Ladenkonzepte Nur keine falsche Bescheidenheit

Von vielen Studienreisen ins Ausland weiß Claus Wester von Jos de Vries: Deutsche Händler haben beim Storytelling noch Nachholbedarf.

Mittwoch, 18. April 2012 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Nur keine falsche Bescheidenheit
Bildquelle: Nilling

Welchen Wert hat ein attraktiver Ladenbau aus Ihrer Sicht im Vergleich zu anderen vielen Einkaufskriterien wie Preis-Leistungs-Verhältnis, Sortiment, Service?

Wenn mit attraktivem Ladenbau die Schaffung einer angenehmen Einkaufsatmosphäre gemeint ist, würde ich diesen als hoch bewerten. Dies funktioniert beim Kunden eher unterbewusst. Wenn der Kunde ein angenehmes Gefühl im Laden hat, ist die Verweildauer höher, und der Händler hat eine höhere Chance, sein Angebot noch besser zu vermitteln. Dadurch wird der Bon-Umsatz erhöht und eine höhere Kundenbindung erzeugt. Dabei sind die von Ihnen genannten anderen Kriterien natürlich nicht weniger wichtig. Kunden erwarten heute eine angenehme Einkaufsatmosphäre mit gutem Preis-Leistungs-Verhältnis bei gleichzeitig gutem Service.

Wie können sich Vollsortimenter profilieren gegenüber Discountern, die derzeit auch „aufmöbeln“?

In den vergangenen Jahren haben sich die Vollsortimenter erfolgreich gegenüber dem Discount aufgestellt. Die Besinnung auf ihre Stärken wie Service und Atmosphäre haben den gewünschten Erfolg gebracht. Dadurch sind die Discounter gezwungen worden, ebenfalls „aufzumöbeln“. Da die Vollsortimenter über die verschiedenen Eigenmarkenstufen von Preiseinstieg bis Premium ebenfalls den Preis beherrschen, sehe ich diese gut aufgestellt. Wie schon erwähnt, könnte man dies noch stärker im Markt darstellen.

Wie sehen die Shoppingräume der Zukunft aus?

Wir bei Jos de Vries erwarten für die Zukunft eine starke Verbindung zwischen Online- und stationärem Handel. Das Thema „Bricks & Clicks“ wird aktuell im internationalen LEH stark thematisiert. Themen wie Home Delivery, Drive-In werden seit Kurzem auch in Deutschland umgesetzt. Neue Konzepte, wie bei Home Plus in Südkorea, werden jetzt auch schon in anderen Branchen in Deutschland getestet. Hier werden Produkte ähnlich einem Regal auf Plakatwände gebracht und mit einem Scan Code versehen. Mittels eines Smartphones wird dieser Code gescannt und die Ware bestellt, die dann nach Hause oder ins Büro geliefert wird. Setzen sich diese Konzepte durch, entstehen völlig neue Absatzkanäle.

E-Commerce nimmt weiter zu. Welche Rolle spielt ein attraktiver Ladenbau für stationäre Händler beim Kampf um die Gunst der Kunden?

Der LEH sollte den E-Commerce grundsätzlich nicht als Feind betrachten, sondern versuchen, diesen zu integrieren – Stichwort „Bricks & Clicks“. Der stationäre Einzelhandel wird meiner Meinung nach nicht sterben. Ein Einkaufserlebnis wie im Geschäft kann durch E-Commerce nicht erreicht werden. Themen wie Atmosphäre, Kontakt mit der Ware, Beratung durch Menschen werden Kunden auch in Zukunft erwarten. Daher sollten Themen herausgearbeitet werden, die der Online-Handel nicht bieten kann. Trotzdem werden die Online-Umsätze stark wachsen. Durch die erwähnte Integration kann der stationäre LEH daran partizipieren und vielleicht auch Umsätze erhöhen. Die Entwicklung ist hier noch am Anfang, und ich freue mich auf spannende neue Konzepte zu diesem Thema.

Bild: Claus Wester ist Direktor des Studienreisenanbieters Connect von Jos de Vries und kennt internationale Handelskonzepte bestens.