Wenn die ersten Sonnenstrahlen die Luft erwärmen, ist es für die Deutschen höchste Zeit, die Grills wieder anzuwerfen. „Grillen erfreut sich weiterhin großer Beliebtheit“, zu diesem Ergebnis kam jedenfalls die siebte Wiesenhof Grillstudie. Laut Studie wird Grillen sogar immer beliebter, denn mittlerweile grillt knapp ein Drittel (32 Prozent) sehr oft, was eine Steigerung um 4 Prozent zum Vergleichsjahr 2009 bedeutet. Sommerzeit ist Grillzeit für die Deutschen, und vor allem in den Monaten von Juni bis August ist die Grilllust ungebrochen: Rund 70 Prozent bevorzugen diese Monate für ihr Grillvergnügen. Beliebtestes Grillgut der Deutschen ist trotz der insgesamt negativen Entwicklung Schweinefleisch (2021: 63 Prozent; 2009: 69 Prozent), dicht gefolgt von Geflügel (58 Prozent), das seinen ‧positiven Wachstumstrend weiter fortsetzt (2009: 54 Prozent). Gemüse (50 Prozent) und Rindfleisch (49 Pro‧zent) rangieren auf den weiteren Plätzen. Am häufigsten liegen ganz klassisch weiterhin Fleischstücke wie Steak oder Schnitzel auf dem Rost (78 Prozent), gefolgt von Würstchen (69 Prozent). Insgesamt ist zu erkennen, dass Spieße (2009: 34 Prozent; 2021: 42 Prozent) und Burger (2017: 12 Prozent; 2021: 15 Prozent) immer mehr die Gaumen der Griller erfreuen.
Veggie rückt in den Fokus
Auch vegetarische und vegane Fleischersatzprodukte rücken weiter in den Fokus und kommen mit 13 Prozent fast doppelt so häufig auf den Grill wie noch 2015 (8 Prozent). Insbesondere andere fleischlose Grilloptionen, wie Gemüse (50 Prozent) und Grillkäse (37 Prozent), finden sich immer öfter auf dem heißen Rost wieder. Deutlich mehr als die Hälfte aller Befragten (58 Prozent) verzichtet zumindest manchmal bewusst auf Fleisch, ernährt sich also flexitarisch, vegetarisch oder vegan. Frauen (68 Prozent) sind dabei wesentlich konsequenter im fleischreduzierten Genuss als Männer (50 Prozent). Bei vegetarischem oder veganem Grillgut ist vor allem Gemüse (55 Prozent) ganz hoch im Kurs und besonders bei Flexitariern (64 Prozent) sehr beliebt. Mit deutlichem Abstand folgen dann Fisch (24 Prozent) und vegetarischer oder veganer Grillkäse (19 Prozent).
Sebastian Kühn, geschäftsführender Gesellschafter Eberswalder Wurst & Fleisch, hat beim Grillen eine Vielzahl von Trends ausgemacht: „Schicker, edler, ausgefallener – allein das Schweine-Nackensteak oder die Rostbratwurst reicht vielen Liebhabern nicht mehr. Dabei sollten wir aber nie vergessen: Nicht jeder Mensch sucht das Exklusive und will oder kann es sich leisten.“ Die Kernthemen sind laut Kühn die Herkunft der Ware – hier ist möglichst regionaler Bezug gefragt – und natürlich die Qualität. Sehr stark unterschiedlich sind Kühn zufolge die Wahrnehmungen von Schwein und Rind. Das „anonyme Schweine-Nackensteak“ werde oft nur über den Preis definiert. „Bei Rindfleisch darf es schon ein bisschen ausgewählter sein – bis hin zum Dry Aged mit Preisen von gut 60 Euro oder mehr je Kilogramm“, so Kühn. Er sieht keine unmittelbare Veränderung beim Kundenverhalten durch Corona. „Was wir vermuten, ist, dass nach Ende der Pandemie – und das könnte ja mit dem Start der Grillsaison zusammenfallen – ein Nachholbedarf an Gartenpartys, Grillfesten und Sommerfeeling zu sehen ist“, so Kühn. Auf der anderen Seite wird das Leben durch die Inflation teurer. Kühn: „Menschen haben sich daran gewöhnt, dass Fleisch günstig ist. Nun bleibt die Frage, ob die aufgestaute Urlaubssehnsucht das Budget für gutes Essen aufzehren wird und ‚Geiz ist geil‘ an der Fleischtheke wieder oder weiter überhandnimmt? Das wäre ein weiterer Negativimpuls für uns durch Corona.“
