Zukunftstechnologie im Handel Kollege Roboter übernimmt

Künstliche Intelligenz und smarte Technologien befähigen Roboter zu immer mehr Tätigkeiten. Gefragt sind die Maschinen im Handel dort, wo die Personalsorgen groß sind.

Freitag, 11. Oktober 2024, 06:00 Uhr
Heidrun Mittler
Artikelbild Kollege Roboter übernimmt
Im Testlabor von Esselunga stellt ein Roboter eine Salatbowl zusammen. Bildquelle: Esselunga

Künstliche Intelligenz trifft auf Kulinarik: In Mailand steht der erste Roboter, der Gerichte zubereiten kann. Das italienische Handelsunternehmen Esselunga betreibt in Mailand seit Kurzem ein Testlabor für den Gastronomiebereich. Roboter „Alfred“, entwi­ckelt vom US-amerikanischen Start-up Dexai Robotics, stellt aufs Gramm genau Salatbowls zusammen. Er kann mit zwei Armen eine Schüssel befüllen und wählt aus über 30 Zutaten aus. 
Alfred schafft 25 Salate pro Stunde. Mitarbeiter überwachen den Prozess über ein Tablet, sie können auch ein Rezept abändern. Alexandre Rochat, Leiter der Entwicklungsabteilung bei Esselunga, erklärt gegenüber der Messe Euroshop, dass er den kooperativen Charakter, also das Zusammenspiel von Mitarbeitern und Roboter, betonen will. Die Technologie sei noch nicht ganz ausgereift. Aber er kann sich eine Cafeteria vorstellen, in der Alfred (und seine Weiterentwicklungen) rund um die Uhr warme Mahlzeiten nach Esselunga-Rezepten und mit entsprechen­den Produkten zubereiten. Er sieht Alfred auch in Geschäften, die während der Mittagszeit stark frequentiert werden. Dort könne der Roboter Mahlzeiten nach Bedarf zubereiten.

Scannen statt Picken

Großes Potenzial bietet der Einsatz von Robotern künftig auf der Verkaufsfläche. Schon heute ist bei den dm-Drogeriemärkten ein Scan-Robo­ter von Ubica im Einsatz. Roman Melcher, als Geschäftsführer verantwortlich für das Ressort IT/dmTECH, bewertet den Einsatz, der seit Mitte 2022 läuft: „Der Scan-Roboter ist ein bedeutender Fortschritt bei der digitalen Transformation unserer dm-Märkte. Die frühzeitige Beschäfti­gung mit dieser Technologie eröffnet uns einerseits neue Möglichkeiten, andererseits finden wir als Menschen einen evolutionären Zugang zu diesen Technologien.“

Die Maschinen mit den langen „Hälsen“ fahren nachts durch die Märkte. Sie nutzen Kameras, Sensoren und KI, um präzise digitale Zwillinge der dm-Märkte zu erstellen – so kann man Regallücken oder falsche Preisauszeich­nungen erkennen. Die Mitarbeiter finden dann auf dem Smartphone die Information, wo sie das Regal pflegen müssen und die Ware im Lager finden. Das spart Zeit. Melcher bewertet den Einsatz positiv: Bis Anfang 2025 soll die Anzahl der maschinellen Helfer von 100 auf 150 aufgestockt werden. Noch kann der Roboter die Ware nicht selbst einräumen. Die Universität Bremen hat zwar innerhalb eines Projektes einen solchen entwickelt (genannt „Donbot“), aber er ist noch nicht serienreif.

„Ein Roboter, der im Handel Regale einräumt? Das ist noch eine Zukunftsvision“, bestätigt Jonas Reiling, CEO und Mitgründer von Ubica Robotics in Bremen. Er erläutert, dass ein Mensch zwei Hände hat, die er unabhängig voneinander bewegen kann. Er kann einen leichten Lippenstift ebenso aufpicken wie eine Nudelpackung, die sich beim Anfassen verformt. Oder einen 10 Kilogramm schweren Reissack aufheben. Das kann kein Roboter, auch nicht in nächster Zeit. Aber: „Die Digitalisierung der Märkte ist heute schon möglich.“ Der maschinelle Kollege kann den Mitarbeiter unterstützen, der die Einkaufsliste für den Abholservice abarbeitet. Die KI weiß genau, wo ein benötigtes Produkt steht. Sie errechnet den optimalen Laufweg und erspart das Suchen.

INTERVIEWmit Thorsten Fuchs, Direktor der Food Akademie Neuwied, wie Künstliche Intelligenz die Abläufe im Handel verändert.