Energiesparen – das Thema ist der Dauerbrenner im deutschen Handel. Schon 2009 hat die Rewe Group ihr erstes „Green Building“ in Betrieb genommen. 2023 gab es bereits über 300 davon, 150 weitere waren im Bau oder in der Planung.
Natürlich haben auch die übrigen Handelsunternehmen ihre Maßnahmen in Richtung Energiesparen vorangetrieben. So baut die Edeka Minden-Hannover gerade einen „Zukunftsmarkt“ im brandenburgischen Nauen. Der Markt, der im Spätsommer eröffnen soll, setzt auf eine Fotovoltaikanlage mit Batteriespeicher, solarbetriebene Carports auf dem Parkplatz und die Verwendung von Regenwasser, das unter anderem für die WC-Anlagen genutzt wird.
Ein weiteres Beispiel liefert Wasgau: Die Saarländer haben gerade ihr erstes Green Building in Schönenberg-Kübelberg eröffnet (siehe Marktrundgang LP 7). Geschäftsführer Milan Bucalo betont, „dass der Standort frei von allen fossilen Brennstoffen wie Gas oder Öl“ arbeitet. Und weiter: „Alle Kühlaggregate, alle Kühlmöbel sind auf dem neuesten Stand.“ Die Belüftungsanlage hat eine Entfeuchtungsfunktion, damit das Raumklima immer ideal austariert wird. „So muss man nicht unnötigerweise mehr Energie in den Markt einspeisen, als wir tatsächlich benötigen.“
Schon bevor die Energiekosten durch den Ukraine-Krieg so in die Höhe geschnellt sind, hat es sich für Händler gelohnt, ihre Kälteanlagen genau unter die Lupe zu nehmen. Schließlich sind sie im Lebensmittelhandel für etwa 60 Prozent des gesamten Strombedarfs verantwortlich. Eine Optimierung „verringert den Energiebedarf deutlich und führt zudem zu einer besseren Warentemperatur“, so die Handlungsempfehlung des EHI-Reports 2023 „Klimaneutralität im Handel“. Es lohnt sich also, die Kühltheken und -anlagen im Blick zu haben. Dabei ist die Entscheidung für eine Kälteanlage auf lange Sicht relevant, schließlich soll eine mit CO2-betriebene Anlage mindestens zehn Jahre laufen.
Wasser leitet die Wärme ab
Die Alternative dazu heißt „Waterloop“, sie basiert auf Wasserzirkulation statt auf dem Kältemittel CO2 (s. 3 Fragen an...). Bernhard Schweitzer, CEO und Inhaber des Ladenbau-Unternehmens Schweitzer aus Südtirol, ist großer Verfechter dieses
Systems. Er weiß: Jedes deutsche Handelsunternehmen testet diese Methode zurzeit aus, Discounter Lidl bereits in ganz großem Stil.
Davon unabhängig reagieren die Händler auf die großen Personalsorgen, die sie insbesondere an den Bedienungstheken haben. Bei Neuanschaffungen greifen sie deshalb gern zu Theken, die sich von der Bedienung zur Selbstbedienung umbauen lassen. Je nach Anbieter tragen die Theken Attribute wie etwa „Flex-“ oder „hybrid“. Patrick Simon, Leiter Vertrieb LEH national/international bei Aichinger, spricht vom „Thekenmodul Filou Flixx“ , das mit wenigen Handgriffen ohne Werkzeug „zunehmend mehr Akzeptanz findet“. Er bestätigt, dass „etwa 15 Prozent der Laufmeter der Kühltheke gegenwärtig mit diesem Thekenmodul geliefert werden – Tendenz steigend.“
Mitbewerber Schweitzer stimmt zu: Er kenne nur wenig neue Objekte, „in die wir keine hybriden Theken eingebaut haben“. Stellt sich also die Frage: Wie steht es mit dem Energieverbrauch der wandelbaren Theken?
Dafür gelten laut Aichinger-Vertriebsleiter Simon die „gleichen physikalischen Grundsätze wie für herkömmliche Theken“. Aber er schränkt ein: „Sicherlich ist der Kälteleistungsbedarf entsprechend der Betriebsdauer im aufgeklappten SB-Modus höher als bei einer herkömmlichen Bedienungstheke.“
Modular einsetzbar
Bernhard Schweitzer hingegen sieht seine hybriden Theken mit Waterloop grundsätzlich im Vorteil, sie sind seiner Meinung nach besonders energieeffizient. Hinzu kommt, dass sie modular einsetzbar sind. So kann man zusätzliche Sortimente oder Saisonartikel ohne große Umbaumaßnahmen präsentieren. Den größten Vorteil sieht der Firmenchef aber woanders: „Wenn die CO2-Kühlanlage nicht funktioniert, fallen alle Theken im Markt aus. Beim Waterloop betrifft es nur eine einzelne Theke.“
3 Fragen an
Bernhard Schweitzer, der als internationaler Ladenbauer alle Trends in Sachen Kühlung kennt.
Energiesparen ist im Handel gelebte Realität. Wo sehen Sie neue Entwicklungen?
Bernd Schweitzer: Bis vor Kurzem hatte der Handel keine andere Möglichkeit, als auf eine CO2-Anlage zu setzen. Eine teure und wartungsintensive Investition. Neu ist der „Waterloop“ mit steckerfertigen Lösungen: Alle Kühlmöbel haben kleine Kompressoren im Gerät verbaut. Die Wärme, die diese produzieren, wird über einen Wasserkreislauf abgeleitet. Das ist eine disruptive Technologie.
Die Technologie an sich ist aber nicht neu, oder?
Nein, aber erst in den letzten Jahren sind die Kompressoren immer kleiner und effizienter geworden, und wir arbeiten heute überall mit Türen. Außerdem kommt uns eine Gesetzesänderung bezüglich der Füllmenge an Propangas zugute. Durch diese Faktoren ist die Technik jetzt energieeffizienter als eine übliche CO2-Anlage.
Wo hat der deutsche Handel den größten Nachholbedarf im Vergleich zum Ausland?
Wenn wir in Frankreich eine Waterloop-Anlage installieren, bekommt der Einzelhändler 40 bis 60 Prozent Investitionsbeihilfe vom Staat. Es ist schade, dass in Deutschland seitens der Regierung zu wenig für die klimafreundliche Technologie getan wird.