Inhaltsübersicht
Alles begann mit einem Experiment: Vier Wochen lang wollten Anette Holzinger und ihr Mann auf alle Lebensmittel mit tierischen Inhaltsstoffen verzichten, sich vegan ernähren. Das war im März 2013. Den Impuls für die persönliche Herausforderung lieferte ein Interview mit Promi-Koch Attila Hildmann. Am Ende der Challenge stand eine veränderte Sicht auf unsere traditionelle Ernährungsweise und konventionelle Lebensmittelindustrie. Und einige lebensverändernde Entscheidungen: für die vegane Ernährung und für einen beruflichen Richtungswechsel.
Die einst omnivore Geschäftsführerin einer Steuerkanzlei hängte ihren „gut dotierten“ Job an den Nagel und eröffnete Ende November 2015 einen bio-veganen Feinkostladen im Münchner Westend, das Holzinger. Die Geschäftsidee hatte bereits kurz nach Start ihres Experiments festgestanden, denn die Beschaffung von speziellen Produkten und Zutaten hatte sich zu einer echten Herausforderung entwickelt, die sich stapelnden Kisten diverser Versandhändler zu einem Störfaktor. „Ich hatte zudem schon länger daran gedacht, mich irgendwann selbstständig zu machen. Aber nach 20 Jahren in der Steuerberatung wollte ich ein Produkt, das ich anfassen kann.“
Davon hat sie jetzt rund 3.000, allesamt vegan und bio-zertifiziert, hochwertig präsentiert auf einer Fläche von rund 200 qm. Die Einrichtung des Ladens auf dem ehemaligen Messegelände oberhalb der berühmten Theresienwiese ist edel, bestimmt durch metallische Töne, blaugraue Regale (die Farbvielfalt der Produkte soll dadurch besser wirken), Holz und Steinoptik. Ein gläsernes Gewächshaus mit leise plätscherndem Brunnen zieht Kunden in die Obst- und Gemüse-Auslage. Die lange U-förmige Bedienungstheke lockt mit frischen Back- und Konditoreiwaren, Antipasti sowie selbst hergestellten Aufstrichen, Salaten und Quiches. Produkte von kleinen Manufakturen und Regionalität bestimmen das Sortiment bei Holzinger. Schwerpunkte liegen im SB-Bereich unter anderem auf Superfoods, Convenience und Weinen.
Die Chefin erzählt gerne die Geschichten hinter den Produkten, die für sie möglichst Mehrwerte bieten sollen. Über die Marke Blömboom, die eine Aufzuchtstation für verwaiste Schimpansen im Norden Sambias unterstützt, die Murnauer Kaffeerösterei, die jeden einzelnen ihrer Kaffeebauern persönlich kennt, oder die Konditorin, die keine Lust mehr auf ein eigenes Café hatte, jetzt an Holzinger liefert und sogar ihre Soja-Margarine selbst herstellt.
Vielfalt und Genuss statt Entbehrung
Mit Verzicht hat die tierfreie Ernährung nichts zu tun. Diese Botschaft will Holzinger vermitteln. „Unsere Küche wurde unglaublich bereichert. Ich habe viele neue Produkte und Grundzutaten kennengelernt wie Hirse, Kichererbsen oder Quinoa“, erinnert sie sich an ihre ersten veganen Gehversuche. Aber auch über die zahlreichen Faktoren eines bewussten Konsums spricht sie gerne. „Als ich in Foren und Büchern immer mehr rund um die Argumente für eine vegane Lebensweise recherchierte, stürzten viele für mich neue Themen geradezu auf mich ein, sowohl ethische und gesundheitliche als auch Umwelt- und Sozialaspekte, die miteinander verknüpft sind“, erklärt die frisch gebackene Händlerin ihre Kehrtwende.