Logistik Vorfahrt für die Schiene

Die EU-Kommission in Brüssel schmiedet an Plänen, die Güterverkehrsnetze komplett neu zu strukturieren. Und die Konsumgüterindustrie arbeitet schon jetzt an europaweiten Kooperationsmodellen, um Energie- und Transportkosten zu senken.

Donnerstag, 12. Januar 2012 - Hersteller
Udo Mett
Artikelbild Vorfahrt für die Schiene
Dr. Christoph Windheuser. Bildquelle Oliver Schmauch
Bildquelle: Kraft Foods

Die Idee der Kooperation in der Logistik ist nicht grundsätzlich neu. Abgesehen von einzelnen Versuchen ist ein größerer Durchbruch aber vor allem an wettbewerbsrechtlichen Bedenken, einem fehlenden Geschäftsmodell und der fehlenden Möglichkeit, die IT-Systeme der einzelnen Unternehmen effizient zu koppeln, gescheitert. „Hier hat sich inzwischen einiges geändert“, bestätigt Windheuser. Die heutigen IT-Systeme und -Standards ermöglichten eine weitgehende Vernetzung und übergreifende Planung der Warenströme. Durch die erzielbaren Kosteneinsparungen könne sich eine Kooperation für alle Beteiligten durchaus rechnen.

Im Rahmen der demnächst startenden Pilotphase wird ein neutraler Partner (ILO – Independent Logistics Optimiser) eingesetzt, der die internationalen Transporte der TSI nach wettbewerbsrechtlichen Kriterien in Zusammenarbeit mit der Industrie und Logistik-Dienstleistern koordiniert und über Ausschreibungen Logistik-Dienstleistungen einkauft. Die Initiatoren erhoffen sich von dem Piloten neue, überzeugende Ergebnisse, um weitere Unternehmen für eine Beteiligung an der TSI zu motivieren. Für Ende 2012 ist die Ausweitung der Transport Initiative auf den Massenbetrieb geplant. Angedacht ist zudem, weitere europäische Routen zu entwickeln, so dass künftig z. B. auch Transporte von Nord- nach Südeuropa und umgekehrt gebündelt werden können. Die Initiatoren denken sogar noch weiter: Auch die Beschaffungslogistik von Industrie und Handel sowie die Lagerhaltung, Kommissionierung und Auslieferung an den Handel ließen sich über funktionierende Kooperationsmodelle deutlich kostengünstiger gestalten.

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"Warenströme in alle Richtungen"

Dr. Christoph Windheuser, Head of Sector Retail & Logistics bei Capgemini Deutschland, zum Stand und zu den Perspektiven der multimodalen Transport Sharing Initiative der Konsumgüterindustrie (TSI).

Welche Voraussetzungen muss ein Hersteller erfüllen, um an der TSI teilnehmen zu können?
Eine Teilnahme macht vor allem für die Hersteller Sinn, die heute ihre Ware im Full-Truck-Load-Modus vorwiegend auf der Straße quer durch Europa transportieren.

Welche Probleme waren im Vorfeld des ersten Versuchs zu überwinden?
Es mussten zum Beispiel im Konsens mit den beteiligten Unternehmen die zu bedienenden Routen durch Europa festgelegt werden. Dann musste das optimale logistische Netzwerk bestimmt werden, bestehend aus Vor-, Haupt- und Nachlauf und den Umschlagsplätzen für die Verladung auf die Bahn und zurück auf den Lkw.

Welche wesentlichen Vorteile ergeben sich für die an der TSI beteiligten Konsumgüterhersteller?
Die Unternehmen versprechen sich vor allem eine Reduzierung des CO2-Ausstoßes beim Transport und entsprechende Einsparungen bei den Transportkosten.

Worin besteht unabhängig von der Kohlendioxid-Einsparung der Nachhaltigkeitsaspekt der TSI?
Über die TSI hinaus kann ein Erfolg der Initiative ausschlaggebend sein für weitere Kooperationsmodelle in der Konsumgüterindustrie und im Handel. Ich denke hier zum Beispiel an den gemeinschaftlichen Betrieb von Warenlagern oder eine gemeinsame Innenstadtversorgung.

Was erwarten Sie von der demnächst beginnenden Pilotphase der TSI?
Wir rechnen mit weiteren belastbaren Aussagen zu den Einsparmöglichkeiten von Kosten und CO2 -Emissionen. Durch eine Erhöhung der Warenströme in alle Richtungen – Ost-West, West-Ost, Süd-Nord, Nord-Süd – soll auch die Rückführung von Leer-Containern reduziert werden.

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Bild öffnen Insbesondere Konsumgüterhersteller müssen sich schon jetzt darauf einstellen, dass in der Transport-Logistik über kurz oder lang gesetzliche Vorgaben zu erfüllen sind. Bildquelle Kraft Foods
Bild öffnen Dr. Christoph Windheuser. Bildquelle Oliver Schmauch