Superfoods Schmeckt gut. Tut gut. Verkauft sich gut. - Superfoods: Teil 2

Superfoods, Superfruits, Supersamen oder Supergetreide – Nahrungsmittel mit gesundheitlichem Zusatznutzen und Wellbeing-Effekt stehen erst am Anfang ihrer Karriere. Das Segment spreizt sich weiter aus, und neben etablierten Unternehmen, die ihre Sortiment um „Super“ erweitern, sorgen vermehrt junge Wilde für frische Ideen. Der Handel profitiert vom Image und Rendite.

Montag, 12. Juni 2017 - Hersteller
Elke Häberle
Artikelbild Schmeckt gut. Tut gut. Verkauft sich gut. - Superfoods: Teil 2

Neben den jahrzehntelang etablierten Unternehmen, die ihre Sortiment um Superfood(-Ingredienzen) erweitern, sprießen parallel junge Unternehmen und Start-ups aus dem Boden, die mit neuen Ansätzen, Produkten und Ideen den Markt aufmischen. Beispiel: Wow!bab, das neben Amaranth und Quinoa die Frucht des afrikanischen Affenbrotbaums Baobab enthält. Vor drei Jahren brachte Frédéric Letellier, Gründer und Inhaber der Firma Frutelia (siehe Interview), den ersten Wow!bab-Riegel auf den Markt. Inzwischen gibt es vier Geschmacksrichtungen, Anfang diesen Jahres kamen noch drei Crunchies als Snacks sowie Müsli in drei Sorten hinzu. Zu kaufen gibt es Wow!bab in Deutschland, Österreich, Schweiz, Frankreich, Italien, Spanien, England, Belgien, Japan und Neuseeland. Letellier: „Innerhalb Europas sind wir vor allem in der Schweiz und in Italien sehr stark.“ Die Zielgruppe auch hier: „Alle Verbraucher, die auf eine gesunde Ernährung und /oder Funktionalitäten Wert legen, Veganer, Flexitarier, Sportler, Glutenunverträgliche etc. – und ganz wichtig: bei denen auch die geschmackliche Komponente nicht zu kurz kommen darf.“

Länder Top 10

Globale Neueinführungen von Getränken und Lebensmitteln mit Superfood, Superfruit, Supergrain, Superseed oder Supergreen auf der Packung, Top 10 Länder, 2016, in Prozent

  • USA 24
  • UK 10
  • Deutschland 7
  • Australien 6
  • Kanada 6
  • Indien 4
  • Südkorea 3
  • Südafrika 3
  • Frankreich 3
  • Niederlande 2

Wie bei den meisten Start-ups kann Letellier zwar nicht auf üppige Marketing-Millionen zurückgreifen, jedoch kann er sich gelegentlich über kommunikative Unterstützung von ungeahnter Seite bzw. funktionierender Mund-zu-Mund-Propaganda freuen. „In einer Reportage-Sendung im Schweizer Fernsehen vergangenen Winter hat ein Ski- und ein Radprofi auf die Frage, was sie zwischendurch gerne essen, Wow!bab in die Kamera gehalten. So etwas hilft natürlich enorm. Die meisten Sportler favorisieren übrigens den Zitronenriegel mit echten sizilianischen Zitronen.“

Erbse statt Affenbrotbaum
Nicht auf Baobab, nicht auf sizilianische Zitrone, sondern auf die heimische Erbse setzt dagegen PaPicante. Die neuen „herzhaften Snackriegel“ auf der Basis von Erbsenprotein-Crisps führen die Stuttgarter Gründer Nadja Schoser und Tobias Zinßer gerade ein. An Bord von Eurowings gibt es sie bereits zu kaufen. Die Idee zu PaPicante kam der ehemaligen Flugbereiterin Schoser über den Wolken: „Viele Passagiere wünschen sich vor allem abends eine gesunde Alternative zu Chips, Kräckern und Schokoriegel“, sagt Schoser. Zusammen mit dem ehemaligen Leistungssportler, Vertriebler und Piloten Zinßer nahm die Idee Gestalt an.

„Die Erbse ist ein grünes und heimisches Superfood, welches aktuell leider noch ein Schattendasein führt“, erklärt Zinßer. Aufgrund ihrer tollen Eigenschaften wie erhöhter pflanzlicher (also glutenfreier) Proteinanteil sowie ihrer vielen Ballaststoffe sei sie eine tolle Hülsenfrucht und deshalb sehr interessant. Die Snackriegel „für den mobilen Genuss zwischendurch“ gibt es derzeit in drei herzhaften Geschmacksrichtungen (America, Mediterranean und Asian Style). Sie enthalten außerdem Kurkuma und erinnern geschmacklich eher an eine richtige „Mahlzeit“ wie Pizza, Curry oder BBQ – in gesund natürlich. Kurz: Bei PaPicante trifft Exotik auf Ethno und Nachhaltigkeit. Die avisierten Zielgruppen sind die „Mobile“ und „Quality“ Eater, also mobile Menschen und Verbraucher die Wert auf Qualität, guten Geschmack, Sicherheit, Nachhaltigkeit sowie gesundheitliche Aspekte legen. Daran findet auch der Lebensmittel-Einzelhandel gefallen: In die Bestelllisten der Edeka Südwest haben es die Jungunternehmer inzwischen ebenfalls geschafft.Doch ob Start-up oder Klassiker – wie sieht die Zukunft aus? Wo sind die Superfoods zwischen Marketinghype, echtem Zusatznutzen und nachhaltiger Etablierung eines neuen Segments anzusiedeln? „Superfoods sind Teil des großen Mega-Trends rund um eine gesunde, ausgewogene Ernährung“, heißt es bei Lieken. Und ganz gleich, welchen Nutzen die Produkte bedienen: „Der Handel stellt Fläche im Regal bereit, um Verbraucher-Trends zu bedienen. Sortimente anderer Kategorien werden optimiert, um dafür Raum zu schaffen“, so das Dortmunder Unternehmen, dass seit 2006 mit der Urkorn Fit & Vital Range – auch wenn es den Begriff damals noch nicht gab – im „Superfood“-Segment aktiv und schon seit Jahren Chia-Brötchen bäckt. Im Januar diesen Jahres wurde die Fit&Vital-Range übrigens um Supergreens (mit Spinat und Brennnessel) erweitert.

Wie viel Kraft in dem Segment steckt, macht Joachim Mann von Seeberger am Beispiel Mandel deutlich: Noch vor etwa zehn Jahren sei die Mandel in erster Linie eine Backzutat gewesen. Inzwischen hat sie diesen Verwendungszweck verlassen und den Status des „gesunden Snacks für zwischendurch“ erobert. Ebenfalls im Sog von Chia, Quinoa & Co legen in dem Ulmer Unternehmen „Sesam und Leinsamen eine herausragende Performance an den Tag“. Ulrike Detmers von Mestemacher fasst die Potenziale zusammen: „Das Ende der Fahnenstange ist noch weit weg.“

Daumen hoch also von allen Seiten, und wenn nicht irgendwelche Rohstoff- oder Verunreinigungsskandale dem Segment Schaden zufügen, wird ein Großteil der probierfreudigen Verbraucher auch künftig breit sein, für Superfoods einen gegenüber regionalen Superfoods vielfach höheren Preis zu bezahlen.