Warenverkaufskunde Naturkosmetik

Kosmetik und Körperpflegeprodukte auf Basis natürlicher Rohstoffe sind gefragter denn je. Was steckt drin, und welche Siegel garantieren echte Naturkosmetik? Ein Überblick.

Donnerstag, 26. April 2018 -
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Bildquelle: Gettyimages
Natürliche Wirkung

Natur- und naturnahe Kosmetik zählen seit Jahren zu den Wachstumstreibern für Schönheitspflege. Welche Kriterien die Produkte erfüllen müssen und worin sich die Zertifizierungen unterscheiden.

Cremes, Bodylotions und Make-up der Kategorie Naturkosmetik landen immer häufiger in den Einkaufskörben der Bundesbürger. 1,2 Milliarden Euro gaben die Bundesbürger 2017 für zertifizierte Naturkosmetik aus, so Branchen-Expertin Elfriede Dambacher, Inhaberin Naturkosmetikkonzepte. Der Absatz legte um 8 Prozent zu. Damit ist Deutschland nach wie vor der europaweit wichtigste Markt für grüne Schönheitsmittel.

Zurückzuführen ist das Wachstum vor allem auf die breitere Verfügbarkeit und Ausdehnung der Angebote im konventionellen Lebensmittel-Einzelhandel (LEH) sowie Discountern, über die neue Käufer gewonnen werden konnten. Allergien, beispielsweise auf synthetische Inhaltsstoffe, die bewusste Entscheidung gegen Tierversuche in der Entwicklung und Produktion von Kosmetika sowie der allgemeine Trend zum nachhaltigen Konsum sind weitere Gründe für die seit Jahren beflügelte Nachfrage.

Was genau zeichnet Naturkosmetik jedoch im Vergleich zu konventionellen Produkten aus? Und worin unterscheiden sich die Produkte von naturnaher und Bio-Kosmetik? Fragen, die im Handel oft gestellt werden, aber nicht in zwei Sätzen zu beantworten sind. Hierzu muss man zunächst wissen: Bisher sind die Begriffe Bio- oder Naturkosmetik weder rechtlich definiert noch geschützt. Eine Reihe von Zertifizierungs-Standards bieten eine Orientierung für den Verbraucher, unterscheiden sich aber inhaltlich.

Unterschiedliche Anforderungen
Unter naturnaher Kosmetik sind Pflanzenkosmetika und „frei von“- Produkte zu verstehen, die auf eine Reihe herkömmlich eingesetzter synthetischer Roh- und Hilfsstoffe verzichten und verstärkt auf pflanzliche Inhaltsstoffe setzen. Für sie gibt es jedoch keine Mindeststandards.

Für „echte“, also zertifizierte Naturkosmetik gilt: Die Hersteller beschränken sich auf ein enges Spektrum an Roh-, Hilfs- und Wirkstoffen sowie spezielle Verarbeitungsverfahren. Viele in konventionellen Produkten gängige Inhaltsstoffe werden ausgeschlossen (insbesondere synthetische Farb- und Duftstoffe sowie Silikone, Paraffine und andere Erdölprodukte, zudem Konservierungsstoffe wie Parabene). Tabu sind bei den meisten Zertifizierungs-Labels zudem Gentechnik und ionisierte Strahlung. Tierversuche zu kosmetischen Zwecken sind in der EU seit 2013 generell verboten, das heißt auch für die konventionellen Produkte und Rohstoffe. In veganen Kosmetikprodukten wird darüber hinaus auf jegliche tierische Ausgangsstoffe wie Honig, Milch, Fette und Collagen verzichtet.

Zum Einsatz kommen Inhaltsstoffe pflanzlicher, teilweise auch mineralischer und tierischer Herkunft. Die mengenmäßig wichtigsten Inhaltsstoffe sind Öle, Fette und Wachse wie Olivenöl, Sheabutter, Arganöl oder Bienenwachs. Kräuterextrakte und Blütenwässer oder ätherische Öle und Aromen werden zudem verwendet. Je nach Zertifizierungsstandard müssen die pflanzlichen Rohstoffe zu einem bestimmten Mindestanteil aus kontrolliertem Bio-Anbau oder Wildsammlung stammen.

Herausfordernde Produktion
Im Fokus der Produktentwicklung von Naturkosmetikprodukten stehen statt chemischer Inhaltsstoffe also Wirkstoffe aus der Natur. Das Spektrum an Pflegeprodukten der Kategorie Naturkosmetik ist breit gefächert, es reicht von der Babypflege über Anti-Ageing-Produkte bis hin zum Segment „For Men“. Beispielhafte Rohstoffe sind etwa Calendula, deren hoher Gehalt an Carotinoiden zur Widerstandsfähigkeit der Haut beiträgt und Entzündungsprozesse lindert, Granatapfelöl, dem eine antioxidative und regenerierende und daher faltenlindernde Wirkung zugeschrieben wird, oder Lavendel, dessen Duft in Bad- und Duschpflege zur Entspannung beiträgt.

