LP-Markttest „Unser täglich Brot“

Wo kauft der Kunde Brot, Brötchen und süße Teilchen? Ist der klassische Handwerks-Bäcker besser als sein Kollege in der Vorkasse oder reicht der „Aufbäcker? Spricht etwas gegen das SB-Regal im Supermarkt? Die Lebensmittel Praxis hat getestet.

Montag, 30. März 2020 - Management
Silvia Schulz
Artikelbild „Unser täglich Brot“
Bildquelle: Reiner Mihr

Die gute Nachricht vorweg: Es gibt sie noch, Bäcker, die den Namen verdienen und nicht nur „Aufbäcker“ sind. Und tatsächlich verstehen es die handwerklichen Bäckereien, Kunden zu überzeugen. Im Test der Lebensmittel Praxis, der wie immer nur eine Momentaufnahme ist, belegen drei lokal bis regional ausgerichtete Bäcker die ersten Plätze.

Kostprobe gefällig?
Leider sind Verkostungsangebote meist Fehlanzeige: In neun von zehn Filialen, die wir besuchen, sind Verkostungen ein Fremdwort. Nur auf der Bedienungstheke bei der Bio Company steht ein Teller mit Brothappen. Der steht allerdings nur so rum und die Mitarbeiter regen Kunden auch nicht an, einfach zu kosten. Schade. Anscheinend ist bis zur Backwarentheke noch nicht ganz durchgedrungen, dass der, der kostet, sich mehr oder weniger verpflichtet fühlt, zu kaufen. Es ist eine Möglichkeit Käufe anzuregen und damit den Umsatz zu steigern.

Generell geht es im aber nicht um den ersten Biss, sondern um den ersten Eindruck, der über Kauf oder Nicht-Kauf entscheidet. Erstaunlich ist hier die große Bandbreite in unserer Stichprobe. Der Brotgarten in Kassel kann nicht überzeugen. Die vergebenen Punkte reichen nicht einmal für 50 Prozent. Bäcker Dreißig und die Bio Company dagegen gewinnen die Testkunden für sich. Für den ersten Eindruck gibt es 88 Prozent. Bis auf den Punkt Verkostung überzeugt Bäcker Dreißig aus Guben im Brandenburgischen bei allen anderen Kriterien. Allein die Aufenthaltsqualität lässt Kundenherzen höherschlagen. Ähnlich überzeugend finden die Tester die Bäckertheke der Bio Company. Lediglich für die Präsenz der Kuchentheke gibt es Abzug. Bei Steinecke steht ein Abräumwagen neben dem Bistrotisch und da bleibt er auch. Ist dort womöglich sein Parkplatz?

Und noch etwas bemerken die Tester: Hinter der Bäckertheke der Bio Company tummeln sich bis zu fünf Mitarbeiter. Warum? Letztlich verzeichnen in dieser Rubrik die besuchten zehn Objekte im Durchschnitt 73,5 Prozent der möglichen Punkte. Das ist weniger optimal und es könnte den ein oder anderen Kunden auch vom Wiederkauf abhalten.

Berufskleidung am PoS ist das „Kostüm“ des Personals. Die Mitarbeiter ziehen es an und betreten ihre Bühne, den Bedienungsbereich. In allen Bäckereien ist es selbstverständlich, Dienstkleidung zu tragen. Schade nur, wenn wie im Brotgarten bei denn‘s ein Mitarbeiter (Annahme der Tester) hinter der Theke agiert und zivil gekleidet ist. Was macht der dort? Es bleibt unklar.

Kleider machen Leute
Zur Berufskleidung gehört das Namensschild, jedenfalls in sieben der zehn besuchten Bäckereien. Bei Dreißig, Heider und Steinecke gehört es nicht zum Mitarbeiter-Outfit. Zumindest nicht in den besuchten Filialen und nicht an diesem Tag. Schade, denn ein Namensschild bringt die Kundenansprache schnell von der anonymen Ebene auf eine menschliche.

