Kaiser‘s Tengelmann Künftig ohne Kaffeekanne - Kaiser´s Tengelmann Teil 2: Interview mit Achim Wambach: Geschlossene Gesellschaft

Mit jeder Filialschließung verschwindet Kaiser‘s Tengelmann ein Stück mehr. Doch auch wenn der Verkaufsprozess den Niedergang der einst innovativen Marke beschleunigt, hat dieser schon lange vorher begonnen.

Montag, 07. November 2016 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Künftig ohne Kaffeekanne - Kaiser´s Tengelmann Teil 2: Interview mit Achim Wambach: Geschlossene Gesellschaft
Achim Wambach
Bildquelle: Stefan Mugrauer, dpa / picture alliance, Norbert Schmidt, zweimalig, DHBW Heilbronn, Christina Steinhausen
Interview mit Achim Wambach: Geschlossene Gesellschaft

Bei den Verhandlungen sind Kunden und Zulieferer außen vor, kritisiert Achim Wambach, Chef der Monopolkommission. Eine Einigung zwischen Edeka und Rewe könnte dennoch gebietsweise gut für den Wettbewerb sein.

Was halten Sie von dem Schlichtungsverfahren?
Achim Wambach: Die beabsichtigte gemeinsame Lösung ist problematisch, weil hier die Wettbewerber untereinander reden und sich darauf einigen, was für sie am besten ist, aber weder die Zulieferer noch die Kunden sitzen mit am Tisch. Das ist aus Wettbewerbsperspektive nicht von Vorteil.

Wenn die angestrebte gemeinsame Lösung beinhalten sollte, dass Rewe Filialen erhält, bedarf es dann nichteiner erneuten kartellrechtlichen Prüfung?
Ja, dann wird das Kartellamt prüfen. Rewe ist nicht Teil der Ministererlaubnis,das ist ein anderes Verfahren. Aber die Beteiligten kennen die Kriterien des Kartellamts, die werden dies entsprechend berücksichtigen.

Ist eine solche Einigung zwischen Edeka und Rewe aus Sicht der Monopolkommission genauso schlecht für den Wettbewerb wie die Komplettübernahme?
Dass die Ministererlaubnis für eine Komplettübernahme einfach durchgezogen wird, hatte die Monopolkommission nicht empfohlen. Arbeitsplatzsicherung ist ohne Zweifel ein wichtiges Ziel, aber es ist ja gar nicht klar, dass man durch den Verkauf an den Marktführer das Beste für die Arbeitsplätze tut. Edeka hat tendenziell sogar ein größeres Interesse als andere Unternehmen daran, zumindest mittelfristig Supermärkte zu schließen, vor allem, wenn sich ein Edeka- und ein Tengelmann-Markt in unmittelbarer Nähe zueinander befinden. Eine Einigung kann also für den Wettbewerb besser sein. Wenn Edeka Filialen an Rewe abgeben würde, und dies kartellrechtlich unproblematisch wäre, könnte das ein Vorteil sein im Vergleich dazu, dass Edeka diese Filialen behält. Aber die verhandelnden Parteienhaben eben nicht den Wettbewerb im Auge, sondern sie werden das beste Ergebnis für sich erzielen wollen.

Könnten nicht mehr Arbeitsplätze verloren gehen, wenn Edeka nach fünf Jahren, nach Ablauf der Ministererlaubnis, Filialen schließt, als wenn die Filialen einzeln verkauft würden?
Die Befürchtung ist jedenfalls, dass Edeka schon jetzt Filialen schließt, aber nicht bei Kaiser’s Tengelmann, sondern bei Edeka selbst. Ein Edeka-Markt in der Nachbarschaft eines Tengelmann-Marktes ist nicht Teil der Ministererlaubnis und kann geschlossen werden.

Womit rechnen Sie, wenn die Marke Kaiser’s Tengelmann wegfällt?
Wir haben relativ starken Wettbewerb im Einzelhandel, und den LP 18/2016 15 gilt es zu schützen. Wenn es weniger Wettbewerb gibt, gibt es weniger Auswahl. Höhere Preise sind ebenfalls vorstellbar. Die Zulieferer haben zum Beispiel Sorge, dass Edeka noch mächtiger im Einkauf wird und mit Kaiser’s Tengelmann ein möglicher Kunde wegfällt. Und wenn der Wettbewerbsdruck nachlässt, wird auch leichter gespart an Aspekten, die wir unter dem Schlagwort Qualität zusammenfassen, zum Beispiel am Service und bei den Öffnungszeiten.

Bietet der Wegfall von Kaiser’s Tengelmann auch Chancen?
Regional kann es Vorteile geben. Es kann sein, dass Edeka durch die Übernahme von Kaiser’s-Tengelmann- Filialen in Regionen, in denen es Edeka vorher nicht gab, den Wettbewerb sogar stärkt, denn Kaiser’s Tengelmann hatte strukturelle
Probleme, die Edeka nichthat. Da kann für die Endkunden – im Gegensatz zu den Zulieferern – sogar durch Edeka neuer Wettbewerb entstehen. Das Kartellamt hat ja für rund ein Drittel der Kaiser’s- Tengelmann-Filialen eine solche Edeka-Übernahme unproblematisch gesehen. Für den Wettbewerb insgesamt wäre es aber förderlicher, wenn auch andere Anbieter Kaiser’s-Tengelmann-Filialen übernehmen würden.

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Bild öffnen Der Niedergang hat schon vor 30 Jahren mit dem Amerikaengagement begonnen<br />
Handelsexperte Thomas Roeb