Nachgefragt Was die Branche bewegt

2011 wird investiert und Gas gegeben. Handel und Hersteller testen neue Konzepte, suchen nach Möglichkeiten sich von Wettbewerbern zu differenzieren, setzen auf Innovationen und Vorsprung.

Donnerstag, 13. Januar 2011 - Management
Artikelbild Was die Branche bewegt
Konrad Kreuzberg, Edeka

Die Euphorie der letzten Monate des vergangenen Jahres weicht allmählich, aber spürbar, einem optimistischen Realismus. Einig sind sich alle, dass es jetzt gilt, die Weichen richtig zu stellen, vor allem bei der Personalpolitik. Die LP hat bei prominenten Vertretern der Branche nachgefragt, was sie bewegt.

Die LEBENSMITTEL PRAXIS hakt nach:
  1. Teilen Sie die Euphorie der Umfrage-Teilnehmer aus dem Handel?
  2. Wie schätzen Sie die Lage ein?
  3. Was sind Ihre wichtigsten Themen und Vorhaben für 2011?

{tab=Unilever}

Harry Brouwer, Chairman Unilever, Deutschland, Österreich, Schweiz

Das erwartete Wirtschaftswachstum 2011 in Deutschland wird helfen, den Wert von Produkten wieder in den Vordergrund zu stellen. Wir hoffen, dass dadurch der zerstörerische Preiskrieg im Handel endlich zurückgeht.

Die größte Herausforderung im deutschen Markt bleibt der Preis. Wir erwarten weiter kontinuierlichen Druck durch Erhöhung von Kosten bei Rohmaterialien. Dies wird zu Preiserhöhungen führen, die wir an den Handel weitergeben müssen. Wir werden weiter wachsen, aber nicht um jeden Preis. Wir sehen zahlreiche Signale beim Handel und eine Öffnung hin zu einer kreativeren und wertsteigernden Zusammenarbeit. Hier können wir unter anderem im Bereich Shopper, Research und Nachhaltigkeit einige, neue Ideen mit dem Handel entwickeln, so dass es nicht nur noch um den Preis, sondern um mehr geht.

Für uns wird der Fokus in diesem Jahr unter anderem auf der Integration von Sara Lee und Marken wie Duschdas und Badedas liegen. Gerade die Integration und Akquise von Sara Lee zeigt, dass wir im Bereich Personal Care Potenzial sehen. Außerdem wird bei Knorr das Thema Nachhaltigkeit in den Vordergrund gerückt. Wir haben als Unilever in den vergangenen Jahren schon viel erreicht. Darauf möchte ich gemeinsam mit den Kollegen aufbauen, denn Unilever hat noch viel vor.

{tab=Edeka}

Konrad Kreuzberg, Edeka-Kaufmann

Bei uns ist die Euphorie definitiv nicht so ausgeprägt. Einiges hätte besser laufen können. Wir haben in Koblenz das Problem, dass die Europabrücke stadtein- und stadtauswärts nur beschränkt befahrbar ist. Dadurch entstehen Staus und Behinderungen, die meinen beiden Märkten schaden.

Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass sich 2011 der Handel stabilisiert und bessere Umsätze im Vergleich zum abgelaufenen Jahr gemacht werden.

Die Aus- und Weiterbildung der Mitarbeiter, speziell die Ausbildung junger Menschen, beschäftigt uns in diesem Jahr. Auch aktuell möchten wir wieder zehn Auszubildende einstellen und später übernehmen. Wichtig ist uns das weitere Festigen der Standorte bzw. das Erweitern der Marke Kreuzberg in und um Koblenz. Außerdem wollen wir Präsenz bei der Bundesgartenschau zeigen, die dieses Jahr in Koblenz stattfindet. Dort werden wir uns von April bis Oktober mit einem Stand und regionalen Produkten darbieten.