Sonja Vikas, Leitung Kommunikation Unternehmensgruppe des österreichischen Herstellers Marcher Fleischwerke, sieht immer noch den Trend Bratwurst: „Würstel sind der Dauerbrenner. Sie treffen immer den breiten Geschmack der Grillgäste, sind einfach in der Zubereitung und sehr vielseitig im Geschmack. Wir sehen auch einen Trend bei rauchigen Aromen. Diese decken wir mit unseren Berner Würsteln (ein‧gewickelt in rauchigen Speck) ab.“ Tobias Metten, Geschäftsführer der Metten Fleischwaren GmbH & Co. KG, hat beim Grillen das Thema ‧„Regionalität“ als Trend ausgemacht. „Der Erfolg unserer ‚Dicken Sauerländer‘ Rostbratwurst, entgegen dem Markttrend zu wachsen, kann als deutliches Zeichen für die Beliebtheit regionaler Produkte gewertet werden.“ Metten Fleischwaren wird in dieser Grillsaison erstmals eine Bio-Rostbratwurst unter ihrer Marke „Dicke Sauerländer“ anbieten, die das Portfolio mit sieben verschiedenen Bratwurstsorten abrunden wird.
Für das Grillen Zeit nehmen
Fleischsommelier Yannick Meurer, der beim Online-Shop gourmetfleisch.de für Verkauf und Event-Management zuständig ist, hat einen Trend zum Smoker ausgemacht: „Dazu gehören neben Spareribs das Pulled Pork und der Star aus dem original amerikanischen BBQ, das Brisket.“ Dabei hat Fleischsommelier Meurer einen weiteren Trend beobachtet: „Sich Zeit nehmen – das ist bei vielen Grillern mehr und mehr das Motto. Gegrilltes vom Drehspieß ist gerade bei fortgeschrittenen Grillern mehr und mehr beliebt. Dabei ist Picanha nach lateinamerikanischer Churrasco-Art sicherlich ein Highlight-Gericht. Special Cuts vom Rind und Schwein werden immer gefragter.“ Zu seinen Verkaufsbestsellern zur Grillsaison zählt Meurer Steakspezialitäten und Grillklassiker wie Burger, Würstchen und Spareribs. „Gerade bei den Spareribs schätzen die Kunden die große Vielfalt. Wir bieten alle populären Zuschnitte von Baby Back Ribs über Spareribs bis hin zum St. Louis Cut. Dazu unsere Boneless Ribs (ohne Knochen) und die Short Loin Ribs vom Rind.“
Block House konnte schon in der vorhergehenden Saison vom Megatrend Burger profitieren und setzt in der Grillsaison 2022 verstärkt auf seine Burger. „Bereits über die letzten Jahre ist die Nachfrage für unsere TK-Burger-Pattys intensiv gestiegen. Dieser Trend setzt sich weiter fort, insbesondere Markenartikel, die für eine hohe Fleischqualität, regionale und nachhaltige Erzeugnisse stehen, werden bevorzugt gekauft“, sagt Bastian Beie, Geschäftsführer Block Handels GmbH. Seit dem Ende des letzten Jahres habe sich zudem die Nachfrage nach veganen Burger-Alternativen, inklusive veganer Grillprodukte wie Buns, Soßen und Gewürze, erhöht. Bewusst einkaufen und essen seien hier die aktuellen Trends für 2022, so Beie. Der Block House American Burger ist dabei laut Nielsen der meistverkaufte Burger aus dem Tiefkühlsortiment mit einem Marktanteil von 25 Prozent.
