Resistente Keime Nichts wirkt mehr - 1.619 t Antibiotika

Die Zahl Antibiotika-resistenter Keime nimmt stetig zu und bedroht Mensch und Tier. Die Weltgesundheitsorganisation, Forschung und Wissenschaft warnen.

Freitag, 27. Juni 2014 - Management
Christina Steinheuer
Artikelbild Nichts wirkt mehr - 1.619 t Antibiotika
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2012 wurden in Deutschland 1.619 t Antibiotika an Tierärzte abgegeben, 87 t weniger als 2011. Zugenommen hat hingegen die Verwendung von Wirkstoffen, die eigentlich nur als Reserve gelten, wenn normale Antibiotika bereits nicht mehr wirken. Diese Wirkstoff-Klasse der Fluorchinolone nahm um 2 auf 10 t zu. Es handelt sich um Stoffe, die auch bei Menschen als Reserve-Antibiotika für schwere Fälle verwendet werden.

Antibiotika dürfen laut Arzneimittelgesetz nur zur Behandlung kranker Tiere eingesetzt werden. Als Wachstumsförderer oder um hygienebedingte Krankheiten zu überdecken, sind sie verboten. In großen Mastanlagen mit tausenden Tieren werden Arzneien jedoch meist nicht einzeln, Tier-individuell, verabreicht, sondern an Gruppen oder gar ganze Tierbestände gegeben. Laut einer Studie der Tierärztlichen Hochschule Hannover sowie der Uni Leipzig erhält ein Masthähnchen in Deutschland durchschnittlich an 10 seiner 39 Lebenstage Antibiotika . Ein Schwein werde während seiner 115-tägigen Mast an im Schnitt 4 Tagen mit einem antibiotischen Wirkstoff behandelt. Bei den Kälbern erhält jedes dritte Tier pro Jahr eine Behandlung von drei Tagen.

Seit 1. April gelten schärfere Regeln: Landwirte müssen nun alle sechs Monate für Hühner, Puten, Schweine und Rinder melden, welche Stoffe und Arzneien sie wie vielen Tieren in welchen Mengen und über welchen Zeitraum verabreicht haben. Registriert wird der Zahlenberg in einer bundesweiten Datenbank. Liegt eine Mastanlage verglichen mit gleichen Betriebstypen im oberen Viertel, muss künftig gegengesteuert werden. Das kann Hygienemaßnahmen, bauliche Gegebenheiten oder eben auch die Abgabe von Arzneien und Antibiotika betreffen.

Belgischer Plan

Die belgische Tierhaltung will mittels eines 10-Punkte-Plans , den das Wissenszentrum „Antimicrobial Consumption and Resistance in Animals“ (AMCRA) jetzt verabschiedet hat, den Antibiotikaeinsatz deutlich senken. Die AMCRA-Initiative findet Unterstützung bei Veterinären, Agrarorganisationen, Mischfutterherstellern, der Pharmabranche sowie wissenschaftlichen Gremien. René Maillard , Manager von Belgian Meat Office in Brüssel, wertet den Plan als wichtigen belgischen Beitrag zur internationalen Bekämpfung von Antibiotikaresistenzen. Belpork, Standardgeber des belgischen Certus-Prüfsiegels für Schweinefleisch, erfasst die Therapiehäufigkeitsdaten seit Januar digital.

  • 50 Prozent weniger Antibiotika bis 2020
  • 75 Prozent weniger kritisch eingestufte, wichtige Antibiotika bis 2020
  • 50 Prozent weniger Antibiotika in Futtermischungen bis 2017
  • Aufbau flächendeckenden Datensammelsystems auch für Geflügel, Fleischkälber, Rinder bis 2016
  • betriebsindividuelle Pläne erstellen
  • Benchmark (Viehhalter/Veterinäre)
  • keine antibiotischen Prophylaxe-Therapien mehr
  • permanente Sensibilisierung
  • Transparenz/Kontrolle bei Antibiotika-Lieferanten und -nutzern
  • Monitoring Antibiotika-Resistenz