Handelsgastronomie Passion und Effizienz

Seit Covid-19 bevorzugt der Kunde den One-Stopp-Einkauf. Er erwartet ein breites und tiefes Sortiment und immer öfter durchaus auch ein gastronomisches Angebot.

Dienstag, 14. Dezember 2021 - Management
Silvia Schulz
Artikelbild Passion und Effizienz
Bildquelle: Peter Eilers

Lohnt es sich, ein Bistro zu betreiben? Ja – Gründe wie Frequenz, Verweildauer, Atmosphäre, Differenzierung vom Wettbewerb und dem bequemen Onlineshopping sprechen für ein gastronomisches Engagement und Investment auf der Fläche.

Dabei ist die Frage nach der Profitabilität der Gastronomie im Handel nicht neu, doch die Auswirkungen der Covid-19-Pandemie rücken den wirtschaftlichen Erfolg und Fragen nach der zukünftigen Gestaltung der Handelsgastronomie in den Fokus.

Um diesen Fragen auf den Grund zu gehen, hat das EHI über 20 Expert:innen mit Handelsgastronomieerfahrung aus dem FCSI (Foodservice Consultants Society) Deutschland-Österreich sowie der Industrie zusammengebracht. In mehreren Workshops wurden von April bis September 2021 für insgesamt sieben Formate, die im Lebensmittelhandel anzutreffen sind, Musterkalkulationen, Optimierungsvorschläge und Zukunftsszenarien erarbeitet. Fragen wir also Olaf Hohmann, Experte für Handelsgastronomie und Mitglied der Geschäftsleitung im EHI.

LP: Herr Hohmann, welches sind die wichtigsten Erkenntnisse aus der Studie für den stationären Händler, welche Hausaufgaben muss der Handelsgastronom machen?
Olaf Hohmann:
Die in den Workshops erarbeiteten Musterformate und -kalkulationen für die Handelsgastronomie im Lebensmitteleinzelhandel haben gezeigt, dass der überwiegende Teil der Modelle in der Vollkostenbetrachtung positiv abschneidet. Für alle unprofitablen Musterformate gibt es Möglichkeiten der Optimierung. Flexibler Einsatz des Verkaufspersonals, Anpassung der „Öffnungszeiten“ für die Formate, höhere Verkaufspreise, Anpassungen beim Wareneinsatz oder der Einsatz rohertragsstarker Produkte bieten Gestaltungsmöglichkeiten. Darüber hinaus gibt es zunehmend innovative Ansätze, um die Komplexität der Gastronomie zu beherrschen. Risiken können durch Systematisierung, Standardisierung und Digitalisierung minimiert werden, sichern die Wirtschaftlichkeit und ermöglichen darüber hinaus mess- und erlebbare Nachhaltigkeit. Das geht einher mit hohen Qualitäten und gesunden Speisen.

Ein Selbstläufer war das Bistro im Handel noch nie, und Corona hat das bestätigt. Sollten Händler komplett auf Take-away umstellen und den vorhandenen Platz anders nutzen?
Das hängt von der Zielsetzung ab, die mit Gastronomie verfolgt wird, und natürlich auch von den Wünschen der Gäste am jeweiligen Standort. Die Studie liefert dazu ein Kalkulations- und Zukunftsmodell für Gastronomie-Formate, das Händler:innen bei der Entscheidung für ein gastronomisches Engagement und bei der Optimierung bestehender Formate unterstützt.

Herr Hohmann, welche Herausforderungen kommen in der Zukunft noch auf Handelsgastronomen zu?
Der Handel muss sich für seine gastronomischen Angebote auf veränderte Rahmenbedingungen einstellen. Dazu gehört, dass sich das Konsumentenverhalten ändert und sich der Personal- und Fachkräftemangel weiter verstärkt. Der Wettbewerb nimmt zu, die Versorgungs- und Vertriebswege erweitern sich, und Nachhaltigkeitsaspekte, Regionalität, Herkunft, Qualitäten und Wertigkeiten werden eine größere Rolle spielen. Konzepte sollten darauf möglichst flexibel abgestimmt sein. Die gute Nachricht: Der Lebensmitteleinzelhandel profitiert auch von einigen wesentlichen Vorteilen gegenüber der klassischen Gastronomie. Neben guter Erreichbarkeit und vorhandener Frequenz sind viele für die Gastronomie benötigte Rohstoffe im Markt zu zentralen Einkaufskonditionen verfügbar. Abschriften lassen sich durch den Einsatz von drohenden Restanten in der Gastronomie reduzieren, wodurch Foodwaste verringert und Nachhaltigkeit gefördert wird.