Der Hersteller Rügenwalder Mühle setzt mit „Veggie“ auf einen weiteren Trend. „Vegetarische und vegane Grill-Alternativen aus dem Kühlregal erfreuen sich einer wachsenden Beliebtheit. Passend zum Start der Grillsaison 2022 erweitert die Rügenwalder Mühle deshalb ihr Grillsortiment um eine neue Vegane Mühlen Bratwurst“, sagt Claudia Hauschild, Leiterin Unternehmenskommunikation und Nachhaltigkeit bei der Rügenwalder Mühle. Hauschild sieht sich mit ihren Grill‧produkten sehr gut auf dem Markt positioniert. „Wir verzeichnen im V+V-Segment ein deutlich zweistelliges Wachstum im Vergleich zum Vorjahr. Das Gleiche gilt für das Top-Grillsegment Bratwurst, in dem wir uns überdurchschnittlich im Vergleich zum Gesamtmarkt entwickeln.“
Waldemar Wins, Metzgermeister und Leiter der Frischeabteilung Edeka Frischecenter Brüggemeier in Kevelaer:
„Ich bin selbst ein leidenschaftlicher Griller. So kann ich immer die Produkte aus unseren Märkten testen. Die offizielle Grillsaison geht in unseren Märkten meistens Ende März los. In der Grillsaison verkaufen wir viele Steak Cuts. Besonders gut laufen das Flat Iron, Teres Major und der Inside Skirt Cut. Bratwürstchen sind bei uns auch sehr beliebt. Vor allem die mit Käse und Spinat gefüllten Würstchen sind bei uns ein Verkaufsrenner. Besonders begehrt ist unser Grillpaket, das aus 10 oder 20 Grillteilen besteht. Unsere Grillspezialitäten platzieren wir während der Grillsaison immer im Block. Grillen ist für uns ein wichtiger Ansatz für Profilierung und Kundenbindung. Die letzte Grillsaison war gut. Es hat zwar viel geregnet, aber die Kunden haben trotzdem viel gegrillt. Ein Augenmerk unserer Arbeit liegt auf der Schulung: Wenn ein neuer Mitarbeiter startet, bekommt er immer ein Grillpaket, damit er es zu Hause grillen kann. Das ist ganz wie mein Motto: Lesen kann man viel – Fleisch muss man geschmeckt haben. “
Mehr Veggie-Produkte
Den Trend zu Veggie-Produkten beim Grillen kann auch Anja Dilberowic, Marketing Director beim Importhaus Wilms, bestätigen. „Einer der größten Trends des Food-Bereichs ist und bleibt die pflanzliche Ernährung – das sehen wir auch beim Grillen. Auch hier erfreuen sich vegetarische Produkte und Rezeptideen großer Beliebtheit. Sowohl beim Fleisch als auch bei den weiteren Zutaten wird auf die Qualität und Herkunft der Produkte geachtet“, sagt Dilberowic, die vor allem Grillsoßen der Marke Santa Maria vertreibt. Aber auch der Trend zur Region macht vor dem Rost nicht halt, bestätigt Martin Weisslämle, Bereichsleiter Frische und verantwortlich für die Theken bei Hieber’s Frische Center KG. In diesem Jahr hat er für Barbecue-Fans ein Highlight parat: Wagyu-Rind, für Fachleute das „wertvollste Fleisch der Welt“. Das Fleisch bezieht Weisslämle aber aus dem Schwarzwald. Gut laufen laut dem Bereichsleiter Frische regional produzierte Artikel sowie Fleisch vom Sattelschwein und vom Schwarzwaldkalb. „Der Verbraucher orientiert sich an hochwertigen und regionalen Produkten, auch das Thema Bio ist nicht mehr wegzudenken“, sagt Weisslämle, der in der Hauptsaison von Mai bis August 30 bis 40 Prozent der Thekenfläche mit Grillprodukten belegt.