{tab=Metro}

Dr. Eckhard Cordes, Vorstandsvorsitzender Metro Group

Mit einem erwarteten Wirtschaftswachstum von ca. 3,5 Prozent war Deutschland 2010 die Wachstumslokomotive in Westeuropa. Wir erleben eine positive Stimmung in der Bevölkerung, die durch die Wirtschaftszahlen und den Arbeitsmarkt gestützt wird. Die Beschäftigungssituation und die verfügbaren Einkommen dürften sich 2011 weiter verbessern und positiv auf die Konsumstimmung wirken. Allerdings haben die Handelsumsätze in der Vergangenheit auf konjunkturelle Veränderungen nicht außerordentlich stark reagiert, sondern sind verhältnismäßig stabil geblieben. Die Verschiebung angekündigter Steuererleichterungen und -vereinfachungen seitens der Bundesregierung sollte deshalb genau überlegt werden.

Die Metro Group erwartet, weiterhin von ihrer internationalen Diversifizierung zu profitieren. Osteuropa und Asien weisen durch den hohen Nachholbedarf in vielen Ländern weiterhin großes Wachstumspotenzial für uns auf. 2011 stehen unser internationales Wachstum, die weitere Umsetzung von Shape 2012 sowie unsere Nachhaltigkeitsstrategie im Fokus. Gleichzeitig arbeiten wir daran, noch stärker das Prinzip der „Lernenden Organisation" umzusetzen. Das heißt, egal ob es um eine vorbildliche Energiesparmaßnahme oder um eine gute Idee für die Kundenkommunikation geht, einmal erfolgreiche Konzepte sollten ihren Weg über Vertriebslinien- oder Landesgrenzen finden.

Osteuropa bietet nach wie vor ein großes Wachstumspotenzial, neben Metro Cash & Carry und Media-Saturn, auch für unsere SB-Warenhäuser Real. Metro Cash & Carry wird sich in China auf drei Regionen an der Ostküste konzentrieren: Die Region um Beijing, das Yangtze River Delta mit Shanghai und das Pearl River Delta mit Guanghzou.


  1.  Teilen Sie die Euphorie der Umfrage-Teilnehmer aus dem Handel?
  2. Wie schätzen Sie die Lage ein?
  3. Was sind Ihre wichtigsten Themen und Vorhaben für 2011?
  4. {tab=Rewe}

Alain Caparros, Vorstandsvorsitzender Rewe Group

Euphorie ist niemals ein guter Berater. Wir im Handel brauchen auch in Zukunft ein heißes Herz und zugleich einen kühlen Kopf. Das Jahr 2011 wird für die Lebensmittelbranche jedenfalls nicht einfacher als 2010: Denn traditionell profitiert unsere Branche nicht in so starkem Maße vom Aufschwung wie beispielsweise die Investitionsgüter-Branche. Bei tendenziell steigenden Rohstoffpreisen sind Preiserhöhungen kaum zu vermeiden, was wiederum den Druck auf die Spannen erhöht.

Die Rewe Group steht auf einem soliden Fundament. Wir haben schon lange vor der Krise begonnen, unsere Hausaufgaben zu erledigen. Das verschafft uns den nötigen Handlungsspielraum und lässt mich mit gesundem Optimismus in die Zukunft blicken. Die Branche insgesamt wird mit den großen Themen beschäftigt bleiben: Preisentwicklungen, Qualität und Sicherheit von Lebensmittel, Nachhaltigkeit im Handel und auch dem Kartellrecht.

Die Weiterentwicklung unserer Vertriebskonzepte im Vollsortiment und Discount beschäftigt uns – und vor allem die konsequente Kundenorientierung in Handel und Touristik.

