Ladendiebstahl ist ein weit verbreitetes Phänomen. Auf 3,8 Mrd. Euro summieren sich die Inventurdifferenzen im Handel jährlich: Etwa 1,9 Mrd. Euro (51 Prozent) gehen laut EHI auf das Konto von diebischen Kunden. Neben der technischen Prävention durch Sicherungssysteme an der Ware, oder eine Überwachung per Video, um potenzielle Ladendiebe abzuschrecken, können aufmerksame Mitarbeiter oder Ladendetektive den Schaden durch Langfinger wenigstens etwas minimieren. Doch was muss ein Ladendetektiv, was muss ein Mitarbeiter beachten, wenn er glaubt, einen Kunden beim Diebstahl beobachtet zu haben?
Generell gilt: Jeder Diebstahl muss vom Ladendetektiv, vom Mitarbeiter bewiesen werden. Ein Kunde benimmt sich auffällig, schaut sich immer wieder um, während er sich einem Regal mit hochwertigen Produkten nähert – es kann durchaus sein, dass er gleich zum Dieb wird. Doch das lässt sich nicht beweisen. Aus Beweisgründen rät daher etwa der HDE, mit dem Ansprechen des Kundens solange zu warten, bis dieser die Ware so an sich genommen hat (etwa in eine Jackentasche gesteckt hat oder unter seiner Kleidung verbirgt), sodass kein anderer mehr ungehinderten Zugriff darauf hat. Juristen nennen das einen (vollendeten) Gewahrsamsbruch, ohne den es nach dem Gesetz keinen Diebstahl gibt. Der Mitarbeiter, der Ladendetektiv muss also nicht grundsätzlich warten, bis der Kunde die Kasse passiert hat, um zu reagieren. Die Beweislage ist für den Händler aber eindeutig, wenn der Kunde erst nach dem Passieren der Kasse angesprochen wird und die Ware nicht bezahlt wurde.
Das Ansprechen des Kunden: „Wenn Sie sich sicher sind, dass der Kunde gestohlen hat, sollten Sie ihn ruhig und sachlich bitten, Ihnen ’zur Klärung einer Unstimmigkeit’ in das Büro zu folgen“, rät der HDE in der Broschüre „Ladendieb entdeckt – was tun?“. Das Wort Diebstahl sei grundsätzlich zu vermeiden, um ehrliche Kunden, die versehentlich angesprochen wurden, vor Bloßstellung zu schützen und den Mitarbeiter, der sich um diese Angelegenheit kümmert, vor einer Anzeige wegen Beleidigung oder übler Nachrede zu bewahren. Weist sich der Kunde an Ort und Stelle aus und gibt die eingesteckte Ware sofort zurück, kann er laut HDE nicht gezwungen werden, in die Verwaltungsräume mitzukommen. „Weigert sich der Täter, Ihnen zu folgen, muss er die Überprüfung des Ausweises auf Gültigkeit und die Aufnahme der Personalien für die Diebstahlsanzeige an Ort und Stelle dulden“, so der HDE. Grundsätzlich rät der HDE von einem Vieraugengespräch mit dem betroffenen Kunden ab: Z iehen Sie aus Beweisgründen Zeugen hinzu. Ist die verdächtige Person eine Frau, bitten Sie eine Mitarbeiterin dazu.
Leibesvisitation und Taschenkontrolle: Weigert sich der Tatverdächtige, die Ware zurückzugeben, erlaubt die sogenannte Selbsthilfe, ihm diese wieder abzunehmen. Nicht erlaubt ist die Leibesvisitation: „Körperliche Durchsuchungen sind grundsätzlich nur von der Polizei durchzuführen“, so der HDE. Die Taschenkontrolle ist nur mit ausdrücklichem Einverständnis des Kunden erlaubt. Achtung: Der Detektiv hat keine weitergehenden Rechte als Marktleiter oder Mitarbeiter – er ist keine Amtsperson!
Vorläufige Festnahme: Weist sich der mutmaßlich Dieb an Ort und Stelle nicht direkt aus, ist seine Identität trotz Ausweispapieren nicht eindeutig feststellbar, weigert er sich, mitzukommen oder versucht zu flüchten, erlaubt das Gesetz die vorläufige Festnahme der Person (§ 127 Strafprozessordnung). Dem Betreffenden muss dabei ausdrücklich gesagt werden, dass er vorläufig festgenommen wurde und warum. Nun gilt es, unverzüglich die Polizei zu rufen – der mutmaßliche Täter darf keineswegs länger als nötig festgehalten werden. Juristisch wäre dies dann möglicherweise eine Freiheitsberaubung. Der HDE empfiehlt zudem, die Polizei hinzuziehen, wenn der Verdächtige nicht allein gewesen ist oder der Wert des möglichen Diebesgut sehr hoch. Bei strafunmündigen Kindern unter 14 Jahren ist es unter den Juristen umstritten, ob diese ebenfalls vorläufig festgenommen werden können: Daher rät der HDE, wenn Sie deren Identität oder das Elternhaus ermitteln wollen, lieber die Polizei zu rufen.
Protokoll: Wenn auf die Einschaltung der Polizei verzichtet werden kann, dann rät der HDE, für die Aufnahme der Anzeige ein sogenanntes Ladendiebstahls-Protokoll zu verwenden. Denn liegt der Wert des gestohlenen Gutes unter 50 Euro, wird die Tat normalerweise nur auf Antrag des Bestohlenen verfolgt. Im Protokoll wird der genaue Hergang des angezeigten Diebstahls erfasst, Zeugen müssen Anschrift, Geburtsdatum etc. angeben. Das Formular sollte anschließend so schnell wie möglich bei der zuständigen Polizeidienststelle eingereicht werden. Formular-Vorlagen gibt es für HDE-Mitglieder beim HDE.
Fangprämie: Sie ist nach Ansicht von Juristen in der Höhe zwischen 25 und 50 Euro zulässig.
Hausverbot: Den Verdächtigen darf ein Hausverbot erteilt werden (meist zwischen 1 oder 2 Jahren).