Bäcker Fahland und der Schwälmer Brotladen belegen in der Kategorie „Personelles“ die Spitze. Die Tester vergeben die maximale Punktzahl. Da ist es nur logisch, dass diese Rubrik bezüglich des Durchschnittswertes herausragt. Und das obwohl die Tester für die Einkaufsempfehlung in drei Fällen nur „mit Einschränkung“ und bei der Kundenzuwendung bei zwei Bäckereien nur „mit Einschränkung“ bewerten.

Zeit ist nicht alles
In der Rubrik „Technisches“ geht es um die Zeit, die der Käufer an der Brottheke zubringt. Bei Bäcker Fahland und Heider geht es ohne Wartezeit. In fünf weiteren Bäckereien liegen die Wartezeiten unter 90 Sekunden. Auch gut, denn alles was darüber hinaus geht, kann der Kunde – wie die Hirnforschung belegt – nicht mehr objektiv einschätzen. Dann können zwei Minuten schnell zu einer gefühlten Ewigkeit werden. So erlebt an der Bäckertheke der Bio Company, im Brotgarten und im Schwälmer Brotladen.
Zu diesem Kriterium zählen weitere Details. Zum Beispiel, wie hygienisch mit Ware und Geld umgegangen wird. In den Bäckereien K+U, Pflücker, Dreißig, Fahland und Steinecke sowie bei der Bio Company sind die Tester überaus zufrieden. Es gibt strikte Regelungen. Bei Bäcker Dreißig werden prinzipiell Handschuhe getragen und wenn es um den Warenzugriff geht, kommt noch ein Handschuh drüber. Bei anderen werden Handschuhe übergestreift oder es kommen Zangen und andere Greifwerkzeuge zum Einsatz. Das überzeugt.

Beim Darmstädter, im Brotgarten, Schwälmer und bei Heider geht es nicht ganz so stringent zu - mal mit und mal ohne. Bei der K+U Bäckerei wird beim Bedienen ein Handschuh getragen, beim Ordnen der Ware nicht. Hier ist das Thekentraining anscheinend noch nicht abgeschlossen.

In puncto Verpackung haben die Tester zwei Dinge registriert. Bei Dreißig kommt das geschnittene Brot zuerst in eine Plastiktüte und danach in eine Papiertüte. Warum eine doppelte Hülle? Bei der Bio Company fallen uns die Mehrwegkaffeebecher auf. Das ist ein guter Ansatz. Noch besser wäre natürlich ein Mehrweg-Kaffeebechersystem, das firmenübergreifend aufgestellt ist. Das Ergebnis: Bäcker Pflücker bei Tegut erhält 92 Prozent und der Brotgarten bei denn‘s bildet mit 31 Prozent das Schlusslicht.

Kommunikation ist (fast) alles
Die Königsklasse für Verkäufer*innen ist der Kundenkontakt. Es geht um die persönliche Ansprache und eine freundliche, kompetente Beratung in angenehmer Verkaufsatmosphäre. Wird nur stoisch bedient, erfährt der Kunde das Plus eines Fachgeschäfts nicht. Stimmt die Chemie zwischen Kunde und Personal, erhöht das nicht nur die Glaubwürdigkeit, sondern man gewinnt auch Stammkunden. Aktives Verkaufen ist Grundvoraussetzung.

Daher ist es lobenswert, wenn wie die Verkäuferin bei Bäcker Dreißig auf die Treue-Karte hinweist, das Prozedere erklärt und sie auch gleich gestempelt dem Kunden übergibt. Bäcker Fahland bietet einen Kaffee(s)pass an. Die Karten liegen aus, aber keine Mitarbeiterin fragt Kunden, ob sie bereits eine Karte besitzen beziehungsweise wünschen. Der Darmstädter schafft es in dieser Rubrik auf einhundert Prozent der möglichen Punkte. Das ist Spitze. Auch Bäcker Pflücker bewerten die Tester besser als „Standard“. In sieben von zehn Fällen bekommen sie eine Dankeschön für ihren Einkauf. Das kommt an. Nur bei der K+U Bäckerei stufen die Tester den Kundenkontakt als „verbesserungswürdig“ ein. Sie fühlen sich irgendwie abgefertigt, es wirkt alles wie auswendig gelernt und abgespult. Die positive Haltung fehlt, denn erst die erzeugt auch Handlung. Die Testkäufer verlassen neun der zehn Bäckereien mit einem guten Gefühl.