{tab=Mestemacher}

Prof. Dr. Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin Mestemacher-Gruppe

Ja, ich teile diese Euphorie! Die Freude kommt wieder nach Deutschland. Die Fußball-WM der Frauen und die wirtschaftliche Spitzenstellung der Deutschen beflügeln den privaten Konsum. 2011 laufen Arbeitgeber und Arbeitnehmer zur Höchstform auf.
Ich möchte die Lage dennoch auch kritisch würdigen. Der Führungskräftemangel und der Mangel an Fachkräften trüben die optimistischen Aussichten. Deutschland werden kreative Köpfe und damit Innovationen fehlen. Wenn es uns aber gelänge,
qualifizierte und motivierte Einwanderer zu integrieren, könnte der Arbeitskräftemangel sich nicht so negativ auswirken und Deutschland hätte die Chance, sich die Spitzenposition in der Weltwirtschaft weiter zu sichern.

Ich hoffe, dass die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel am 23. September 2011 zur zehnjährigen Verleihung des Mestemacher-Preises „Managerin des Jahres" die Festrede hält und der 140. Firmengeburtstag von Mestemacher am 30. Juni viel Beachtung findet und unser Ansehen bei unseren Handelspartnern und
Konsumenten weiter steigt.

{tab=Globus}

Thomas Bruch, Geschäftsführer Globus SB-Warenhaus Holding

Wenn meine Kollegen Euphorie ausgestrahlt haben, möchte ich mich dem nicht anschließen.

Nüchtern betrachtet, haben wir heute viele Chancen, stehen aber durchaus auch vor Herausforderungen.

Wir wollen uns weiter im Wettbewerb differenzieren, über unsere Sortimente, aber auch über qualifizierte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

{tab=BVL}

Friedhelm Dornseifer, BVL-Präsident und Rewe-Kaufmann

2010 hatte für unsere Branche einen sehr guten Verlauf, und ich gehe davon aus, dass sich dieser Trend 2011 fortsetzt. Allerdings werden nicht alle imim gleichen Maße profitieren. Die Discounter haben Marktanteile verloren und ihr wesentliches Wettbewerbsinstrument, der Preis, hat nicht mehr die Bedeutung der zurückliegenden Jahre. Die zunehmende Nachfrage nach regionalen Produkten und nach Dienstleistungen führen die Discounter an die Grenzen des Wachstums. Auch die großflächigen SB-Warenhäuser werden sich weiter schwertun, berücksichtigt man den starken Wettbewerb im Nonfood-Bereich, den demographischen Wandel mit immer kleineren Haushalten sowie den Trend zur wohnortnahen Versorgung. Profitieren kann von alldem der Supermarkt.

Wir dürfen 2011 mit weiter steigenden Beschäftigungszahlen, zunehmenden Einkommen und einem steigenden privaten Konsum rechnen. Nur wenn es uns gelingt, die Wertschätzung der Verbraucher für Lebensmittel zu steigern, und die Kunden mit innovativen Sortimenten und Dienstleistungen zu begeistern, wird unsere Branche vom Wachstum der Konsumausgaben profitieren. Solange die Verbraucher meinen, dass ein neuer Fernseher, ein tolles Handy oder eine schöne Urlaubsreise wichtiger sind als eine dauerhaft gute, gesunde und vielfältige Ernährung, werden wir gegenüber anderen Branchen des Handels immer das Nachsehen haben. Kundenbegeisterung gelingt mit tollen und ausgefallenen Sortimenten. Wir müssen den Mut haben, auch solche Bereiche in unsere Supermärkte aufzunehmen, die für sich allein gesehen nicht unbedingt wirtschaftlich sind. Die Fischtheke und eine schöne Blumenabteilung sind wichtig, um die Attraktivität des Gesamtmarktes zu steigern. Eine Sushi-Bar, selbst gemachte Nudeln oder gar eine Brauerei, auch handwerkliche Leistungen gehören zu einem modernen Supermarkt. Eine Stärkung der regionalen Sortimente ist für Supermärkte ein wichtiger Erfolgsfaktor. Hier können die Unternehmer Leistungen anbieten, die in national operierenden Filialsystemen nur in Ansätzen möglich sind. Nicht zuletzt sind es umfassende Dienstleistungen, die dem Kunden heute geboten werden müssen. Wir brauchen qualifizierte und leistungsbereite Mitarbeiter. Die Entwicklung unseres Teams ist daher auch in den nächsten Jahren die absolute Kernaufgabe.


