Kaiser‘s Tengelmann Künftig ohne Kaffeekanne - Kaiser´s Tengelmann Teil 3: Es ist ein Sterben auf Raten

Mit jeder Filialschließung verschwindet Kaiser‘s Tengelmann ein Stück mehr. Doch auch wenn der Verkaufsprozess den Niedergang der einst innovativen Marke beschleunigt, hat dieser schon lange vorher begonnen.

Montag, 07. November 2016 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Künftig ohne Kaffeekanne - Kaiser´s Tengelmann Teil 3: Es ist ein Sterben auf Raten
Achim Wambach
Bildquelle: Stefan Mugrauer, dpa / picture alliance, Norbert Schmidt, zweimalig, DHBW Heilbronn, Christina Steinhausen
„Es ist ein Sterben auf Raten“

Für die Verbraucher wird die Angebotsvielfalt durch den Wegfall von Kaiser‘s Tengelmann geringer, analysiert unser Gastautor Prof. Stephan Rüschen. Dabei haben auch sie über das Ende mit „abgestimmt“.

Nach zwei Jahren scheinen Edeka und Rewe kurz vor der Einigung zu stehen und werden wohl Märkte von Kaiser‘s Tengelmann untereinander aufteilen. Diese bevorstehende Einigung zwischen Edeka und Rewe nutzt letztendlich nur den beiden Marktführern. Aus Verbrauchersicht wird das zu einer signifikanten, regionalen Ausweitung der Marktmacht durch die beiden Supermarktanbieter in den jeweiligen Gebieten führen. Die Angebotsvielfalt wird daher dort weiter eingeschränkt.

Eine Zerschlagung wäre insofern sinnvoller gewesen, weil dann vermutlich auch andere Unternehmen teilweise zum Zuge hätten kommen können. So hätten Tegut, Hit, Norma etc. ihr Filialnetz ausweiten können. Oder auch die Bio- Märkte Denn‘s und Alnatura hätten ihre derzeitige Expansion schneller voranbringen können. Der Marktanteil von ca. 1 Prozent der Kaiser‘s-Tengelmann-Märkte wäre auf mehrere Anbieter verteilt worden und hätte sogar zu einer insgesamt höheren Wettbewerbsintensität geführt – v. a., wenn es gelungen wäre, andere aufstrebende Betriebsformen wie Bio-Märkte, Vegan-Märkte oder Nischenanbieter (z. B. Kochhaus) zu stärken. Die innerstädtischen Standorte von Kaiser‘s Tengelmann wären dazu durchaus geeignet gewesen. Bedauerlich ist, dass kein ausländisches Handelsunternehmen die Gelegenheit nutzen wollte, den Markteintritt in Deutschland durch eine Übernahme zu wagen und somit die Angebotsvielfalt in Deutschland zu bereichern.

Die Mitarbeiter von Kaiser‘s Tengelmann werden bei einer Einigung zwischen Edeka und Rewe aufatmen. Allerdings bleibt wohl noch unklar, was die Aufteilung für die Zentralbereiche tatsächlichbedeutet. Für die Filialmitarbeiter wird die Einigung positiv sein. Unrentable Märkte werden aber mit Verzögerung irgendwann geschlossen und die Arbeitsplätze dieser Läden doch noch wegfallen.

Außerdem werden beide Unternehmen ihre Beschaffungsmacht weiter ausbauen, wenn auch nur scheinbar in einem geringen Ausmaß – jeweils ca. 2 bis 3 Prozent Steigerung des jeweiligen Beschaffungsvolumens. Jedoch ist bereits auch eine geringe Steigerung aus Kartellsicht kritisch zu sehen.

Zur Person

Stephan Rüschen ist Professor für Lebensmittelhandel an der Dualen Hochschule Baden- Württemberg in Heilbronn.

Die Komplettübernahme durch Edeka wäre die schlechteste Lösung für Verbraucher, Lieferanten und Wettbewerber gewesen. Nach der Sektoruntersuchung des Bundeskartellamtes von 2014 und den daraus gezogenen Schlussfolgerungen hätte dies allen Beteiligten von Anfang an klar sein müssen. Herr Haub hätte damals anders agieren können und müssen. Dann wäre den Mitarbeitern von Kaiser‘s Tengelmann dieses mehr als zwei Jahre in der Öffentlichkeit ausgetragene „Gezerre“ erspart geblieben.

In Deutschland verschwindet wieder eine Traditionsmarke vom Markt, die ihre Legitimität allerdings zuletzt verspielt hatte. Das mag man bedauerlich finden, jedoch hatten die Verbraucher bereits „abgestimmt“, indem sie sich von Kaiser‘s Tengelmann abgewendet hatten. Die bereits vor zehn Jahren dort durchgeführten Schrumpfungsmaßnahmen waren nur ein „Sterben auf Raten“.

Letztlich wurde das Kartellrecht von Rewe genutzt, um ihre unternehmerischen Interessen durchzusetzen. Der Verbraucher stand beim „Geschachere“ um Kaiser‘s Tengelmann nicht im Fokus. Es wird nicht die letzte Übernahme/ Zerschlagung im deutschen LEH sein, bei der wir dies erleben.

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Bild öffnen Der Niedergang hat schon vor 30 Jahren mit dem Amerikaengagement begonnen<br />
Handelsexperte Thomas Roeb