Manfred Müller, Service-Theken-Coach, Dicke Food
„Bei Fleisch liegen die großen Stücke, wie Tomahawk-Steak, im Trend. Außerdem sehe ich immer mehr die US-Cuts vorn. Dry Aged wird ebenfalls immer beliebter. Die größte Nachfrage ist allerdings immer noch bei den Klassikern zu finden: Nackensteak, Entrecote, Rumpsteaks oder auch die verschiedenen Bratwurstsorten. Auch Spieße sind vom Grill nicht mehr wegzudenken: Hier werden verschiedenste Fleischarten mit den unterschiedlichsten Gemüsesorten kombiniert. Spareribs sind aktuell bereits ein Klassiker, trotz der langen Vorbereitungszeit. Viele Kunden wollen immer mehr wissen, wie das Tier gelebt hat. Grillen verbinden die Menschen mit einem Stück Fleisch, wobei Veggie-Produkte sehr aufgeholt haben. Grillen ist nicht mehr auf den Sommer reduziert, man kann dies ganzjährig tun, die Saison ist das ganze Jahr geöffnet. Die Kunden erwarten vom Thekenpersonal eine kompetente Beratung und auch Tipps für die Zubereitung von Fleischgerichten. Daher sollte das Thekenpersonal gut geschult sein und sowohl den Geschmack als auch die Verwendungsmöglichkeiten der Produkte kennen. Es gibt gute Weiterbildungsmöglichkeiten, zum Beispiel die zum Fleischsommelier. Meiner Meinung nach sollte die Story der Produkte in den Mittelpunkt gerückt werden, dann rückt der Preis in den Hintergrund. Ein weiterer Vorschlag: Die Chefs sollten ein Grillevent veranstalten, wo sie alle Mitarbeiter der Frischetheke miteinbeziehen.“
Bratwurst mit neuem Geschmack
„Rindfleisch liegt im Trend, vor allem im gehobenen Segment. Dazu gehört auch Dry Aged Beef“, sagt Thomas Richter, Abteilungsleiter Frische bei Bungert in Wittlich. Außerdem liegen laut Richter alle Cuts im Trend. „Bei den Bratwürsten sehe ich vor allem das Hybridgrillen im Vormarsch, also die Verbindung zwischen Fleisch und Gemüse. Dazu hatten wir vor Kurzem einen Workshop.“ Bratwürste sind laut Richter auch weiterhin angesagt. „Mein Traum ist es, ein Bratwürstchen zu kreieren, das wie ein Hamburger schmeckt.“ Richter ergänzt: „Das klassische Würstchen ist nicht out, aber die Kunden zieht es zu neuen und besonderen Geschmackserlebnissen hin.“
Susanne Grebe, Abteilungsleiterin „Frische“, E-Center Schroff, Kleve
„Grillen ist angesagt. Qualität und Herkunft beim Fleisch stehen bei unseren Kunden ganz oben. Tierwohl/Regional und spezielle Cuts werden bei uns ebenfalls nachgefragt. Ein großer Trend bei uns sind die Grillburger, vor allem der Dry-Age-Burger. Wir verkaufen auch außerhalb der Grillsaison jede Woche 300 Burger-Patties. Wir führen Grillpakete in zwei unterschiedlichen Größen: zehn Grillteile für 9,99 Euro und 20 für 17,99 Euro.
Die Zusammenstellung überlassen wir den Kunden. Zum Thema Grillen gibt es bei uns regelmäßig Schulungen, die ich vornehme. Interessant ist, dass die Kunden immer mehr wissen wollen, wo das Fleisch herkommt, wie die Tiere gelebt haben, wo sie geschlachtet wurden und wie das Fleisch abgereift wurde. Diese Themen werden in Zukunft eine größere Rolle beim Einkauf von Grillspezialitäten spielen. Grillen hat in den vergangenen Jahren deutlich an Qualität gewonnen. Es wurde nicht nur bei der Hardware aufgerüstet, auch die Produkte, die auf den Grill kommen, müssen bei vielen Kunden etwas hermachen. Ein guter Markt muss alle Bedürfnisse abdecken, sonst muss der Kunde noch woanders hingehen, und das wollen wir ja nicht.“