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Familienunternehmen dominieren die deutsche Wirtschaft, werden aber gar nicht so wahrgenommen. Weshalb?
Ulrike Detmers: Viele Familienunternehmen sind zurückhaltend. Sie haben vermutlich eine gewisse Scheu, ins Rampenlicht zu treten. Wir halten es jedoch für sinnvoll, unser Leistungsportfolio auch öffentlich sichtbar zu machen. Damit zeigen wir auch, dass Familiengesellschaften in der Wirtschaft eine wichtige Rolle einnehmen. Die Veröffentlichungen über das Leistungsportfolio sollten schon neugierig machen.
Es ist ja letztlich auch nicht mehr zeitgemäß, still zu sein.
Das ist richtig. Allerdings setzen öffentliche Aktivitäten von Familienunternehmen voraus, dass intern klar ist, wer die Familie nach außen repräsentiert. In unserer Familiengesellschaft übernehme ich seit mehr als 20 Jahren diesen Job. Mein Mann Albert ist Chef des Vertriebs. Gemeinsam mit der Geschäftsführerin Marta Glowacka leitet er den kaufmännischen Bereich. Mein Schwager Fritz Detmers ist als Geschäftsführender Gesellschafter zuständig für das Ressort Einkauf. Gemeinsam mit dem Geschäftsführer Kim Folmeg verantwortet er die Bereiche Technik und Produktion. Ich bin Chefin des Ressorts Markenmanagement, Social Marketing undPR.
Was zeichnet Familienunternehmen aus?
Vielleicht eine nachhaltiger geprägte Unternehmenskultur mit gemeinsamen Werten, Normen und Einstellungen. Eigentum verpflichtet. Wachstum und Pflege des Eigentums nehmen sicherlich bei vielen Familiengesellschaften eine bedeutende Rolle ein.
Was verstehen Sie darunter?
Ein Wirtschaften, das stärker sozial und moralisch verortet ist. Familiengesellschaften treten auch immer öfter als Stifter in Erscheinung. Zum ethischen Spirit gehört die Verantwortung für die Belegschaft. Der alte kaufmännische Geist mit Verantwortungsorientierung ist meiner Meinung nach bei Familienunternehmen weiter verbreitet. Ihnen sitzen oftmals keine Finanzinvestoren im Rücken oder Aktionäre. Wobei das nicht schlecht sein muss, wenn es darum geht, durch Druck aufs Management Innovationskräfte freizusetzen. Sich auf den Lorbeeren ausruhen, das geht dann nicht.
Der Handel konzentriert sich immer stärker. Ist das eine Gegenbewegung zu den Familiengesellschaften?
Nein, die Konzentration etwa in unserer Branche, in der Backbranche, nimmt ebenfalls seit Jahren zu. Die Risiken, mit denen die deutsche Wirtschaft kämpft, sind Fach- und Führungskräftemangel sowie qualifizierte Nachfolgeregelung. Hier im Raum Gütersloh z. B. spielt die frühzeitige Regelung der Nachfolge eine maßgebliche Rolle.
Wie sieht Ihre Lösung aus?
Da können Sie keine Regelung aus dem Hut zaubern. Wir haben bereits vor vielen Jahren angefangen, einen Talentpool aufzubauen. Dieser ist durch das frühzeitige Rekrutieren qualifizierter Führungskräfte mit Branchenerfahrung sowie im Zuge der Zusammenarbeit mit der FH Bielefeld, Fachbereich Wirtschaft und Gesundheit, installiert worden.
Wie funktioniert der Talentpool?
Wir rekrutieren junge Menschen, viele von der bereits erwähnten Fachhochschule Bielefeld. Dort sind wir Firmenpartner. Das hat nicht unbedingt mit meiner Professur dort zu tun, diesen Weg kann ja jeder andere auch gehen. Wir bieten Pflichtpraktika an, wir bieten Werkstudenten Verträge an. Wir schaffen uns damit eine Plattform, diese jungen Leute auf den Prüfstand zu stellen. Sie arbeiten hier, wir gucken sie uns an, und wir haben auch viele übernommen. Wir nutzen verantwortungsbewusst die Flexibilität, die uns das Teilzeit- und Befristungsgesetz einräumt. Wir nutzen u. a. Sachgrundbefristung etwa bei Projektarbeit, Elternteilzeit, alternierende Telearbeit mit Präsenz- und Homeoffice-Pflicht.