  1. Teilen Sie die Euphorie der Umfrage-Teilnehmer aus dem Handel?
  2. Wie schätzen Sie die Lage ein?
  3. Was sind Ihre wichtigsten Themen und Vorhaben für 2011?

{tab=HDE}

Stefan Genth, Hauptgeschäftsführer Handelsverband Deutschland (HDE)

Die Stimmung im Handel ist so gut wie seit zehn Jahren nicht mehr. Das bestätigen unsere eigenen Umfragen. Viele Unternehmen haben ihre Situation 2009 und 2010 nach der sehr schlechten Entwicklung in den Jahren davor verbessern können. Die Krise ist langsam überwunden, auch wenn es nicht ganz für neue Rekordstände reicht. Für 2011 sind wir deshalb vorsichtig optimistisch, auch wenn es belastende Faktoren wie steigende Energiekosten oder das Sparpaket der Regierung gibt. Eine Eins vor dem Komma könnte drin sein.

Wir brauchen ein günstiges Umfeld für den Konsum. Es darf kein Störfeuer aus der Steuerpolitik geben, das die Verbraucher verunsichert. Und den Unternehmen dürfen keine Steine in den Weg gelegt werden. Die Reform der Gewerbesteuer ist daher eines unserer dringendsten Anliegen. Die Bundesregierung hat dieses äußerst wichtige steuerstrukturpolitische Zukunftsthema gestoppt. Selbst Unternehmen, die nicht in der Gewinnzone operieren, werden für die öffentlichen Haushalte zur Kasse gebeten. Wir sind sehr enttäuscht und fordern die Bundesregierung auf, die Gewerbesteuerreform wieder in Angriff zu nehmen. Von großer Bedeutung ist natürlich auch die Verunsicherung der Marktteilnehmer darüber, welche Verhandlungspraktiken als wettbewerbsrechtlich bedenklich eingestuft werden müssen. Der HDE wird den begonnenen Dialog mit der Kartellbehörde fortführen und den Koordinationsbedarf zwischen den Marktpartnern erläutern, der nicht zuletzt auch der Verteilung des geschäftlichen Risikos dient.

{tab=dm}

Erich Harsch, Vorsitzender der Geschäftsführung dm-Drogerie Markt

Wir bei dm würden nicht von Euphorie, sondern von Zuversicht sprechen, da wir uns auch in den vergangenen Jahren erfolgreich entwickelt haben. Den Trend der Umfrage können wir durch die positive Entwicklung bei dm bestätigen. Im vergangenen Geschäftsjahr haben wir bei dm bundesweit einen Umsatz von 4,07 Mrd. Euro erzielt, im Vergleich zum Geschäftsjahr 2008/2009 bedeutet das ein Wachstum von 8,7 Prozent. Für das laufende Geschäftsjahr erwarten wir weitere Zuwächse.

Die Entwicklung im Einzelhandel wird wahrscheinlich leichter zu meistern sein, als zur Finanz- und Wirtschaftskrise. Wichtig finde ich, dass die Wirtschaft nachhaltig an Stabilität gewinnt und nicht erneut durch Staatsbankrotte, Währungsturbulenzen oder Spekulationen in Bedrohung gerät.

