Gastro-Test Sterneküche im Supermarkt? - Gastro-Test: Teil 2

Gastronomische Konzepte im Supermarkt sind nicht neu. Dabei können aktuelle Konzepte unterschiedlicher nicht sein. Bei dem einen fühlt sich der Gast wie im Sterne-Restaurant. Beim anderen gibt es Bulette mit Brot. Die Lebensmittel Praxis machte den Test.

Donnerstag, 14. Dezember 2017 - Management
Susanne Klopsch
Artikelbild Sterneküche im Supermarkt? - Gastro-Test: Teil 2
Bildquelle: Martin Kämper, Carsten Hoppen

Angebot
Wie eingangs erwähnt, war es nicht die Aufgabe der Tester, am Angebot zu mäkeln. Sie prüften, wie und wo dieses kommuniziert wurde. Wie attraktiv, inhaltlich ausgewogen und logisch Karte oder Angebotstafel aufgebaut waren. Ferner, ob es Angebote für Kinder, Allergiker, des Tages, der Woche gab. Daneben achteten sie auf Besonderheiten und Spezialitäten. Für die Gestaltung ist es wichtig, zu wissen, dass eine Speisekarte von rechts nach links und nicht wie alles andere von links nach rechts gelesen wird.

Im Test der Lebensmittel Praxis hatte nicht der Händler die Nase vorn, der ein riesiges Angebot offerierte, sondern der, der sich auf seine Zielkundschaft fokussierte. Deshalb gab es für Edeka Zurheide vier von vier Sternen oder in Prozent ausgedrückt: 88. Da stört es wenig, wenn es für Kinder keine Spaschintos oder Pommes mit Ketchup gibt. So auch im Frische-Paradies. Auch hier sucht der Gast vergebens nach kindgerechten Angeboten. Aber einen Räuberteller oder die Pasta ohne alles gab es ohne Wenn und Aber.

Unterschiede stellten die Tester bei der Betreiberzeit der Restaurants fest. Bei Edeka Simmel (im Markt) und im Frische-Paradies entsprechen sie nicht den Öffnungszeiten des Marktes. Beide bieten ihre Speisen und Getränke nur zum Mittagstisch an. Die Tester empfanden das als passend und positiv. Denn jeder Händler (und auch Kunde) weiß, wie schwierig es ist, eine Frischetheke von morgens bis abends präsent, frisch, ansprechend, appetitlich und ohne Out-of-Stocks vorzuhalten. Da ist es nur konsequent, den Mittagstisch zu festgelegten Zeiten anzubieten. Zumal viele Kaufleute ihren Kunden gastronomische Abendveranstaltungen offerieren.

Wünschenswert sind allerdings mehr kleine Portionen. Aber nennt sie bitte nicht „Seniorenteller“!

Preis-Leistung oder Qualität haben ihren Preis
Für das Verhältnis von Preis und Leistung wurden nach dem Restaurantbesuch Sterne vergeben. Aber sind vier Sterne für den Konsum nicht übertrieben? Nein. Das Angebot war mit einem Blick überschaubar. Gäste die etwas Warmes wollten, konnten zwischen Tagessuppe und Donnerstag-Knackern „frisch aus dem Rauch“ wählen. Bei der Brötchenauswahl hatte der Gast die Qual der Wahl. Ein cleverer Schachzug – denn wenn der Kunde aus allen drei Preiskategorien wählen kann, fühlt er sich wertgeschätzt. Das überzeugte. Über alles erreichten die Restaurants 78,6 Prozent der möglichen Punkte. Doch wie bekannt, ist der Durchschnitt nur ein Bikini, der viel, aber nicht alles zeigt. Wer in der Rubrik „Genuss“ nicht überzeugte, war das Frische-Paradies. Nur zwei von vier Sternen. Dazu hörten die Tester vom Nebentisch: „Wird Zeit, dass der richtige Koch wiederkommt.“

Personal – Kundenpflege
Kommen wir zur Königsklasse: das Personal. Neben Perfektion beim Bedienen der Gäste, Aussprechen von Empfehlungen (auch Wein) und Abräumen der Speisen gehört zum Service eine gute Mischung aus Intuition, Ruhe, Selbstsicherheit und Freude am Bedienen.

Dafür ist es aber notwendig, dass das Personal die angebotenen Speisen selbst gegessen hat, um den Gästen genau sagen zu können, was sich hinter dem Namen auf der Karte verbirgt und wie so manches schmeckt. Spätestens nach den ersten zehn Sekunden sollte die Servicekraft wissen, was für Gäste sie am Tisch oder vor/an der Theke hat. Nur dann gelingt das zwischenmenschliche Spiel von der spaßigen Bedienung über die einfühlsame oder die unsichtbare, je nachdem, welche Signale ausgesendet und empfangen werden.

Die gute Nachricht: In drei Märkten gab es vier Sterne. Vielleicht macht es sich in den gastronomischen Konzepten des Einzelhandels bemerkbar, dass das gut ausgebildete Fachpersonal aus der Gastronomie gerne (siehe Öffnungszeiten) in den Handel wechselt. Von dem einen oder anderen Händler war das jedenfalls zu hören.

Doch das Personal hatte nicht in allen besuchten Märkten Sternstunden. Im Globus war von Freundlichkeit nicht viel zu spüren. Auch ist es kein schöner Anblick, wenn die Mitarbeiterin hinter der Kasse ins Brötchen beißt und damit keine Chance hat, mit dem Gast zu sprechen.

Unaufmerksamkeit ist für den Gast ein leidiges Thema. Bei Edeka Simmel wusste die Mitarbeiterin hinter der Theke (Speisen-Ausgabe) und „Kassiererin“ zur besten Mittagszeit nicht, dass zwei der angebotenen Getränke (Selbstbedienung) nicht erhältlich waren. Da fragt sich der Gast natürlich, wer denn die handgeschriebenen Zettel an den Zapfhähnen angebracht hat und wie sich das Personal auf seinen Einsatz vorbereitet.

Die Tester lobten die Mitarbeiter bei Edeka Gayermann. Beide hatten eine überaus charmante Art, jeden Gast sehr individuell einzufangen und das an einem Tag mit Stromausfall, an dem nicht alles so funktionierte, wie es funktionieren sollte. Chapeau!

Ein Fazit?
Vielleicht dies: Das passende Umfeld, die Gestaltung des Restaurants sind wichtig, um den Gästen vom ersten Moment an eine Atmosphäre zum Wohlfühlen zu bieten. Doch das zentrale Element für einen positiven, angenehmen Eindruck ist und bleibt die zwischenmenschliche Beziehung. Dafür muss der Händler wieder zum Kunden werden: Wann haben Sie das letzte Mal in Ihrem Restaurant gegessen?

Denken Sie daran: Die Gastronomie ist eine der wenigen Branchen, bei der sich der Gast beim Betreten des Geschäfts bereits fest entschlossen hat, Geld auszugeben. Hier wird nichts ausprobiert und danach wieder weggelegt, sondern mit Sicherheit Umsatz gemacht. Aber wie viel, das entscheidet im Wesentlichen der angebotene Service.