Interwiev mit Rainer Utz und Jens Schröder Der Laden soll im Dorf bleiben - Anlaufzeit für Dorfläden

Dorfläden sind eine Spezies für sich und stellen besondere Anforderungen an die Vorstufe. Ein Plädoyer für die „Kleinen“ von zwei Kennern der Nahversorger-Szene.

Freitag, 06. Juni 2014 - Management
Dieter Druck
Artikelbild Der Laden soll im Dorf bleiben - Anlaufzeit für  Dorfläden
Der Dorfladen bietet die ideale Vertrauensbasis für regionale
Produkte.“ 
Jens Schröder
Bildquelle: Belz

Was müssen die Betreiber mitbringen?
In erster Linie Wille und Leistungsbereitschaft. Unabdinglich ist dabei die Vernetzung des Betreibers mit dem Ort und den Einwohnern z. B. durch Malwettbewerbe, Initiative beim Dorffest sowie eine aktive Geschäftspolitik.

Die Discounter sind überall präsent. Muss oder kann kann man als Dorfladen hier preislich mithalten?
Utz: Die von uns belieferten Läden unterscheiden sich durch differenzierende, auf den jeweiligen Standort abgestimmte Sortimente und führen meist andere, bedarfsgerechte Gebindegrößen. Ich behaupte, dass die Kunden deshalb bei uns nicht impulsgetrieben kaufen, man denke nur an die Nonfood-Aktionen der Discounter, sondern wie gesagt bedarfsgerechter und damit unterm Strich günstiger.

Aber der Kunde findet doch auch das Discountpreisniveau, abgebildet durch die Markant-Eigenmarke ’Jeden Tag’.
Utz: Dieser Sortimentsbestandteil wurde 2013 für preissensible Kunden eingeführt. Je nach Laden bewegt sich die Angebotsbreite zwischen 50 bis 100 Artikeln bei einer üblichen Gesamtzahl von 2.000 bis 2.500 Artikeln. Bei den Dorfladen-Kunden überwiegen dennoch die Marken- und Qualitätsbewussten, nicht die Schnäppchenjäger. Ansonsten ist der Erfolg der Eigenmarke stark abhängig vom Standort und vom Engagement des Händlers.

Welche Rolle spielen Produkte aus der Region?
Schröder: Sie zählen unverändert zu den Wachstumssegmenten, wobei wir in unserem Großhandelssortimenten schon regionale Marken wie z. B. Omira oder Lisa’s Kesselchips führen. Und natürlich ist bei einer Vielzahl von Frischeprodukten der regionale Bezug zunehmend wichtig. Der Dorfladen bietet hierzu die passende Vertrauensbasis, denn er ist ja mit der Region verwurzelt.

Welche Serviceangebote lohnen sich?
Post- und Paketstationen sind weit verbreitet und bringen Frequenz. Toto-Lotto ist ebenfalls empfehlenswert. Telekommunikationsdienstleistungen etc. eignen sich für stark frequentierte Standorte. Auch ein Apothekenterminal für die Aufgabe von Arzneirezepten in Verbindung mit der Auslieferung über eine Versandapotheke ist ein Instrument zur Kundenbindung.

Wie steht es mit dem Außer-Haus-Verzehr und kann der Dorfladen an diesem Trend partizipieren?
Dieser Aspekt gewinnt eindeutig an Bedeutung, insbesondere das Frühstück auf dem Weg zur Arbeit. Das wiederum erfordert frühe Öffnungszeiten ab 6 Uhr. Ebenso bringen Heißgetränke und Stehcafé zusätzliche Frequenz und Ertrag. Standorte an frequentierten Durchgangsstraßen mit ausreichend Parkraum sind hier vor allem gefragt.

Wie sind die Perspektiven derzeit?
Utz: Wir gehen davon aus, dass die Zahl der Standorte durch maßgeschneiderte Angebote zumindest gehalten wird. Derzeit geht bei uns wöchentlich mindestens eine Anfrage ein, und allein im Allgäu werden aktuell drei Projekte vorangetrieben. Aber wir sondieren die Lage sehr genau und raten gegebenenfalls von Standorten ab.

Wird sich der Online-Handel Ihrer Meinung nach über kurz oder lang auf die Nahversorgung auswirken?
Wir denken nicht. Einerseits ist der Dorfladen in der Regel nicht nur Einkaufsstätte, sondern auch Treff- und Kommunikationspunkt. Anderseits ist für die Versorgung mit Frischware im ländlichen Raum die logistische Hürde sehr hoch. Die wird nach unserer Einschätzung der Online-Handel in absehbarer Zeit nicht so leicht überwinden können.

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Bild öffnen „Für den Online-Handel mit Frischeangebot ist die logistische
Hürde im ländlichen Raum sehr hoch.“
Rainer Utz
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Produkte.“ 
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