Länderreport Listung kein Selbstläufer

Eierschecke, Dresdner Christstollen, Leipziger Lerchen, Pulsnitzer Pfefferkuchen, Weine aus Meißen, die Köstlichkeiten aus dem Freistaat Sachsen sind nicht nur im Bundesland beliebt.

Mittwoch, 22. Februar 2023 - Länderreports
Silvia Schulz
Artikelbild Listung kein Selbstläufer
Bildquelle: Tobias Ritz

Aus der Weinregion Sachsen kommen hauptsächlich weiße Weine, doch auch der Anbau von roten Rebsorten wird immer beliebter. Ihr Nischendasein ist Geschichte, denn etliche Weine sind inzwischen als Spitzenprodukte geadelt. Die damit verbundenen Genussmomente möchte keiner missen. Regionale Lebensmittel sind beim Verbraucher beliebt, und viele findet der Kunde im Lebensmitteleinzelhandel (LEH). Doch da die Listung kein Selbstläufer ist, stehen eine Reihe von Aktionen und Terminen auf der Agenda im Freistaat.

2023: Fachgespräche und Messen
Damit noch mehr regionale und biologisch erzeugte Lebensmittel im LEH angeboten werden, plant das Sächsische Staatsministerium für Energie, Klimaschutz, Umwelt und Landwirtschaft (SMEKUL) ein Fachgespräch. Unter dem Titel „Mehr Regional und mehr Bio im LEH“ wird am 22. Mai 2023 (15.30 bis ca. 18.00 Uhr) ein Erfahrungsaustausch mit Staatsminister Wolfram Günther und Vertretern des LEH in Sachsen auf dem Landgut Nemt in Wurzen stattfinden.

Das SMEKUL plant für das laufende Jahr die Fortsetzung der Kampagne „Hast du deine Region auf dem Schirm?“, um die Vorteile des Konsums regionaler Produkte zu kommuni-zieren und für das Regionalportal Sachsen, eine Informationsplattform für regionale Produkte, zu werben. Die Initiative des Ministeriums ist nicht nur online präsent, sie ist auf allen einschlägigen Kanälen wie Facebook, Twitter, Youtube und Instagram aktiv und sorgt so ständig für neuen Input.

„Regionale Lebensmittel erfreuen sich weiterhin großer Beliebtheit. Sie stehen für Vertrauen, für Identität und Resilienz in der Versorgung. Zugleich schaffen stabile regionale Wertschöpfungsketten einen Mehrwert für die sächsische Wirtschaft und bieten dem Lebensmittelhandel gute Chancen, sich bei den Kunden zu profilieren. Wegen der kurzen Wege sind regionale Produkte außerdem auch gut für Umwelt und Klima. In Sachsen unterstützen wir regionale Wertschöpfung auf vielen Wegen und holen Regionalität aus der Nische“, sagt Landwirtschaftsminister Wolfram Günther.

Darüber hinaus plant das SMEKUL für 2023 die Teilnahme an verschiedenen Messen. So waren 33 Unternehmen der sächsischen Land- und Ernährungswirtschaft, ein Drittel davon verfügt über eine Bio-Zertifizierung, auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin dabei. Auch auf den Messen BioFach, ProWein, BioOst, Anuga und IssGut! wird der Freistaat Sachsen mit einer Reihe von Unternehmen Präsenz zeigen.

Initiiert durch das SMEKUL werden auch Projektwerkstätten für die Ernährungswirtschaft. Der erste Termin ist bereits fix. Am 23. März 2023 heißt es „Pflanzen auf den Teller“, innovative Produkte für sich wandelnde Märkte. Aber auch die seit 2022 etablierten Fachexkursionen ins In- und Ausland stehen auf der Agenda des Ministeriums oder der Sächsischen Agentur für Regionale Lebensmittel (AgiL) (siehe Kasten am Ende des Beitrags).

Die Ernährungsbranche in Sachsen ist vielfältig. Fisch ist nicht nur ein Thema für die Küstenregionen, auch für Länder und Landstriche mit Binnengewässern ist das Thema Fisch bedeutungsvoll. So hat die Teichwirtschaft in Sachsen eine jahrhundertelange Tradition. In der Oberlausitz sind Karpfenteiche fester Bestandteil der Kulturlandschaft. Der Oberlausitzer Bio-Karpfen ist besonders wertvoll für Sachsen. Mit über 150 Aquakulturbetrieben ist die Fischereiwirtschaft ein wichtiger Zweig der Landwirtschaft im Freistaat. Sachsen ist der zweitgrößte Produzent von Karpfen in Deutschland. Fisch aus sächsischer Teichwirtschaft ist ein überaus erfolgreiches Lebensmittel. Demnächst gibt es noch mehr Bio aus sächsischer Teichwirtschaft. Im Biosphärenreservat Oberlausitzer Heide- und Teichlandschaft sollen weitere 260 Hektar auf biologische Erzeugung umgestellt werden.
Auch in der Vermarktung von nachhaltig erzeugtem Fleisch tut sich einiges im Freistaat. So setzen innovative Landwirte neue Akzente im Fleischsektor, zum Beispiel mit Weiderindern aus den Elbauen um Leipzig, Genießergenossenschaften für Schweinefleisch im Erzgebirge oder einer Kooperation aus Bio-Landwirten aus dem Raum Meißen mit Rindfleisch aus teilmobiler Schlachtung.

