Frei von Aber bitte mit ohne - Aber bitte mit ohne: Teil 2

Die Lust auf Verzicht hält an. Immer mehr Verbraucher greifen bewusst zu Lebensmitteln, die ohne Gluten, Laktose oder Fleisch hergestellt sind. Für den Handel sind Frei-von-Angebote wertvolle Instrumente zur Kundenbindung. Neue Platzierungskonzepte versprechen steigende Umsätze.

Donnerstag, 12. Mai 2016 - Management
Bettina Röttig
Artikelbild Aber bitte mit ohne - Aber bitte mit ohne: Teil 2
Bildquelle: Mirco Moskopp, Stefan Mugrauer, tegut, Sonja Plachetta

Starke Impulse setzen Markenartikler aktuell mit verzehrfertigen Convenience-Produkten. Vegetarische und vegane Kartoffel-, Geflügel- und Wurstsalate (u. a. von Popp, Homann und Vegafit) sollen Teilzeit- und Vollzeitvegetarier zum Zugreifen animieren. „In unserer schnelllebigen Zeit erreicht Convenience-Food immer höhere Absatzzahlen. Wenn diese Speisen auch noch ohne Fleisch sind, aber genauso gut schmecken wie die klassischen Originale, dann spricht man nicht nur Fleischliebhaber, sondern auch die wachsende Zahl der Flexitarier an“, erklärt Thomas F. Huber, Geschäftsführer von Landhof. Der österreichische Wurst-Spezialist hat mit einem vegetarischen Wurstsalat und Chili non Carne erste fleischfreie Gerichte unter der Marke Die Ohne eingeführt. Das Unternehmen setzt bei seiner Veggie-Marke auf weitere Clean-Label-Aspekte wie den bewussten Verzicht auf Gluten, Soja und Konservierungsstoffe. Bald wird die Range zudem komplett frei von Palmfett und Geschmac ksverstärkern sein.

Dass Ready-to-eat-Produkte immer wichtiger im sehr dynamisch wachsenden fleischfreien Segment werden, davon ist man auch bei Friesland-Campina überzeugt. Gemeinsam mit Merl hat das Unternehmen drei Feinkostsalate unter der Marke Valess ins Kühlregal gebracht und geht damit einen Schritt, um diese in neuen Segmenten anzubieten. Die Salate to go made by Merl sind in drei Varianten erhältlich (griechische Art mit Nudeln, Thai-Curry-Art mit Nudeln, mediterrane Art mit Zartweizen) und kommen ohne Konservierungsstoffe aus. Eine kleine Gabel ist beigelegt. „Die Merl- Produkte werden gut vom Handel angenommen“, sagt Michaela Rogge, Senior Brand Manager Valess D/A/CH. Für besonders wichtig hält Rogge die Platzierung der Artikel. „Bei Ready-to-eat-Produkten handelt es sich häufig um Impulsartikel, die entsprechend in frequentierten Bereichen platziert werden sollten“, empfiehlt sie.

Platzierungsmodelle im Test
Auf der Suche nach der richtigen Präsentation der Frei-von-Angebote wird derzeit einiges ausprobiert. Bei Edeka Kreuzberg hat sich die Blockplatzierung für die unterschiedlichen Segmente als erfolgreicher erwiesen als die Zuordnung der Artikel zu den Sortimenten. Auf 22 laufenden Metern bietet das E-Center fleischfreie Chilled-Food-Produkte prominent im ersten Kühlregal an. Glutenfreie Produkte werden im Hauptkundenlauf auf Gondelköpfen präsentiert, im Kühlregal finden Kunden laktosefreie Molkereiprodukte, darunter immer mehr pflanzliche Alternativen, zusammen platziert. Die richtige Strategie, meint auch Björn Seifert, Head of Customer Development, Shopper Marketing & Field Salesforce von Friesland-Campina. Interne Studien hätten ergeben, dass der Absatz von laktosefreien Produkten bei einer Blockplatzierung um bis zu 4,5 Mal höher sei als bei einer Zuordnung der Artikel in den entsprechenden Segmenten.

