Trend 2011 Stimmung gut!

So gut war die Einschätzung noch nie. Die jährliche Konjunkturumfrage der LEBENSMITTEL PRAXIS im Handel zeigt ein überaus positives Bild. Die Krise scheint überwunden, der private Konsum zieht weiter an – Optimismus ist angesagt.

Donnerstag, 13. Januar 2011 - Strategie
Reiner Mihr
Artikelbild Stimmung gut!
Bildquelle: iStock Photo

Die Zeichen stehen gut. Deutschland ist besser durch die Krise gekommen als die meisten anderen Länder Europas und der Welt. Die Verbraucher konsumieren noch zu Weihnachten 2010 als ginge sie Finanzkrise, Euroschwäche oder Staats-Defizite nichts an. Von Krise ist keine Rede mehr. Und es könnte 2011 so weitergehen.

{tab=LP-Trendumfrage}

Das beschäftigt den Handel (PDF)
Umsatzerwartungen des LEH im Jahresvergleich (PDF)
Die Sortiment-Favoriten (PDF)

Der private Verbrauch in Deutschland wird nämlich nach Einschätzung des Nürnberger Marktforschungsunternehmens GfK im Jahr 2011 doppelt so stark steigen wie 2010. „Wir gehen davon aus, dass sich der Konsum im nächsten Jahr mit plus 1 Prozent entwickeln wird", sagte GfK-Chef Klaus Wübbenhorst noch vor Weihnachten. Alle Voraussetzungen seien deutlich besser als vor einem Jahr. Ende 2009 war die Stimmung nämlich wesentlich gedrückter. Im Jahresverlauf lief allerdings vieles besser als zu erwarten gewesen wäre. Der Export sprang wieder an, die Arbeitslosigkeit ging von Monat zu Monat zurück, Kurzarbeit wurde verlängert und somit behielten viele Menschen Arbeit und Einkommen. So hat sich die Wirtschaft Schritt für Schritt erholt und und in ihrem Schlepptau auch der Konsum positiv entwickelt, so die GfK.

Diese Situation wird nach Einschätzung der Marktforscher in Deutschland auch so bleiben, obwohl die Weltwirtschaft langsamer wächst als erwartet. „Momentan sieht es danach aus, dass nach einem sehr guten Wachstum in diesem Jahr die deutsche Wirtschaft auch im nächsten Jahr weiter wächst", sagt Wübbenhorst. Dies wiederum würde den Konsum als zweite Säule neben dem Export weiter stärken.

Auch das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) sieht gute Chancen für eine Fortsetzung des Aufschwungs in Deutschland. Jedenfalls sieht das Institut für 2010 einen Anstieg des realen Bruttoinlandsproduktes von 3,7 Prozent. Und für 2011 wird unverändert ein Wachstum von 2,5 Prozent erwartet. Die privaten Konsumausgaben würden um 0,5 im laufenden und um 1,5 Prozent im kommenden Jahr steigen, so die optimistische Annahme der Hamburger.

Das Wachstum wird aller Voraussicht nach also weitergehen und damit auch den Konsum ankurbeln. Relativ neu ist, dass trotz aller Impulse vom Welthandel die künftige Entwicklung wesentlich von der Binnenwirtschaft bestimmt werde, meint das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH). Diese Einschätzung teilt natürlich auch Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle: „Der Aufschwung wird jetzt zum größten Teil von der Binnenkonjunktur getragen." Unstrittig ist, dass die Lage auf dem Arbeitsmarkt für mehr Beschäftigungssicherheit sorgt, was wiederum die Konsumausgaben der Haushalte erhöhen dürfte.


Natürlich bestehen auch Unwägbarkeiten für 2011. Schuldenkrisen in Griechenland, Irland und vielleicht noch in anderen europäischen Staaten könnten dem Export zu schaffen machen und werden auch die Konsumenten nicht unbeeindruckt lassen. Die deutsche Schuldenlast ist nach wie vor knackig und bedarf der weiteren Reduzierung. Aber dafür ist in einem „guten" Jahr natürlich beste Gelegenheit. Anziehende Rohstoffpreise und damit insgesamt höhere Preise könnten die Konsumlaune dann allerdings auch nachhaltiger beeinflussen als Krisen in anderen Ländern.

Den Handel hat das im Herbst 2010 jedenfalls alles nicht beeindruckt. Hier überwiegen Optimismus und gute Laune. Und zwar so stark wie schon seit Jahren nicht mehr. Da kann man fast schon von Euphorie sprechen. Die Erwartungen des Handels an 2011 sind so hoch wie noch in keinem Jahr dieses Jahrhunderts. Der Indexwert, der diese Erwartungen als Summe von positiven und negativen Umsatzerwartungen widerspiegelt, liegt in diesem Jahr bei + 50! Noch vor einem Jahr lag er klar im zweistelligen Minusbereich (siehe Grafik). Dabei bleiben die Probleme natürlich bestehen. Kostendruck, Preiskampf, Wettbewerb sind nun mal nicht plötzlich verschwunden.

Dafür soll aber auch wieder investiert werden: Die Modernisierung der Läden, Investitionen in energiesparende Gebäude- und Ladentechnik, Licht und Kühleinrichtungen stehen bei den von uns befragten Händlern ganz oben auf der Agenda.

Bei den Erwartungen an die Umsätze in den verschiedenen Warengruppen liegt wie im Vorjahr Obst und Gemüse ganz vorne. Auf Platz 2 und 3 haben Alkoholfreie Getränke und Tiefkühlkost die Plätze getauscht. Bioprodukte sind weiter abgerutscht (noch Platz 6) – aber das dürfte auch ein Ausdruck von Normalität sein. Dafür sind Wellness-Artikel und Milchfrischprodukte weiter nach vorne gerutscht. Stärker in den Fokus rücken Fisch und Fischerzeugnisse sowie Feinkost und Delikatessen, die im Ranking die größte Bewegung nach oben hatten.

Weniger im Fokus der befragten Händler stehen alle Produktgruppen, die von manchen als politisch weniger korrekt angesehen werden: Tabak, Alkoholische Getränke, Süßes, Kalorienreiches.

{tab=Zur Methode der Befragung}

Die LEBENSMITTEL PRAXIS hat Mitte bis Ende November des vergangenen Jahres erneut ausgewählte Führungskräfte im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel zu ihren Erwartungen für das Jahr 2011 befragt. Gleichzeitig wollte die Redaktion auch die vermutlich chancenreichsten Sortimente für das Jahr wissen.

Zu diesem Zeitpunkt wurde immer deutlicher, dass Deutschland die globale Wirtschaftskrise besser als andere überstehen würde. Am Arbeitsmarkt setzte sich die Erholung weiter fort. Somit gewann auch der private Konsum zunehmend an Fahrt.
Rund 1.000 Fragebögen wurden für die Trendumfrage der LEBENSMITTEL PRAXIS verschickt. Die Rücklaufquote lag bei knapp über 70 Prozent. Die Redaktion bedankt sich bei allen, die teilweise schon seit vielen Jahren an dieser Befragung teilnehmen.

Das könnte Sie auch interessieren