie Fleisch, Fisch, Getreide, Gemüse und in geringer Menge auch in Aspartam vorkommt. Bei der Phenylketonurie – einer seltenen Erbkrankheit, die etwa jedes zehntausendste Neugeborene betrifft – wird verhindert, dass der natürliche und für den menschlichen Organismus wichtige Eiweißbaustein Phenylalanin normal abgebaut und verstoffwechselt werden kann. Der Hinweis „enthält eine Phenylalaninquelle“ auf Produkten, die mit Aspartam gesüßt werden, ist ausschließlich eine wichtige Information für die sehr kleine Bevölkerungsgruppe, die an dieser angeborenen Stoffwechselkrankheit Phenylketonurie (PKU) leidet. Für alle anderen Verbraucher hat dieser Hinweis keine Bedeutung.

Löst Cyclamat Allergien aus?

Cyclamat ist ebenfalls ein unbeliebter Süßstoff-Kandidat, da in den 1960er-Jahren einige Publikationen auf einen Zusammenhang zu einer Sonnenallergie, also einer allergischen Reaktion in Kombination mit Licht, hinwiesen. Süßstoffe können nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft im klassischen Sinne jedoch keine Allergien auslösen. Bei einer Allergie reagiert der Körper, indem er vermehrt Antikörper bildet. Das ist bei Cyclamat nicht der Fall.

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Wer aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen beantworten.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken dem Süßstoff-Verband für den fachlichen Rat.

Bilder zum Artikel

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