Interview - Qualität Die Qualitäts-Frage - Seite 2

Qualität ist ein leicht verständlicher Begriff. Doch dahinter steckt ein komplexes Geschehen. Ein runder Tisch zu den Interaktionen von Qualität und Preis, Verbrauchererwartungen, Marke? /? Handelsmarke und Clean Label.

Dienstag, 14. September 2010 - Management
Susanne Klopsch, Dieter Druck

Was signalisiert zusätzlich Qualität? Bio, Clean Label, Regionalität?
Dr. Günther: Bei Bio kommt es mit Sicherheit auf die Warengruppe an. Bei unseren Warengruppen haben wir festgestellt: Bio funktioniert nicht.
Schulte: Das gilt auch für unser Segment. Wir haben es mit Bio ebenso versucht wie mit Light. Aber wir sprechen über ein Genuss-Segment, da stehen Themen wie Gesundheit etc. nicht so im Vordergrund.
Passlat: Bio ist ein Qualitätsversprechen. Wir verwenden nur zertifizierte Rohstoffe. Die Herstellungsmethode ist wie bei konventionellen Produkten. Da muss nach Vertriebsschienen differenziert werden. Wir sind Markführer im Bio-Handel bei den TK-Pizzen. Das ist ein ganz anderer Verbraucher, der geht ganz anders an die Lebensmittel heran.
Günther: Viele Verbraucher wissen gar nicht, was „Bio“ ist bedeutet. Die Erwartungen hinsichtlich einer besseren, wahrnehmbaren Produktqualität werden häufig nicht erfüllt, da die eingesetzten Rohstoffe, die ausschließlich den Anforderungen der Öko-VO entsprechen müssen, nicht unbedingt besser schmecken. Bio hat auch einen Schub durch die Discounter erlebt. Doch diese Käufer haben sich mit Bio an sich und den Hintergründen gar nicht auseinander gesetzt.
Bönsch: Es geht insgesamt wieder mehr rein in die Regionalität. Das ist dem Verbraucher oft wichtiger als Bio, zum Teil unterscheidet er hier gar nicht.

Und was ist mit Clean Label?
Jank: Wir haben erst einmal für uns Kriterien definiert, z. B. die Reduzierung von Transfettsäuren oder Verwendung von natürlichen Aromen.
Schulte: Im Zuge dieses Prozesses hat Kuchenmeister schon sehr weitgehend auf Clean Label umgestellt. Wir werden dies konsequent umsetzen und gegenüber dem Verbraucher kommunizieren.

Wagner wirbt mit dem Sorgfalts-Prinzip. Ist das auch dem Aspekt Qualität geschuldet?
Passlat: Unser Sorgfalts-Prinzip ist ganz klar der Aktualität geschuldet. In unseren Produkten war nie etwas drin, was nicht rein sollte. Heute müssen wir es aber deutlich kommunizieren. Das ist sehr gut angenommen worden. Unsere Marktforschung hat uns gezeigt, dass die Kunden es verstanden haben, Vertrauen haben. Inzwischen haben die ersten Handelsmarken Grundelemente des Sorgfalts-Prinzips aufgegriffen.

Wir haben in diesem Jahr schon mehrere Preisrunden erlebt. Wird nach der Preisschraube jetzt an der Qualitätsschraube gedreht?
Passlat: Der Handel ist für die Verkaufspreise komplett allein zuständig. Wenn er meint, permanent etwas tun zu müssen, dann führt das sicher zu unangenehmen Gesprächen, aber nicht unbedingt dazu, dass man den Einkaufspreis absenkt, nur weil er den Verkaufspreis senkt. Dieses Vorgehen hat nicht zu Mehrkonsum geführt, es hat Werte vernichtet. Aus meiner Sicht ist das ein strategisches Vorgehen eines Aggressors: Der Discount, speziell Aldi, zwingt den Resthandel permanent zur Reaktion.
Schulte: Vor vielen Jahren, als der Auslesewettbewerb im Kuchen-Bereich stattfand, haben wir uns für Qualität entschieden. Deshalb haben wir überlebt. Wir haben sicher nicht die Position im Markt wie Dr. Oetker oder Wagner, aber wir werden nicht an den Qualitäten drehen.
Naujoks: Es gibt sicher auch Lieferanten, für die dieser Vorgang existenzbedrohend ist. Dann wird optimiert. Die ganze Aggressivität im Markt ist nicht gut. Es gibt keinen Mehrumsatz, es bringt nicht mehr Kunden.
Bönsch: Aldi hat sich wieder auf seinen Food-Umsatz besonnen. Er hat die Preisführerschaft, aber keinen Mehrumsatz. Mit Expansion kann er ebenfalls nicht mehr punkten. Der Verbraucher geht jetzt wieder zu seinem Spezialisten. Wir als Vollsortimenter haben keine Probleme. Wir Selbstständigen, gleich von welchem Unternehmen, wir sind derzeit auf dem richtigen Weg.

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Es diskutierten (v.l.): Rüdiger Jank, Leiter Forschung und Entwicklung bei Kuchenmeister, Ulrich Naujoks, Geschäftsführer Dohle Handelsgruppe Service GmbH, Werner Schulte, Geschäftsleitung Marketing Vertrieb bei Kuchenmeister, Norbert Passlat, Leiter Vertrieb Wagner Tiefkühlprodukte, Hans Jürgen Bönsch, Inhaber Böma Lebensmittel Frischemärkte, Dr. Johannes Simons, Marktforschung der Agrar-und Ernährungswirtschaft am Institut für Lebensmittel und Ressourcenökonomik der Universität Bonn, Dr. Claus Günther, Forschung und Entwicklung Hauptabteilungsleiter Nährmittel Dr. August Oetker Nahrungsmittel, Susanne Klopsch und Dieter

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