Trend 2022 Wegschauen wird Geld kosten!

Neben Pandemie und Folgen wird sich die Branche auch 2022 mit vielen anderen kritischen Themen beschäftigen müssen.

Donnerstag, 13. Januar 2022 - Management
Theresa Usler, Markus Hinskes, Otto Strecker
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Bildquelle: AFC

Ethylenoxid zur Keimabtötung – aber in der Folge umgewandelt zu 2-Chlorethanol leider als erbgutverändernd und krebserzeugend geltend – war schon 2020 sowie 2021 Thema und wird es wohl vorerst bleiben. Ende des Jahres 2021 häuften sich erneut Kontaminationsfälle. Diesmal in der Rohware Zimt. Ursache? Immer „irgendwo in der Lieferkette“ und häufig unklar. Ein Beispiel für „Verunsicherung“.

Lebensmittel müssen sicher sein – allein reicht das aber nicht mehr. Von Industrie und Handel werden längst nachhaltige Produkte erwartet, die Umwelt und Klima schonen. „Greenwashing“ wird von Umwelt- und Verbraucherschutzorganisationen sowie der Öffentlichkeit hart verurteilt und sanktioniert. Die Anforderungen an Nachhaltigkeit werden 2022 weiter zunehmen. Verpackungsmüll und Klimaneutralität bleiben hoch im Kurs, aber auch die Lebensmittelherkunft interessiert Verbraucher, insbesondere bei tierischen Produkten.

Gleichzeitig wird die Kontrolle der Werbeversprechen zur Nachhaltigkeit durch die Öffentlichkeit zunehmen. So wirbt Foodwatch zum Jahreswechsel damit, dass auch im neuen Jahr für den Stopp von „grünen Werbelügen auf unökologischen Produkten“ weiter unermüdlich gekämpft werde – „notfalls auch vor Gericht“. Auch die Politik wird hierzu nachlegen. Wir erwarten insbesondere eine Auseinandersetzung um die Einführung eines CO2-Labels durch den neuen Landwirtschaftsminister.

Zunehmend stellt sich auch die Frage, wo und zu welchen Bedingungen etwas hergestellt wurde. Dabei spielt die soziale Kompo‧nen‧te eine steigende Rolle. Nicht zuletzt, da innerhalb immer komplexer werdender Lieferketten regelmäßig Missstände wie Diskriminierung, Zwangs- oder Kinderarbeit aufgedeckt werden. Beispielsweise erstattete das in Berlin ansässige European Center for Constitutional and Human Rights 2021 Strafanzeige gegen Lidl, Aldi und Co. wegen Mithilfe bei Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Vorwurf: Die Unternehmen sollen direkte oder mittelbare Lieferbeziehungen zu Textilfirmen gehabt haben oder weiter unterhalten, die in das staatliche Zwangsarbeitsprogramm im chinesischen Xin‧jiang involviert sind. Ein Vorgeschmack auf das, was Unternehmen der Agrar- und Ernährungsbranche droht. Denn der Vorwurf lässt sich so oder ähnlich auf viele Lieferketten übertragen.

Das neue Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz soll dahingehend vorbeugen und grundlegende Menschenrechte schützen. Es sollen Transparenz entlang der Wertschöpfungskette durch Risikoanalysen, -management sowie Steuerungsmaßnahmen geschaffen und das Einrichten von Beschwerdemöglichkeiten sowie eine Berichterstattung erreicht werden. Die Verantwortung erstreckt sich nun nicht mehr nur auf den eigenen engsten Wirkungskreis, sondern auch auf mittelbare Zulieferer. Für Unternehmen bleiben noch zwölf Monate Zeit sich vorzubereiten – auch für die, die vermeintlich unterhalb der Schwellenwerte liegen. Warum? Weil es dem Handel viel zu aufwendig sein wird zu überwachen, welche Lieferanten unterhalb oder oberhalb der Schwellenwerte liegen. Also werden sie entsprechende Nachweise von allen Lieferanten verlangen. Denn es drohen bei Verstößen Bußgelder von bis zu 2 Prozent des weltweiten konsolidierten Jahresum‧satzes.
Was viele dieser Issues gemein haben? Sie sind plötzlich in aller Munde, entwickelten sich aber über einen längeren Zeitraum. Wer sich somit laufend mit seinen Issues beschäftigt und hieraus die richtigen Konsequenzen gezogen hat, startet gut gewappnet in das neue Jahr. Wer zögert, für den sind die Kosten der Nichtbefassung oft erheblich.