Interview mit Stefan Genth - HDE „Viele Händler sind auf einem guten Weg“ - Zielgruppe

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), über Demografie, Zielgruppen-ansprache und die Beschäftigungspolitik im LEH.

Donnerstag, 02. August 2012 - Management
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„Der Handel wird sicher nicht anfangen, spezielle Seniorenläden zu eröffnen“ Stefan Genth
Bildquelle: Engelhardt

Der Lebensmittelindustrie wird oft vorgehalten, sie kenne diese große und kaufkräftige Zielgruppe nicht. Wie sind Ihre Erfahrungen? Stimmt das?
Die Zielgruppe ist für Händler ebenso wie für die Industrie hochinteressant. Der Handel steht oftmals im Dialog mit den Herstellern, um sich über die Anforderungen der Kunden auszutauschen. Dabei geht es um Verpackungsgrößen, Lesbarkeit und Verständlichkeit der Aufschriften oder leicht zu öffnende Verpackungen. Hier ist sicher schon vieles besser geworden. Es gibt aber nach wie vor einiges zu tun, das ist ein stetiger Anpassungsprozess an die sich wandelnden Bedürfnisse und Anforderungen der Verbraucher. Gute Beispiele für eine Veränderung in den vergangenen Jahren ist die steigende Nachfrage nach regionalen oder Fair-Trade-Produkten, was dann in der Folge zu einem breiten Angebot entsprechender Produkte in den Läden geführt hat.

Die Altersgruppe 50plus ist äußerst heterogen und bisherige Erfahrungen zeigen, dass sie nicht durch stereotypes „Seniorenmarketing“ erreicht werden kann. Wie geht der LEH mit der Ansprache älterer Kunden um?
Seniorenmarketing im Handel war noch nie wirklich erfolgreich. Der Handel ist schon immer gefordert, sich auf unterschiedliche Zielgruppen einzustellen. Hier sind Menschenkenntnis und Kommunikation gefordert. Der LEH kennt die Erwartungen seiner Kunden sehr gut. Jeden Tag haben die Lebensmittelhändler in Deutschland rund 40 Mio. Kundenkontakte. Da lernt die Branche jeden Tag wieder dazu, sich auf neue Bedürfnisse einzustellen. Ergebnis ist ein auf den Kundenkreis zugeschnittenes Sortiment – je nach Region oder Stadtteil unterschiedlich.

Mit dem HDE-Siegel für generationenfreundliches Einkaufen sind inzwischen auch Shoppingcenter ausgezeichnet. Die haben zwar Rolltreppen und Lifte, aber weite Wege und sind orientierungsintensiv. Ist das nicht ein Widerspruch?
Nein, da sehe ich keinen Widerspruch. Shoppingcenter bieten unter einem Dach die gesamte Bandbreite des Einzelhandels zusammen mit gastronomischen und anderen Dienstleistungsangeboten wie beispielsweise Banken oder Friseursalons. Die Wege werden also im Vergleich zu mehreren Gängen zu einzelnen Geschäften manchmal sogar eher kürzer sein. Außerdem bieten die Center oft zusätzliche Annehmlichkeiten wie Kundentoiletten, Wickelmöglichkeiten, Sitzbänke oder Schließfächer.

Der HDE plädiert nicht nur für die Zielgruppe der Älteren als Kunden, sondern auch als potenzielle Arbeitnehmer. Welche Gründe hatte der HDE, das Projekt „Pluspunkt Erfahrung“ mit zu initiieren?
Der demografische Wandel trifft nicht nur die Kunden, sondern auch die Beschäftigten. Für uns war recht früh absehbar, dass wir die Mitarbeiter mitsamt ihrem Fachwissen nicht immer noch früher in Rente schicken können. Zumal der oft beklagte Fachkräftemangel auch im Handel bereits in einigen Regionen spürbar ist. Der Einzelhandel ist und bleibt eine personalintensive Branche. Um den hohen Personalbedarf zu decken, müssen wir sowohl für junge als auch für ältere Menschen attraktive Arbeitsbedingungen bieten

Gibt es schon erste Ergebnisse?
Ja, das Projekt wurde im vergangenen Jahr abgeschlossen. Dazu liegt jetzt eine sehr praxisorientierte Abschlussdokumentation vor, die zeigt, wie Potenziale und Kompetenzen älterer Menschen in die Arbeitswelt eingebunden werden können.

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