Interview Erich Harsch - dm Viele Möglichkeiten für Investitionen erarbeitet

Läuft es weiter wie bisher, wird dm binnen zweier Jahre Schlecker als Marktführer in Deutschland ablösen. Für dm-Chef Erich Harsch ist das nur die Konsequenz der eigenen Leistung. Warum, das erzählt er im LP-Interview.

Donnerstag, 04. November 2010 - Management
Markus Oess
Artikelbild Viele Möglichkeiten für Investitionen erarbeitet
Bildquelle: Oess

Auch im osteuropäischen Ausland treibt die Drogeriemarktkette dm das Wachstum voran. Gleichwohl sieht dm-Chef Erich Harsch noch Wachstumspotenzial in Deutschland.

Herr Harsch, der Markt, betonen Sie, ist hochgradig kompetitiv. Wie bewerten Sie vor diesem Hintergrund das Geschäftsergebnis von dm?
Erich Harsch: Das vergangene Geschäftsjahr war das erfolgreichste von dm. Sowohl mit dem Umsatz als auch mit dem Ergebnis können wir sehr zufrieden sein. Wir haben uns die Möglichkeiten für umfangreiche Investitionen erarbeitet und sie auch genutzt.

Sie sprechen davon, innerhalb der nächsten beiden Jahre Schlecker zu überholen und Marktführer zu werden. Wie wahrscheinlich ist das?
Wenn sich die aktuellen Rahmenbedingungen auch beim Wettbewerber nicht ändern, ist das nur eine Rechenaufgabe und dass sich diese Bedingungen verändern, kann ich nicht erkennen. Ich möchte noch einmal betonen: Wenn wir Marktführer werden, ist das eine Folge unserer Leistungen, unser vorrangiges Ziel ist das nicht.

Im Norden ist dm noch nicht so präsent, Sie wollen im Jahr 80 bis 100 Filialen eröffnen, wo sind die Expansionsschwerpunkte?
Natürlich sind die Potenziale in Regionen, in denen wir weniger stark vertreten sind, um ein Vielfaches höher, daher liegt naturgemäß der Schwerpunkt in diesen Regionen. Aber wir wollen generell unser Filialnetz verdichten, auch in angestammten Gebieten.

Das Kartellamt ist zurzeit recht aktiv, würden Sie auch im großen Stile zukaufen?
Diese Frage stellt sich uns derzeit nicht, aber wenn sich Gelegenheiten ergeben sollten, unser Filialnetz sinnvoll zu ergänzen wie z.B. 2005, als wir 37 Idea-Standorte von der Rewe übernommen hatten, werden wir das tun. Substanziell wird unsere Entwicklung auch in Zukunft von organischem Wachstum getragen werden.

Der Eigenmarken-Anteil nach Verkaufsmengen liegt bei dm bei mehr als 30 Prozent, nach Umsatz zwischen 25 und 30 Prozent, gibt es eine Zielmarke?
Nein, wir peilen keinen Mindestanteil an. Wir orientieren uns an den Wünschen unserer Kunden und diese erwarten von dm Alternativen in der Auswahl.

Aber irgendwann steht es 50 zu 50, was dann?
Der Regalplatz ist natürlich endlich und wie überall in der Branche geht diese Entwicklung zu Lasten der Dritt- und Viertmarken. Das ist aber denke ich kein Geheimnis mehr.

Bleibt es beim Dauerpreis-Konzept?
Warum sollten wir etwas ändern, das sich bewährt hat und mit dem wir uns hervorragend entwickelt haben? Wir werden auch künftig mit Dauerpreisen arbeiten.


Welche Rolle spielen Gesundheitsprodukte und Apotheken in der künftigen Sortimentsstrategie?
Hier müssen wir Abstufungen vornehmen. Das Gesundheitsthema gewinnt für uns weiter an Bedeutung. Wenn sich Möglichkeiten eröffnen, unser Sortiment entsprechend zu ergänzen, werden wir das tun. Bei apothekenexklusiven Produkten werden wir früher Veränderungen erleben, vielleicht auch bei bislang apothekenpflichtigen freiverkäuflichen Arzneimitteln. Bei verschreibungspflichtigen Medikamenten sehen die Realitäten nach den vergangenen Gerichtsurteilen anders aus. Da wird sich in nächster Zukunft eher wenig bewegen.

Welche Rolle wird das Ausland für dm spielen?
Nun, die Auslandsexpansion wird von den Kollegen aus Österreich vorangetrieben. Ganz einfach weil sie dort die Sättigungsgrenzen im Markt erreicht haben. Wir sind heute in elf Ländern Europas aktiv. Mit Bulgarien und Rumänien haben wir noch Länder vor der Brust, in denen wir uns auf die Verdichtung konzentrieren, bevor wir neue Länder angehen. Das Auslandsgeschäft wird weiter an Bedeutung gewinnen. Wenn wir in neuen Ländern starten, wird dies in Osteuropa sein. Wir haben jedoch kein konkretes Projekt und sehen außerdem Wachstumsperspektiven in Deutschland, auf die wir unsere Kräfte konzentrieren möchten.

Seit Anfang des Jahres kauft dm wieder über die Markant ein. Sind Sie zufrieden?
Als wir damals zur Rewe gegangen sind, sind wir von anderen Rahmenbedingungen ausgegangen. Unter anderem dachten wir an eine engere Kooperation mit der Rewe im Drogeriewaren-Bereich, was sich leider nicht bewahrheitet hat. Wir wissen um die Stärken der Markant auch im Dienstleistungsbereich. Es passt. Selbst die alten SAP-Schnittstellen waren noch vorhanden.

{tab=Geschäftsjahr 2009 / 10}

  • dm will in ein, zwei Jahren Schlecker als Nummer eins in Deutschland ablösen.
  • Im Geschäftsjahr 2009/2010 wurden konzernweit in 2.403 Filialen mehr als 5,65 Mrd. Euro erwirtschaftet. Das Wachstum betrug 8,7 Prozent und lag damit etwas unter Vorjahr. In Deutschland erzielte dm im vergangenen Geschäftsjahr in 1.185 Filialen einen Umsatz von 4,07 (Vorjahr: 3,75) Mrd. Euro. Flächenbereinigt wuchs das Unternehmen um 3 Prozent.
  • Im Bereich Drogeriewaren sehen sich die Karlsruher hier zu Lande als Marktführer mit einem Anteil von 16 Prozent, Schlecker liege bei rund 7 Prozent. Zum Ergebnis macht das Unternehmen keine Angaben. Der „Notwendigkeitswert" von 1 Prozent Umsatzrendite sei überschritten.
  • Im laufenden Geschäftsjahr sollen rund 100 neue Märkte in Deutschland entstehen. Vor allem im Norden soll das Netz verdichtet werden. Für Expansion und Ausbau bestehender Märkte in Deutschland sind Investitionen in Höhe von 68 Mio. Euro vorgesehen. Bundesweit sieht Harsch Potenzial für bis zu 2.000 dm-Märkte.

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ERICH HARSCH,
Vorsitzender der dm-Geschäftsführung

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