Naturstoffe enthalten immer Keime, umso wichtiger ist die Qualitäts-Kontrolle aller Rohstoffe. Verschiedene Prüfungen durchläuft allein das häufig verwendete Bienenwachs von Anlieferung bis zur Verarbeitung. Die Laboranten suchen zum Beispiel nach Pestiziden und krankheitserregenden Keimen. Auch nach Abfüllung des fertigen Kosmetikprodukts wird dessen Qualität geprüft: originalverpackte Muster von Anfang, Mitte und Ende der Abfüllung werden getestet. Erst nach der Freigabe werden die Produkte ausgeliefert. Der Verzicht auf Konservierungsstoffe wie Parabene stellt Hersteller von Naturkosmetika vor große Herausforderungen. Die Haltbarmachung basiert stattdessen auf der jeweiligen Rezeptur und dem Zusammenspiel der Inhaltsstoffe. Häufiger wird Alkohol eingesetzt, zudem haben ätherische Öle konservierende Eigenschaften. Erreicht wird in der Regel eine Haltbarkeit von rund 30 Monaten. Nach dem Öffnen verringert sich diese auf etwa sechs bis acht Monate.


Zertifizierungs-Standards

Diese Siegel stehen für zertifizierte Natur- bzw. Bio-Kosmetik. Die Kriterien unterscheiden sich.

Cosmos
Gemeinsam mit Cosmebio (Frankreich), Ecocert (Frankreich), ICEA (Italien) und Soil Association (England) hat der BDIH (Bundesverband der Industrie- und Handelsunternehmen für Arzneimittel, Reformwaren, Nahrungsergänzungsmittel und kosmetische Mittel e.V.) die Dachorganisation Cosmos-Standard AISBL gegründet, um einen einheitlichen Standard für Naturkosmetik in Europa zu schaffen. Zu den Kriterien zählt, dass bestimmte Inhaltsstoffe in Bio-Qualität (kbA) verwendet werden müssen, nur bestimmte Herstellungsverfahren für Rohstoffe zugelassen sind und keine Inhaltsstoffe petrochemischen Ursprungs eingesetzt werden dürfen. Es gibt zwei Stufen:

Cosmos Natural: Es sind keine Mindestmengen für Zutaten aus kontrolliert-biologischem Anbau vorgeschrieben.Cosmos Organic: 95 Prozent der landwirtschaftlichen Rohstoffe müssen aus Bio-Anbau stammen. Im Gesamtprodukt muss der Bio-Anteil in der Regel bei mindestens 20 Prozent liegen.

Natrue
Der internationale Standard Natrue (The International Natural and Organic Cosmetics Association A.I.S.B.L.) garantiert den Verzicht auf synthetische Duft- und Farbstoffe (erlaubt sind jedoch naturidentische Mineralien, die häufig als Farbstoffe eingesetzt werden), Inhaltsstoffe aus der Erdölchemie wie Paraffine und PEG, Silikonöle und -derivate, gentechnisch modifizierte Inhaltsstoffe, Bestrahlung sowie Tierversuche bei der Herstellung der Kosmetik-Produkte. Unterschieden werden drei Zertifizierungsstufen:

Naturkosmetik: (Basis für die anderen zwei Stufen): Eingesetzt werden vor allem Naturstoffe, die jedoch nicht aus kontrolliert biologischer Landwirtschaft stammen. Der Einsatz von naturidentischen und naturnahen Inhaltsstoffen ist zudem geregelt. Für die verschiedenen Gruppen kosmetischer Produkte gelten jeweils strenge Mindestgrenzen für natürliche und Höchstgrenzen für naturnahe Inhaltsstoffe.

Naturkosmetik mit Bio-Anteil: Das Produkt enthält (bezogen auf die Gesamtformulierung) mindestens 15 Prozent chemisch unveränderte Naturstoffe und maximal 15 Prozent naturnahe Stoffe. Mindestens 70 Prozent der natürlichen oder gegebenenfalls naturnahen Zutaten müssen aus Öko-Landwirtschaft beziehungsweise kontrollierter Wildsammlung stammen. Es gelten höhere Untergrenzen für natürliche und niedrigere Obergrenzen für naturnahe Inhaltsstoffe.

Bio-Kosmetik: Mindestens 20 Prozent chemisch unveränderte Naturstoffe und maximal 15 Prozent naturnahe Stoffe. Mindestens 95 Prozent der natürlichen bzw. naturnahen Inhaltsstoffe müssen bio sein beziehungsweise aus kontrollierter Wildsammlung stammen. Es gelten noch strengere Grenzen für natürliche und naturnahe Inhaltsstoffe.

