Mindestlohn Was darf der Staat? - Seite 2

Die Debatte über Lohndumping und Ausbeutung des Verkaufspersonals hat für Schlagzeilen gesorgt und Forderungen nach Mindestlöhnen neue Nahrung gegeben. Klar ist: Tariflöhne sind das Ergebnis von Verhandlungen zwischen zwei Partnern auf Augenhöhe. Einen staatlichen Eingriff wollen aber im Grunde weder Gewerkschaft noch Arbeitgeber. Es muss sich nur jeder an Tarifverträge halten.

Freitag, 27. August 2010 - Management
Bettina Röttig und Markus Oess

 Neue Tarifstruktur 2011

 Verdi bezeichnet die geltenden Tarifverträge als Ergebnisse intensiver Verhandlungen und notfalls von Streiks und spricht insofern von einer „ausgewogenen Lohnfindung in der Branche“. Zumindest im Bereich der tarifgebundenen Unternehmen. „Wo es nicht den Schutz und die Sicherheit von Tarifverträgen gibt, sind wir davon natürlich weit entfernt. Da heißt es: Friss Vogel, oder stirb. Das wollen wir nicht.“ Genth spricht gleichfalls von Verhandlungen auf Augenhöhe. Aber: „Einen Wermutstropfen bringt da die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes, die den Gewerkschaften so genannte Flashmob-Aktionen erlaubt und so durch die Einbeziehung so genannter Aktivisten das Verhandlungsgleichgewicht zerstört. Doch wir sind sehr zuversichtlich, dass das Bundesverfassungsgericht auf unsere bereits eingelegte Verfassungsbeschwerde hin dieses Urteil wieder im Sinne einer ausgewogenen Verhandlungsstruktur korrigieren wird.“ Beide Punkte dürften allerdings nur mittelbar mit der aktuellen Lohndebatte zu tun haben. Dass die Tarifautonomie die bessere Lösung darstellt, dürfte kaum zu verhehlen sein und so treffen die Bemühungen um eine gemeinschaftlich von Verdi und HDE neu erarbeitete Tarifstruktur auf Zustimmung. Ein Edeka-Sprecher betont: „Edeka unterstützt die Aktivitäten des HDE, ein für alle Unternehmen der Einzelhandelsbranche geltendes tarifliches Basisentgelt zu vereinbaren.“ Und selbst wenn Verdi den geltenden Tarifvertrag als nicht mehr zeitgemäß kritisiert, ist eine Einigung zwischen HDE und Gewerkschaft im Grunde schon abzusehen.

Verdi-Vize Margret Mönig-Raane: „Es gibt eine grundsätzliche Verständigung, die noch aus den 50er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts stammenden Tarifstrukturen den aktuellen Bedingungen anzupassen, zum Beispiel, was den Einsatz moderner Technik angeht oder die Frage nach ArbeiterInnen und Angestellten. Noch sind die Gespräche darüber nicht endgültig abgeschlossen, aber wir sind auf einem guten Wege. Die einzelnen Details werden wir am Verhandlungstisch klären, davon bin ich überzeugt.“ Ihr Gegenüber gibt sich nicht minder optimistisch. HDE-Geschäftsführer Stefan Genth: „Wir arbeiten daran in unserem gemeinsamen Projekt 'innovative Tarifpolitik' mit Hochdruck.“ Demnach steht das Gerüst der Anforderungskategorien, die die Einstufung einer Tätigkeit bestimmen, weitgehend. Nun gehe es an die Gestaltung der Entgeltgruppen und der Eurobeträge. „Dann müssen wir schauen, ob das Modell stimmig ist und es nicht zu erheblichen Kostensprüngen kommt. Aber wir sind zuversichtlich, dass wir die Arbeit 2011 erfolgreich abschließen.“