Das nächste Jahr bietet sicher viele Chancen, solange man sich nicht auf dem Erreichten ausruht. Das Wichtigste für uns sind stets die Menschen, denn wenn wir am Markt erfolgreich sein wollen, dürfen wir die Zufriedenheit unserer Kunden und Mitarbeiter nicht aus den Augen verlieren. Wir glauben, dass wir unsere bisherige Entwicklung in diesem Jahr fortsetzen können. Im Geschäftsjahr 2010/2011 ist eine Umsatzsteigerung von 5 bis 7 Prozent realistisch. In Deutschland rechnen wir mit mindestens 200 Mio. Euro Mehrumsatz. Der Marktanteil von dm an Drogeriewaren wird in diesem Jahr voraussichtlich auf über 16 Prozent steigen. Es geht uns aber nicht um ein Wachstum um jeden Preis, sondern darum, weiter organisch zu wachsen.

{tab=Zentis}

Karl-Heinz Johnen, Geschäftsführer Zentis

Trotz der konjunkturellen Erholung glaube ich, was den deutschen Lebensmittelhandel und die deutsche Lebensmittelindustrie angeht, ist Euphorie nicht angebracht, denn der derzeitige radikale Verdrängungswettbewerb und die daraus resultierenden Preisschlachten schädigen letztlich die gesamte Branche.

Das Haus Zentis ist durch mehrere Standbeine und eine mittlerweile stark forcierte Internationalisierung nicht mehr ganz so abhängig von den Ausschlägen des Binnenmarktes wie früher, jedoch befürchte ich auch für unser Unternehmen aufgrund des oben skizzierten Szenarios einen starken Margendruck und Ertragsverfall, trotz des an sich guten Konsumklimas.

Neben generellen Produktivitätssteigerungen streben wir eine weitere Forcierung der Internationalisierung an sowie die Verstärkung unserer Tätigkeit eventuell durch ein neues Geschäftsfeld. Daneben ist für jedes Lebensmittelunternehmen die Hauptaufgabe die ständige Qualitätssicherung und Qualitätsverbesserung.

{tab=HIT}

Klaus Dohle, Geschäftsführer HIT Handelsgruppe

Grund zu Euphorie sehe ich nicht. Ich bin zwar für dieses Jahr optimistisch eingestellt, aber auch Realist und gehe davon aus, dass sich die Preisdiskussionen und Preissenkungsrunden fortsetzen werden.

Schon der Start ins noch junge Jahr verlief mit dem Dioxinskandal für die Branche nicht gerade erfreulich. Der Imageschaden ist da. Skeptisch sehe ich außerdem, dass nach wie vor mehr und mehr Verkaufsfläche in Deutschland hinzukommt. Das Tempo im deutschen Handel ist, z.B. was die Innovationsfähigkeit und das Testen von Neuheiten und neuen Wegen anbelangt, schon hoch, aber es wird sich auch nochmals erhöhen. Wir befassen uns in diesem Jahr verstärkt mit Vertriebskonzepten und wollen unseren Internetauftritt und unser Internetangebot neu gestalten. Vieles, was wir uns darüber hinaus vorstellen können, testen wir in unserem neuen Testmarkt in Bergheim.


  1. Teilen Sie die Euphorie der Umfrage-Teilnehmer aus dem Handel?
  2. Wie schätzen Sie die Lage ein?
  3. Was sind Ihre wichtigsten Themen und Vorhaben für 2011?


{tab=Rewe}

Robert Schäfer, Rewe-Kaufmann

Nein, diese Euphorie teile ich nicht. Ich glaube zum Beispiel nicht, dass die Discounter, die derzeit Marktanteile verlieren, noch lange tatenlos bleiben.

Sicher werden sie reagieren, und wenn es nur die x-te Preissenkungsrunde ist. Diese Wertevernichtung schlägt auf die Roherträge durch – auch bei uns. Deutschland hat die letzte Wirtschaftskrise exzellent
gemeistert, aber Grund zur Euphorie empfinde ich nicht, wenn ich an die finanziell gefährdeten Staaten wie Irland, Spanien und Italien denke.

