Nach einer Klage der Deutschen Umwelthilfe (DUH) hat das Landgericht Karlsruhe der Drogeriemarktkette dm untersagt, ihre Produkte als „klimaneutral“ oder „umweltneutral“ zu bewerben (Az. LG Karlsruhe: 13 O 46/22). Seit Mai 2022 hat die DUH nach eigenen Angaben juristische Verfahren gegen 34 Unternehmen eingeleitet und sie zum Ausstieg aus der Werbung mit vermeintlicher Klimaneutralität aufgefordert.
Kerstin Erbe, dm-Geschäftsführerin Produktmanagement, klärt auf: „Wir haben Berufung eingelegt, um eine klarere rechtliche Grundlage zu schaffen. In Anbetracht der aktuellen Rechtsprechung sehen wir, dass weiterhin Unklarheit darüber besteht, wie bestimmte Aussagen, wie etwa ‚klimaneutral‘ oder ‚umweltneutral‘, verstanden werden sollten.“ Sie hebt hervor: „Wir sind der Überzeugung, dass die Entscheidung des Landgerichts in diesem Fall überprüft werden sollte, insbesondere in Bezug darauf, wie Verbraucherinnen und Verbraucher solche Aussagen heute verstehen. Daher haben wir beschlossen, das Urteil in einer höheren Instanz überprüfen zu lassen.“
Unverständnis herrscht bei der DUH. Bundesgeschäftsführer Jürgen Resch sieht keinen Klärungsbedarf: „In der Begründung hat das Gericht sämtliche zu dieser Frage bisher ergangenen Urteile berücksichtigt. Es wurde zutreffend ausgeführt, dass aufgrund der starken emotionalisierenden Werbekraft von Umweltvorteilen und im Hinblick auf die Komplexität naturwissenschaftlicher Zusammenhänge ein hohes Informationsbedürfnis seitens der Verbraucher besteht.“
dm ist nach Erbes Angaben auf dem Weg zum umweltneutral handelnden Unternehmen. Die Karlsruher arbeiten an Maßnahmen zur Vermeidung und Reduzierung von Umweltauswirkungen in allen Bereichen des Unternehmens. Aktuell läuft der Umbau von dm-Märkten auf eine moderne Haustechnik. Ziel bis 2025: der weitestgehende Verzicht auf fossile Energien.
In der Transportlogistik läuft derzeit im Raum Nürnberg ein Pilotprojekt mit Wasserstoff-Lkw. „Unser Ziel ist es, dass wir bezogen auf die Klimaemissionen NetZero bis 2045 erreichen“, betont Erbe.
DUH mit Seitenhieb auf dm
Bereits im Herbst 2022 hat dm zeitlich deutlich vor dem Landgerichtsurteil entschieden, „klimaneutral“ mit dem Label von Climate Partner in dieser Form nicht mehr auf seinen Eigenmarkenprodukten auszuloben. „Die Kritik an ‚klimaneutral‘-Auslobungen und auch an ‚klimaneutral‘- Labeln nahm zu diesem Zeitpunkt zu. Es wurden Fälle am Markt bekannt, wo Produkte mit ‚klimaneutral‘-La-beln gekennzeichnet wurden, obwohl keine Reduzierung der Klimaemissionen stattgefunden hat, sondern die Neutralität ausschließlich über Kompensation erreicht wurde“, erklärt Kerstin Erbe auf LP-Nachfrage. dm habe im Vorfeld der Entscheidung, ein dm-Markenprodukt klimaneutral zu kennzeichnen, stets an der Emissionsreduzierung gearbeitet und erst im weiteren Schritt zusätzlich kompensiert. Nicht jeder Nutzer dieses Labels habe offenbar so gehandelt. „Somit haben wir entschieden, dieses Label nicht weiterzuführen, weil unser Vorgehen – messen, reduzieren, kompensieren – darüber nicht länger getragen wurde.“
DUH-Geschäftsführer Resch empfiehlt dennoch: „dm sollte sich nicht länger damit beschäftigen, wie man mithilfe zweifelhafter Zertifikate und Werbeaussagen, die vor Gericht keiner Überprüfung standhalten, Nachhaltigkeit vortäuschen will. Das schadet dem Ansehen. Stattdessen sollte dieser große Konzern dieselbe Kraft, Zeit und Geld besser einsetzen, um wirklich nachhaltigere Produkte, Prozesse und Standorte zu schaffen.“ Das sei viel besser für die Kunden, das Klima, die Umwelt und am Ende auch für dm selbst.
Einen Seitenhieb hat er auch parat: „Vergleichbare Unternehmen wie Rossmann haben das bereits realisiert und uns sowie der Öffentlichkeit gegenüber erklärt, künftig auf die Werbung mit angeblicher ‚Klimaneutralität‘ zu verzichten.“