Demeter
Der deutsche Bio-Anbauverband Demeter führte in den 1990er-Jahren erste Richtlinien für biodynamische Demeter-Naturkosmetik ein. Die Produkte enthalten immer mindestens 90 Prozent Demeter-Rohstoffe. Für Naturkosmetikprodukte gibt es zweitens die Möglichkeit einer Auslobung der enthaltenen Demeter-Rohstoffe unabhängig von der Menge in der Deklaration der Inhaltsstoffe. Drittens gilt die Kategorie „in Umstellung“ für Kosmetika mit Demeter-Zutaten. Demeter garantiert Verzicht auf Mineralöle, chemische Konservierungs- und Hilfsstoffe, Rohstoffe, die aus Tieren gewonnen wurden, radioaktive Bestrahlung oder Begasung sowie auf den Einsatz von Gentechnik und Nanopartikeln.

Naturland
Nach den Regeln des Bio-Anbauverbands müssen die verwendeten Inhaltsstoffe landwirtschaftlichen Ursprungs und/ oder die Verarbeitungsprodukte dieser landwirtschaftlichen Zutaten, die mit den gemäß der Naturland-Richtlinie zugelassenen Verarbeitungsverfahren erzeugt wurden, zu mindestens 95 Prozent Naturland zertifiziert sein. Sind Rohstoffe in Naturland-Qualität nicht verfügbar, gelten die Regelungen entsprechend den Vorgaben für Naturland Lebensmittel. Mindestens 20 Prozent der Zutaten im Endprodukt müssen Zutaten landwirtschaftlichen Ursprungs sein, die nach Naturland-Richtlinie zertifiziert sind.


Länger haltbar

Auf das richtige Handling kommt es auch bei grüner Kosmetik an, um lange Freude an ihr zu haben.

Wie für Lebensmittel gilt auch für Körperpflege und Kosmetikprodukte: Sie müssen richtig aufbewahrt werden, damit sie lange frisch bleiben. Um einem vorzeitigen Qualitätsverlust entgegenzuwirken, sollte Naturkosmetik kühl gelagert werden. Sind die Kosmetika weniger als 30 Monate haltbar, tragen sie ein Mindesthaltbarkeitsdatum. Nach dem Öffnen verkürzt sich die Haltbarkeitsdauer jedoch. Sind Kosmetika mindestens 30 Monate haltbar, finden Verbraucher auf der Verpackung das Piktogramm eines geöffneten Cremetopfes, mit einer Zahl und dem Buchstaben M. „6M“ bedeutet dann beispielsweise, dass man ein Produkt bis zu sechs Monate nach dem Öffnen benutzen kann. Um nicht den Überblick zu verlieren, hilft es, wenn Sie das Datum der Erstbenutzung mit einem wasserfesten Stift auf dem Produkt notieren. Dann erkennen Sie auf einen Blick, wann das Ende der Mindesthaltbarkeit erreicht ist.

Einen Vorteil in puncto Haltbarkeit bieten Naturkosmetika übrigens in der Kategorie Sonnenschutz. In den Öko-Sonnencremes und -lotions werden rein mineralische UV-Filter eingesetzt. Im Gegensatz zu einigen chemischen Filtern zerfallen die mineralischen nicht, die Sonnenschutzmittel können also auch noch im nächsten Urlaub bedenkenlos verwendet werden - wenn die Emulsion stabil ist, das heißt nicht ausölt, und die angegebene Verbrauchsdauer nach Anbrechen der Creme nicht überschritten wurde. Tipp: Angebrochene Sonnencreme im Kühlschrank aufbewahren bis zum nächsten Strand- oder Skiurlaub.

Wissenchecken

Wer aufmerksam gelesen hat, kann die folgenden Fragen beantworten.

{tab=Fragen}

  1. Was versteht man unter „echter“ Naturkosmetik?
  2. Erklären Sie den Unterschied zwischen zertifizierter Natur- kosmetik und Bio-Kosmetik.
  3. Sind Naturkosmetika grundsätzlich vegan?

{tab=Antworten}

  1. Als „echte“ Naturkosmetika werden Produkte bezeichnet, die nach den Zertifizierungs-Standards von BDIH, Natrue etc. kontrolliert werden.
  2. In Bio-Kosmetik müssen bestimmte Mindest-Anteile aus kontrolliertem Bio-Anbau stammen.
  3. Nein.

Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin Lebensmittel Praxis. Wir danken der Weleda AG, Arlesheim, Schweiz, für die Informationsgrundlagen.

Bilder zum Artikel

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Bild öffnen Die für Öko-Kosmetik eingesetzten Rohstoffe werden unter anderem auf Pestizide und Keime hin untersucht.
Bild öffnen Die Bundesbürger greifen immer häufiger zu Naturkosmetik.

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