Wie die meisten im Handel haben wir 2010 versucht, wo es ging, die Kosten zu senken und zu sparen. Das ist uns und vielen anderen erfolgreich gelungen. Doch solche Effekte lassen sich nicht beliebig wiederholen, manche sind einmalig. Jetzt ist nicht die Zeit, sich zufrieden über den guten Jahresabschluss zurückzulehnen. Jetzt muss man Gas geben und einen Gang hochschalten, denn jetzt entscheidet sich, wer es in den kommenden Jahren schafft. Die Kassen sind relativ voll, deshalb gilt es nun, zu investieren und Sachen auszuprobieren, neue Geschäftsfelder zu entwickeln und bestehende zu optimieren, um sich für seine Kunden noch interessanter und unverwechselbar zu machen. Dazu gehört bei uns die Serviceabteilung. Hier testen wir u.a. neue Konzepte (z.B. bei Käse und Wein), aber auch SB-Komplett-Menüs aus eigener Herstellung.

Außerdem gehen wir neue Wege in der Fortbildung der Mitarbeiter und haben eine Blitzschulung entwickelt, die effektiv und nachhaltig in 30 Minuten unseren Mitarbeitern das Wissen gibt, das sie beim Kunden benötigen.

{tab=Breidohr}

Rainer Schwarz, Geschäftsführer Breidohr-Gruppe

Die Euphorie vieler Kollegen aus dem Handel teile ich nicht ganz. Wir haben es leider viel zu häufig mit Dumpingpreisen und Wertevernichtung zu tun. Dem Verbraucher wird vermittelt: „Es geht immer noch etwas billiger." Die Discounter Lidl, Netto
sowie Penny werden weiterhin die Markenartikel zu Dumpingpreisen vermarkten. Aldi (kaum Markenartikel) ist mal wieder allen voraus.

Der selbstständige Lebensmittelhandel kann nur mit den „alten" Tugenden punkten: Sortiment, Frische, Kompetenz und Service. Motivierte, kompetente Mitarbeiter sind unsere Stärke. 2011 werden wir uns verstärkt mit Convenience beschäftigen, an unseren Frischeabteilungen und unseren Qualitäten arbeiten sowie unsere Kundenbindung durch Vertrauen, Kompetenz und Sortimentsvielfalt festigen.

{tab=Konsum}

Roger Ulke, Vorstandsvorsitzender Konsum Dresden

Der LEH macht derzeit eine gute Phase durch. Die Umsätze entwickeln sich, die Weihnachtszeit hat ein recht gutes Jahr gekrönt. Die Stimmung der Verbraucher ist hoffnungsvoll. Ein kleines Plus in der Geldbörse erlaubt das eine oder andere Extra. Dieses kleine Plus muss jedoch erwirtschaftet werden und wird als „gestiegene Personalkosten" – neben Steigerungen durch z.B. erhöhte Rohstoff- bzw. Energiepreise – in die Preisentwicklung einzahlen. Derart gesteigerter Umsatz ist aber nicht gesteigerter Ertrag. Hoffnung also ja – aber keine Euphorie.

Die aktuelle Stimmung wirkt sich positiv auf das Konsumverhalten aus. Wir hatten ein gutes Weihnachtsgeschäft. Der Aufwärtstrend in Deutschland resultiert jedoch nur wenig aus der Binnennachfrage. Steigende Ausgaben für Energie (insbesondere durch die Erhöhungen im Energieeinspeisungsgesetz), Krankenversicherungen und Mobilität „fressen" die konjunkturell erwarteten, höheren Löhne schnell wieder auf. Inflationäre Entwicklungen werden immer augenscheinlicher, wenn inzwischen sogar erste Arbeitgeberverbände dazu aufrufen, die Gehälter der Angestellten zu erhöhen. Wir werden also nicht umhin kommen, uns über die Preise – Einkauf wie Verkauf – unsere Gedanken zu machen und damit unseren Beitrag zur Teuerung zu leisten.