Emotionale Kompetenz schlägt die fachliche. Aber zu (fast) jedem Test gehört eine Fachfrage. Dieses Mal wollen wir wissen, ob es vegane Brötchen gibt und welche das sind. Bei einigen herrscht Ratlosigkeit, andere antworten kurz: „haben wir nicht“. Bei Heider folgt noch der Tipp, es im Reformhaus zu versuchen. Im Brotgarten und bei Steinecke lautet die Antwort: „alle Brötchen sind vegan“. Gut erklärt haben es die Mitarbeiter bei Bäcker Fahland (mit Hinweis auf die Symbole auf den Warenschildern). Bei der Bio Company heißt es: „die süßen sind meist nicht vegan“. Und weiter: „wenn Sie es nicht ganz so eng sehen, ist auch das Hasenbrötchen vegan. Es ist ohne Ei und Milch, aber mit Honig.“

Hohe Anforderungen
Eine Bäckerei ist ein Handwerksbetrieb. Hier erwartet der Kunde hochwertige Ware, persönlichen Kontakt und kompetente Beratung. In den besuchten Bäckereien sind Warenpräsentation, Hygiene, Sauberkeit und Ordnung auf hohem Niveau. Warte- und Bedienzeiten sowie der Umgang mit der Ware sind gut bis sehr gut. Auch ist das Verkaufspersonal in allen Bäckereien auf Zack, freundlich und aufmerksam. Dennoch haben sie nicht alle die Lizenz zum „Kundenpfleger“. Auch in puncto Fachkompetenz ist noch etwas Luft nach oben.

Hier wurde getestet:

  • Bio Company Gutenbergstraße 20–22 in 14467 Potsdam
  • Bäckerei Dreißig Goethestr. 15 in 15738 Zeuthen
  • Bäckerei Fahland Lindenstr.52/Brandenburger Str. 60a in 14467 Potsdam
  • Feinbäckerei Heider/Edeka Dorfstr. 14 in 15738 Zeuthen
  • Steinecke’s Heidebrot/Netto Großbeerenstr. 135 in 14482 Potsdam
  • Bäckerei Darmstädter Darmstädter Straße 32 in 64521 Groß-Gerau
  • K+U/Edeka Boßler, Berzallee 16, 64569 Nauheim
  • Brotgarten Vollkornbäckerei/denn’s Königsplatz 53, 34117 Kassel
  • Schwälmer Brotladen Königsplatz 61, im City-Point, 34117 Kassel
  • Bäcker Pflücker/Tegut Wilhelmshöher Allee 89 in 34121 Kassel

Das wurde getestet
Optisches: Ordnung, Sauberkeit, Warenpräsentation, Struktur, Übersicht, Erfassbarkeit, Frische, Appetitlichkeit, Hygiene, Beschilderung, Warenfülle, Verkostung, Höchstmögliche Punktzahl: 17
Personelles: Berufskleidung, Namensschilder, Erscheinungsbild, Organisation, Privatgespräche, Kundenansprache, Höchstmögliche Punktzahl: 13
Technisches: Wartezeit, Bedienzeit, Gesamtzeit, Mehrverkauf, Warenumgang, Warenzugriff, Warenverpackung,
Höchstmögliche Punktzahl: 17
Verkäuferisches: Begrüßung, Blickkontakt, Aufmerksamkeit, Mimik, Gestik, Körpersprache, Bestellbestätigung, Nachfrage, Hinweise, Dank, Verabschiedung, Höchstmögliche Punktzahl: 13

Die erreichte Punktzahl wird dann in Prozente umgerechnet. So ist der Grad der Soll-Erfüllung deutlich.

Das Ergebnis
1. Dreißig .................................... 90,0 %
2. Darmstädter .........................  86,7 %
3. Fahland ................................... 86,7 %
4. Pflücker/Tegut .....................  83,3 %
5. K+U/E-Boßler .......................  76,7 %
6. Heider/E-Bongisch .............  75,0 %
7. Schwälmer Brotladen .........  75,0 %
8. Bio Company ........................  73,3 %
9. Steinecke/Netto ...................  70,0 %
10. Brotgarten/denn‘s .............  55,0 %