2. Food-Safety-Kongress in Berlin Mit Sicherheit Qualität

Bei Eigenmarken steht der Handel in der Verantwortung und will die gesamte Wertschöpfungskette kontrollieren. Ohne internationale Standards geht nichts mehr.

Donnerstag, 02. September 2010 - Management
Markus Oess

„Sichere Lebensmittel müssen für alle zugänglich sein“, fordert Hans-Jürgen Matern beim 2. Food-Safety-Kongress in Berlin. Matern ist Leiter Strategisches Qualitätsmanagement der Metro Group. Die Weltbevölkerung wird bis 2050 um 30 Prozent zunehmen. Damit wird der Nahrungsmittelbedarf um 50 Prozent nach oben schnellen und es ist klar, wenn wir bei der Erzeugung und Verteilung der Lebensmittel den bisherigen Weg weitergehen, kommt es zur Katastrophe. Die Bedrohung durch den Klimawandel muss angegangen werden, die immensen Verluste vom Acker bis zum Kunden reduziert (allein durch Food-Safety-Maßnahmen lassen sich die Produktivitäten um 40 Prozent steigern), produzierte Lebensmittel mehr respektiert werden und schließlich müssen angesichts der weltweiten wirtschaftlichen und produktionstechnischen Verflechtungen auch im LEH die Tierkrankheiten und deren Verbreitung stärker überwacht werden, mahnt Matern. Eine Mammutaufgabe, die in der Verantwortung der Unternehmen selbst liegt, aber auch einen breiten Konsens aller Beteiligten verlangt.

Die Metro kauft weltweit ein und hat Organisation und Überwachung ihrer Lieferkette entsprechend aufgestellt, wie Jan Kranghand, Head of International External Infrastructure Metro AG, ausführt. Stichwort Nachhaltigkeit. Vom Vorlieferanten über Lieferanten, von der Verpackung über Logistik bis hinein in die Läden und der Kommunikation mit den Kunden wurden neue Verantwortlichkeiten geschaffen und im vergangenen September ein Nachhaltigkeitsrat gegründet. Ziel des Gremiums ist, bereits bestehende Nachhaltigkeits-Aktivitäten im Konzern zu bündeln und zu steuern. Zudem, so die Düsseldorfer, seien mit einer führenden Position in diesem Bereich auch Wettbewerbsvorteile verbunden. Außerdem soll das Gremium das Thema Nachhaltigkeit im gesamten Unternehmen verankern. Vier Arbeitsgruppen entwickeln Konzepte und bereiten die Entscheidungen des Nachhaltigkeitsrats vor: „Qualität, Gesundheit und Umwelt“, „Energie- und Ressourcenmanagement“, „Mitarbeiter und Soziales“ sowie „Gesellschaftspolitik und Stakeholderdialog“.


Was die globale Leitlinie bei Eigenmarken betrifft, hat der Konzern bei der Ausformulierung der Vorgaben des IFS (International Featered Standards) mitgewirkt und sich bzw. seine Lieferanten zur Einhaltung derselben verpflichtet. Außerdem arbeitet die Metro unter anderem mit dem GlobalGap Standard und dem MSC-Label. Gerade am Beispiel Fisch (weltweite Beschaffung, Überfischung, hochsensible Ware, hohe Abschriften etc.) wird klar, wie eng Fragen der Nachhaltigkeit mit der Lebensmittelsicherheit vom Fang oder der Zucht bis zur Fischtheke im Laden verknüpft sind. Also versucht der Konzern, die Lieferanten und Produzenten vor Ort besser auszubilden und längerfristig an sich zu binden. In Vietnam hat Metro Cash & Carry mehr als 19.000 Bauern und Fischer geschult, um die Qualität der Erzeugnisse nachhaltig zu verbessern, allein 2.000 Bauern aus Vinh Long wurden auf GlobalGAP-Zertifizierung vorbereitet. In Indien schulte die Metro 40.000 Schafzüchter und in Kooperation mit der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit 3.000 Fischer.

Der Konzern baute dort auch ein neues Logistik-Zentrum für Fisch. In Marokko wurden Lieferanten in einem Zwei-Jahresprojekt mit den Vorgaben des HACCP vertraut gemacht. In China wurden die Bauern nach einem Punkte-System ausgebildet. In Klassen von 0 bis fünf Sterne durchlaufen die Produzenten Qualitätsschulungen, die sie bestenfalls zu europäischen Top-Standards befähigen. Die Metro baut heute auf ein Drei-Stufenmodell, mit dem sie fortlaufend Optimierungen in der Lieferantenstruktur fahren kann: Im Basis- und im mittleren Level werden bei den Produzenten über jeweils zwölf Monate Grundlagen geschaffen, damit sie im dritten Schritt ihre Ware GFSI-zertifiziert vermarkten können. Zudem kooperiert die Metro unter anderem mit den Vereinten Nationen, um in Schwellen- und Entwicklungsländer die Lieferanten auf ein höheres Niveau auszubilden.


Auch die Rewe bildet ihr Qualitätsmanagement für die gesamte Wertschöpfungskette ab. Das beginnt bereits bei der Prävention (Warenleitlinien, Risiko-Management, Qualitätssiegel etc.), setzt bei Lieferanten (Landwirtschaft, Produzent, Transport) an und zieht sich beim Unternehmen selbst vom Wareneingang über den Transport zum Markt und dortigen Lagerung bis zum Kühlschrank des Verbrauchers durch (Kundenservice). Dr. Klaus Mayer, Leiter Qualitätsmanagement der Rewe Group, geht ins Detail. Für die „Rewe Lasagne Bolognese“ werden Zutaten aus 13 Ländern benötigt (z.B. Milch und Schweinefleisch aus Belgien, Hartweizengrieß aus Frankreich, Zwiebeln aus der Türkei, Palmöl aus Malaysia etc.). Die Ware ist kühlbedürftig und hat nur eine kurze MHD. Treten Mängel oder sogar Gesundheitsgefährdungen auf, hätte das fatale Folgen für die Vertriebsschiene, deren Namen das Produkt trägt. Schon bei der Prävention erfolgt eine systematische Verfolgung von Trendthemen. Konkret geht es etwa um Rückstände bei Milch und Käse oder Geschmacksverstärker bei Kräutern/Gewürzen. In der Landwirtschaft verlangt die Rewe für die Fleischerzeugung ein QS-Zertifiziereung, und beim Produzenten die Erfüllung der IFS-Standards oder BRC.

Die Wareneingangskontrolle im Lager erfolgt nach festen Vorgaben (Temperatur, Verderb, Handelsklasse, Bestellmenge etc). Gleiches geschieht bei dem Transport zum Markt, wo die Ware schließlich verräumt wird. Im Prozess sichert ein Eigenkontrollsystem die Einhaltung der lebensmittelrechtlichen Vorgaben durch interne und externe Qualitätssicherungsbeauftragte (Lager und Markt). Die Marktleiter werden über ein Prämiensystem auf Grund einer ergebnisorientierten Bewertung der Märkte (Abschriften) entsprechend in die Qualitätssicherung auch mit finanziellen Anreizen eingebunden. Wenn dann doch Reklamationen auftreten, gilt: Der Kunde hat immer Recht! Die Reklamationsdaten fließen dann automatisch in die Kette zurück. Die Rewe, so Dr. Mayer, strebt bei ihren Eigenmarken die Qualität eines Markenartiklers an.

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„Verluste vom Acker bis zum Kunden reduzieren.“ Hans-Jürgen Mattern, Metro Group Fisch aus Vietnam erfüllt die gleichen Qualitätsstandards wie Fisch aus Norwegen.

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