Händler Tegut hat im neuen Markt am Gravensteiner Platz in Frankfurt einen großen Baustein im Bereich Trockensortiment geschaffen, in dem Produkte aus den Bereichen Raw-/Superfood, Vegan und Glutenfrei im Verbund präsentiert werden. „Die gemeinsame Platzierung hat den Vorteil, dass zum einen die Produkte für die ,Frei von‘-Bedürfnisse gut erkennbar sind und viele sensibilisierte oder darauf angewiesene Kunden so auch Neues entdecken können“, erklärt Stella Kircher von Tegut. Die glutenfreien Artikel, die speziell für die Zielgruppe der Zöliakiebetroffenen hergestellt werden, sind noch einmal zusätzlich in einem besonderen Regal angeboten. Produkte wie Reiswaffeln oder Maismehl, die z. B. von Natur aus glutenfrei sind, würden hingegen in der entsprechenden Warengruppe zugeordnet.

Wie eine besonders konsequente, ansprechende und kundenfreundliche Präsentation des fleischfreien Sortiments aussieht, zeigt neuerdings Vorzeige-Edekaner Hieber. Im Lörracher Markt kommt der Kunde nicht mehr an dem Sortiment vorbei. Gleich zur Beginn des Kundenlaufs wurde in der Obst- und Gemüseabteilung eine Art Shop-in-Shop-System mit Trockensortiment und gekühlter Frische integriert. Blickfang ist dabei die farbenfrohe „Veggie Bar“ mit vegetarischem und veganem Aufschnitt oder Grillgut, Pfannengerichten und Feinkostsalaten in Bedienung.

Was woanders Veggietheke heißt und z. T. eher als Anhängsel von Fleisch- oder Käsetheke getestet wird, avanciert hier zu einem Highlight im Markt, das die Ware emotional in Szene setzt. Für die kompetente Beratung wurden Mitarbeiter eingestellt, die sich selbst aus Überzeugung vegan ernähren.

Definitions- Lücke geschlossen
Die Begriffe „vegetarisch“ und „vegan“ sind bisher rechtlich nicht geschützt. Das soll sich nun ändern. Die Verbraucherschutzminister der Länder haben Ende April 2016 einen Vorschlag für eine rechtsverbindliche Definition der Begriffe beschlossen. An der Formulierung waren auch der VEBU und die Lebensmittelwirtschaft beteiligt. Die Formulierung:

(1) Vegan sind Lebensmittel, die keine Erzeugnisse tierischen Ursprungs sind und bei denen auf allen Produktionsund Verarbeitungsstufen keine Zutaten (einschließlich Zusatzstoffe, Trägerstoffe, Aromen und Enzyme), Verarbeitungshilfsstoffe oder Nicht-Lebensmittelzusatzstoffe, die auf dieselbe Weise und zu demselben Zweck wie Verarbeitungshilfsstoffe verwendet werden, die tierischen Ursprungs sind, in verarbeiteter oder unverarbeiteter Form zugesetzt oder verwendet worden sind.

(2) Vegetarisch sind Lebensmittel, welche die Anforderungen des Absatzes 1 erfüllen, bei deren Produktion jedoch abweichend davon Milch, Kolostrum, Farmgeflügeleier, Bienenhonig, Bienenwachs, Propolis oder Wollfett/Lanolin aus von lebenden Schafen gewonnener Wolle, oder deren Bestandteileoder daraus gewonnene Erzeugnisse zugesetzt oder verwendet worden sein können.

(3) Einer Auslobung als vegan oder vegetarisch stehen unbeabsichtigte Einträge von Erzeugnissen, die nicht den jeweiligen Anforderungen des Absatzes 1 oder 2 entsprechen, nicht entgegen, wenn und soweit diese auf allen Produktions-, Verarbeitungsund Vertriebsstufen trotz geeigneter Vorkehrungen bei Einhaltung der guten Herstellungspraxis technisch unvermeidbar sind.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend, wenn für Lebensmittel Informationen verwendet werden, die aus Verbrauchersicht gleichbedeutend mit „vegan“ oder „vegetarisch“ sind.

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