Auf dem Fließband der Linie 1 im Viersener Werk von Mars laufen 38 Teigstränge parallel zueinander. Vom „längsten Keks der Welt“ spricht Hannah Herlemann-Wegener, Personalchefin bei Mars in Viersen. Den Ofen haben die Stränge schon hinter sich, Keksgeruch liegt in der Luft. Doch für das Endprodukt fehlt noch Entscheidendes: Karamell und Schokolade. Damit das vor Ort hergestellte Karamell nicht direkt schmilzt, wird der Keks zunächst heruntergekühlt. Eine Maschine trägt die gelbliche Zuckermasse auf die Keksstränge auf. Anschließend werden die Stränge zerteilt, die Stücke mit Schokolade umhüllt und schließlich verpackt: Fertig ist das Twix. Im Gegensatz zum Karamell entsteht die Schokolade nicht in Viersen, sondern wird vom Schwesterwerk in den nahen Niederlanden angeliefert. Der Keksteig, aus dem die späteren Riegel gebacken werden, wiegt beachtliche 250 Kilogramm. Ehe daraus der fertig verpackte und palettierte Riegel geworden ist, vergehen rund anderthalb Stunden. In dieser Zeit legt das Produkt eine Strecke von rund 300 Metern entlang der Produktionslinie zurück. Die noch nicht verpackten Twix-Riegel durchlaufen eine Qualitätskontrolle: Eine Mitarbeiterin nimmt einige Riegel vom Band und stellt mittels Waage sicher, dass sie das gewünschte Gewicht haben. Während die Linie 1, die sogenannte Mama-Linie, am Besuchstag Twix produziert, laufen heute auf der Linie 2 Balisto-Riegel mit Joghurt-Beeren-Füllung vom Band. Nicht jeder Versuch gelingt: Missglückte Exemplare werden als Bruch aussortiert.
Als der US-Konzern Mars vor 45 Jahren sein Viersener Werk in Betrieb nahm, hieß Twix noch Raider und war erst seit Kurzem auf dem Markt. Inzwischen produziert das Werk am Niederrhein jährlich fast 60 Kilotonnen Schokoladenprodukte. Von den Bändern laufen nicht nur die Twix- und Balisto-Riegel in allen erdenklichen Geschmacksvarianten. Auch die Konfektserie Celebrations entsteht teilweise am Niederrhein, beispielsweise die kleinen Twix darin. Von Viersen aus beliefert Mars nicht nur den deutschen Markt, sondern insgesamt mehr als 30 Länder, hauptsächlich in Europa.
„In Viersen produzieren wir 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche.“
Der Standort ist also gut ausgelastet, wie Evelina Wagner berichtet. Die gebürtige Bulgarin leitet das Werk. Sie sagt: „In Viersen produzieren wir im Moment 24 Stunden pro Tag, sieben Tage die Woche in einem vollkontinuierlichen Schichtsystem. Das macht pro Tag ungefähr zehn Millionen Riegel, die hier aus der Tür gehen.“ Im vergangenen Jahr habe man knapp 60 Kilotonnen Schokoladenprodukte ausgeliefert. Noch zwei Jahre zuvor, im Pandemiejahr 2021, waren es lediglich 49,2 Kilotonnen. Seither ist die Menge um rund 20 Prozent gewachsen. Im Werk sind nach Wagners Angaben aktuell 320 Mitarbeiter beschäftigt, darunter zehn Auszubildende. Besonders stolz sei man auf die wiederholte Auszeichnung als einer der besten Ausbildungsbetriebe. Die Werksleiterin hat ihre Position 2020 übernommen: „Schokoladendirektorin ist tatsächlich ein Traumberuf für mich. Man fühlt sich wie Willy Wonka in dem berühmten Film ,Charly und die Schokoladenfabrik‘.“
Die Deutschen essen weniger Riegel