Die Konsum Dresden eG erwartet ein anspruchsvolles Jahr. Wir werden 2011 am bestehenden Filialnetz arbeiten, straffen und modifizieren, wir werden effizienter werden, und wir werden sowohl in Erlangen als auch in Dresden mit einer nagelneuen Frida-Filiale auftauchen. Wichtigstes Thema für uns als Nahversorger ist dabei nach wie vor der Kunde. Ihm gehört all unser Augenmerk.

{tab=Sinnack}

Hartmut Wießner, Geschäftsführer Sinnack Backspezialitäten

Den Begriff „Euphorie" kann ich nicht teilen. Unsere Perspektiven liegen weniger in der immer wieder unterschiedlich zitierten Konsumerwartung. 2011 setzen wir auf Produktinnovationen, weitere Marktchancen in Europa sowie auf Konzepte, die kundenorientiert entwickelt und erarbeitet werden. Der Handel zeigt hier verschiedene Bewertungen und Schilderungen von Trends und Nachfrageverhalten. Dies erfolgt offensichtlich auch mit Blick auf einen weiter anhaltenden Wettbewerbsdruck, der sich letztlich zu Gunsten der Konsumenten auswirkt. Er entscheidet maßgeblich. Die aktuelle Lage verlangt von uns die Besinnung auf die eigenen Stärken und Möglichkeiten. Wir setzen uns damit auseinander, dass der Handel weiterhin preisaggressiv agiert und individuelle Konzepte erwartet. Gleichzeitig bleiben wir mit steigenden Rohstoff-, Verpackungs- und Logistikkosten konfrontiert. Außerdem steigen Anforderungen u. a. in den Bereichen QS und Nachhaltigkeit.

Priorität haben für uns dieses Jahr Produktinnovationen und die weitere Fokussierung auf Geschmack und Qualität. Besondere Perspektiven sehen wir in neuen Märkten im Westen, Süden und Osten Europas.


  1. Teilen Sie die Euphorie der Umfrage-Teilnehmer aus dem Handel?
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  3. Was sind Ihre wichtigsten Themen und Vorhaben für 2011?

{tab=Rewe/BVL}

Jörg Müller, Rewe-Kaufmann und BVL-Vizepräsident

Ich bin nicht unbedingt euphorisch, aber recht optimistisch. Ich habe das Gefühl, dass der Kunde mehr denn je die gute Leistung des Lebensmittelhandels wertschätzt. Dadurch erhöhen sich die Chancen, diese Leistung auch honoriert wird. Bestätigt wird dies auch durch die aktuell, positiven Zahlen, die die Gesellschaft für Konsumforschung zum Konsumklima ermittelt hat. Ich kann nur hoffen, dass der aktuelle Futtermittelskandal nicht wieder Sand ins Getriebe streut.

Wenn der LEH seine Versprechen bezüglich Qualität und Nachhaltigkeit erfüllt, wird er sich ganz schnell zu einer Branche mit sehr hohem Ansehen bei Kunden, Herstellern und Mitarbeitern entwickeln und wäre nicht mehr ständig der Buhmann. Wir werden unseren Beitrag dazu leisten und sind auf einem guten Weg.

{tab=Kaiser's Tengelmann}

Raimund Luig, Vorstand Handel, Kaiser's Tengelmann

Ich teile die Euphorie im Handel nicht. Zwar hat sich die wirtschaftliche Situation 2010 deutlich verbessert, weswegen im Land eine positive Grundstimmung vorhanden ist. Dennoch wird 2011 für den LEH mindestens so schwer wie 2010. Wer die besten Ideen hat, wird sicherlich 2011 zu den erfolgreichen Händlern gehören. Wir werden in diesem Jahr weiter in den Ausbau und die Modernisierung unseres Fililalnetzes investieren. Zusätzlich werden wir die Sortimentsüberarbeitung vorantreiben, insbesondere die Positionierung von Bio-Artikeln und regionalen Artikeln.

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