2022: ein erstes Fazit
Beim Ländertag auf der Internationalen Grünen Woche berichtete Agrarminister Günther über ein Umsatzplus der sächsischen Ernährungswirtschaft von 17 Prozent. Nach vorläufigen Daten entspreche das einem geschätzten Umsatz von rund 7,6 Milliarden Euro. In diesem Zusammenhang betonte er, dass die Branche zu den wichtigsten Wirtschaftszweigen des verarbeitenden Gewerbes im Freistaat gehört. Mit 358 größeren Betrieben (Betriebe ab 20 Beschäftigten) und rund 21.600 Beschäftigten ist die Ernährungswirtschaft eine feste Größe. Laut Günther sind für den Zuwachs zum Großteil inflationsbedingte Umsatzsteigerungen, vor allem in der Milchverarbeitung (plus 36 Prozent), der Obst- und Gemüseverarbeitung (plus 20) sowie der Back- und Teigwarenherstellung (plus 11), aber auch der Bereich Schlachten und Fleischverarbeitung (plus 5) verantwortlich.

Seit 1991 investierte die sächsische Ernährungswirtschaft rund 6,2 Milliarden Euro. Bund und Freistaat unterstützten die Investitionen mit Zuwendungen in Höhe von einer Milliarde Euro. 2022 verzeichnete die Ernährungsbranche beim Export einen deutlichen Anstieg von 901,8 Millionen Euro 2021 auf 1,1 Milliarden Euro. Das sind 22 Prozent mehr, die Exportquote liegt damit bei 14,5 Prozent.Und wo sind sächsische Produkte beliebt? Für den Freistaat sind nach wie vor Italien, Tschechien, Polen, die Niederlande, China, Österreich, Spanien, Belgien und Großbritan-nien die wichtigsten ausländischen Märkte.

Wer oder was ist AGIL?

Das ist die erst 2022 ins Leben gerufene Sächsische Agentur für regionale Lebensmittel. Doch was leistet diese Agentur, für wen ist sie tätig.
3 Fragen an Heike Delling, Teamleiterin bei AGIL.

Frau Delling, für was steht AGIL?
AGIL steht für „Sächsische Agentur für regionale Lebensmittel“. Sie trägt dazu bei, die regionale Wertschöpfung von Lebensmitteln zu steigern, den ökologischen Landbau zu stärken und zur kulturellen und wirtschaftlichen Verankerung regionaler Produkte in der sächsischen Gesellschaft beizutragen. Mit einem interdisziplinären Team unterstützen wir im Lebensmittelsektor die Akteure für (bio-)regionale Wertschöpfungsketten mit dem Ziel, Lebensmittel möglichst (bio-)regional in Sachsen produzieren, verarbeiten und kaufen zu können. Das stärkt nicht nur die regionale Wertschöpfung, erhält und schafft Arbeitsplätze, sondern spart auch Transportwege, sichert einen möglichst hohen Grad an Selbstversorgung und schont die Umwelt.

Wer kann sich an AGIL wenden? Die Hersteller und wenn ja, auch Kleinerzeuger? Was ist mit Einzelhändlern, die nur ein oder zwei Standorte betreiben?
Da wir die komplette Wertschöpfungskette von der Erzeugung über Verarbeitung bis zum Handel oder Direktvermarktung betrachten, unterstützen wir grundsätzlich alle Akteure. Im Kleinen vernetzen wir Erzeugende mit individuellen Anbietern zur Nahversorgung und im Großen bringen wir Produzent:innen mit den Vertreter:innen des Lebensmitteleinzelhandels zusammen. Wichtig ist für uns der Bezug zu und die Verfügbarkeit (bio-)regionaler Lebensmittel in Sachsen.

Wie teuer ist das und wer bezahlt für diese Leistung?
Unsere Leistungen in Form von Information, Vernetzung und Beratung für die Stärkung regionaler Wertschöpfung im Lebensmittelsektor sind für die Akteure kostenfrei. AGIL arbeitet im Auftrag des SMEKUL und mit Mitteln des Freistaates Sachsen.