In viereinhalb Jahrzehnten ist Mars in Viersen zu einer festen Größe als Arbeitgeber geworden. „Als Familienunternehmen denken wir in Generationen“, sagt Wagner. „Und wir sind sehr stolz, nach 45 Jahren schon Mitarbeiter zu haben, die in zweiter Generation Schulter an Schulter mit einem Elternteil zusammenarbeiten. Wir haben sogar schon einen Mitarbeiter, der in dritter Generation als Marsianer in Viersen arbeitet.“ Momentan vollziehe sich in dem Werk eine Art Generationenwechsel: Die Mitarbeiter der ersten Stunden verabschiedeten sich in den Ruhestand. „Wir haben grob überschlagen, dass wir in den letzten zwei, drei Jahren 100 neue Mitarbeiter am Standort begrüßen durften.“
Der amerikanische Familienkonzern sorgt vor Ort nicht nur für Arbeitsplätze, sondern engagiert sich darüber hinaus auch sozial für die örtliche Tafel. Die Viersener Bürgermeisterin Sabine Anemüller lässt es sich nicht nehmen, während der Jubiläumsfeier einige Worte an die versammelten Gäste zu richten. Sie schließt mit den Worten: „Ich gehe davon aus, dass dieser Produktionsstandort noch über Jahre hinaus für uns gesichert ist.“ Eine Sprecherin des Unternehmens bestätigt, Mars wolle weiter in Viersen bleiben und investieren.
Mars gibt sich optimistisch, was die Geschäfte mit seinen Schokoriegeln betrifft. Dabei war der Absatz im Gesamtmarkt für Riegel jüngst deutlich rückläufig, wie aktuelle Marktdaten von NielsenIQ zeigen. Demnach sank der Absatz in Kilogramm in den 52 Wochen bis Anfang Juni um 5,8 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Der Umsatz stieg dagegen aufgrund von Preiserhöhungen im selben Zeitraum um 10,6 Prozent auf 1,66 Milliarden Euro. Zugleich änderten viele Hersteller die Grammatur. Der Preis pro Kilogramm legte sogar um 16,8 Prozent zu. Grundsätzlich ist das Riegel-Geschäft noch stärker von Marken wie Mars dominiert als die Süßwarenbranche insgesamt. Beim Umsatz mit Riegeln lag der Markenanteil zuletzt bei 88 Prozent, während Handelsmarken nur auf 12 Prozent kamen.
40 Millionen Euro zugesagt
Trotz des insgesamt schwächelnden Riegel-Marktes erwartet Mars eine steigende Nachfrage nach Twix und will weiter in den Standort investieren, wie Werksleiterin Wagner bekräftigt. 2023 habe das Unternehmen für die nächsten Jahre ein Investitionsvolumen in Höhe von 40 Millionen Euro zugesichert. Schon im vergangenen Jahr habe Mars zehn Millionen Euro in Erneuerungen und Erweiterungen des Standortes investiert. „Dieses Jahr geht es fleißig weiter: Wir werden 20 Millionen Euro in den Ausbau unseres Rohstoff-Wareneingangsbereichs investieren.“ Und: „Vor Weihnachten werden wir eine komplett neue Verpackungsstraße installieren.“ Die Modernisierungen bedeuten viel Arbeit für die Beschäftigten – Arbeit, die man in Viersen gerne für die Zukunft auf sich nehme, sagt die Standortleiterin.
Die Investitionen dienten allerdings nicht allein dazu, die wachsende Nachfrage bedienen zu können, erläutert Wagner. „Auch sehr wichtig: Mit jeder Anlage, die erneuert wird, tun wir große Schritte auf unserer Nachhaltigkeitsreise. Die neuen Anlagen sind effizienter als die alten.“ Auch die Mars-Sprecherin betont die Bedeutung der Nachhaltigkeitsziele des Konzerns: Das Top-Management werde nicht einzig an der Entwicklung von Umsatz und Gewinn gemessen, sondern auch am Erreichen einer umwelt- und sozialverträglicheren Produktionsweise.