Interview Edeka Nord Leidenschaftliche Vollsortimenter

Die Edeka Nord will eine bessere Esskultur bei den Kunden fördern. Über ihre Strategie sprechen die Geschäftsführer Carsten Koch und Martin Steinmetz mit der LP.

Donnerstag, 26. Januar 2012, 22:00 Uhr
Sonja Plachetta
Artikelbild Leidenschaftliche Vollsortimenter
Der Umsatzanteil von regionalen Produkten soll nach dem Willen der Edeka-Nord-Geschäftsführer Carsten Koch (Foto) und Martin Steinmetz weiter steigen.
Bildquelle: Geisler

Trotzdem expandieren die Discounter. Auch Netto soll nach dem Willen von Edeka-Chef Markus Mosa bald 5.000 Filialen haben.
Koch: Die Baunutzungsverordnung privilegiert Einzelhandelsansiedlungen mit 800 qm Verkaufsfläche, das ist genau die Fläche, die Discounter brauchen. In Hamburg, einer der reichsten Städte Europas, ist zum Beispiel das Vollsortiment krass unterrepräsentiert. Ich glaube, dass da die politischen Entscheidungsträger ihre Verantwortung nicht optimal nutzen. Wenn man Pech hat, nehmen in kleineren Einzugsgebieten die Discounter dem Vollsortimenter so viel an Umsatzvolumen weg, dass dieser irgendwann den Ort verlässt, und dann wundern sich die Verbraucher, dass sie am Ende nur noch Discounter in der Nähe haben.

Zuletzt haben die Vollsortimenter gegenüber den Discountern aber wieder Boden gut gemacht.
Koch: Es ist richtig, dass die Verbraucher in kleinen Schritten stärker qualitäts- und weniger discountorientiert sind. Das ist die richtige Richtung, das hat mit Vielfalt und Lebensmittelkultur zu tun. Das wollen wir als Edeka gern weiter befeuern.

Welche Rolle spielt dabei das Thema Regionalität?
Koch: Eine wichtige. Wir wollen Alternativen bieten, die landwirtschaftspolitisch die richtigen Impulse liefern und über die Qualität des Produkts überzeugen. Die selbstständigen Kaufleute vor Ort sind für uns Garant für Regionalität und Lokalität. Sie sollen Lieferantenbeziehungen vor Ort pflegen. Das Problem ist, dass Kennzeichnungs- und Hygienevorschriften eher die industrielle Nahrungsmittelerzeugung fördern und die handwerkliche kaputt machen. Je schärfer die Vorschriften werden, desto kleiner wird der Variantenreichtum.

Die Edeka Minden definiert Regionalität nach Kilometern. Was bedeutet bei der Edeka Nord Regionalität?
Martin Steinmetz: Wir wollen innerhalb unseres Absatzgebietes die Versorgung mit regionalen Produkten herstellen, wir haben aber z. B. nicht alle 30 km um jeden Standort herum eine brauchbare Käserei. Möglicherweise lässt sich Regionalität nur warengruppenspezifisch definieren. Was aus der Osterhusumer Meierei nahe Dänemark kommt, ist im südholsteinischen Bereich schon nicht mehr „Unsere Heimat“. Es hängt auch von jedem Verbraucher ab. Manche haben eine totale Fokussierung auf die Orte, die sie kennen, und andere sind zufrieden, wenn sie ein norddeutsches Produkt kaufen können.

Wie schlagen regionale Produkte beim Umsatz zu Buche?
Steinmetz: Früher gab es keine Statistik, die den Umsatz von regionalen Produkten ausgewiesen hat, aber seit wir hier seit eineinhalb Jahren einen Schwerpunkt setzen, steigt der Umsatz zwangsläufig – und umso mehr, je mehr Artikel wir aufschalten. Auch die Eigenmarke „Unsere Heimat – echt und gut“ wird sehr gut angenommen, zum Beispiel liegt der Eigenmarkenanteil bei O&G über 50 Prozent. Wir haben trotz EHEC ein leichtes Umsatzplus in diesem Bereich. Dabei hat uns EHEC massiv betroffen – Bienenbüttel liegt in unserem Absatzgebiet. Bis Ende Mai hatten wir ein zweistelliges Umsatz- und Absatzplus bei O&G, dann ist das jäh eingebrochen. Jetzt sind wir wieder mit einem leichtem Umsatzplus gegenüber dem Vorjahr unterwegs.

Wollen Sie das Sortiment von „Unsere Heimat“ weiter ausbauen?
Koch: Ja, bei Molkereiprodukten sowie O&G, über die genaue Größenordnung kann ich aber noch nichts sagen. Wir wollen schon aufpassen, dass mit den „Unsere Heimat“-Produkten kein Etikettenschwindel betrieben wird, der medial anderen vorgeworfen wird, die unter heimischem Werbedach plötzlich Kaffee aus Norddeutschland verkaufen.
Steinmetz: Das Ziel ist ja, den regionalen Bezug in der Erzeugung komplett durchzuziehen, denn nur so kriegt man es hin, nach so einer Krisensituation das Vertrauen wiederzubekommen. Das können wir dann nicht auf jede Warengruppe erweitern.

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