Mehrwegsysteme Erfahrungen der Händler

Manche selbstständigen Kaufleute wie Edeka Struve, Rewe Richrath und Rewe Quermann waren der Angebotspflicht einen Schritt voraus und bieten schon länger Mehrwegbehälter für To-go-Produkte an. Ihre Erfahrungen und einige am Markt befindlichen Beispiele für Mehrwegsysteme.

Dienstag, 10. Januar 2023 - Management
Hedda Thielking
Artikelbild Erfahrungen der Händler
Bildquelle: Recup

Edeka Struve kooperiert mit Vytal
Edeka Struve in Hamburg kooperiert in allen Märkten mit Bistro und Salatbarmöglichkeit mit dem Mehrwegsystem Vytal. Es handelt sich um ein pfandfreies System. „Die Kunden laden eine App herunter, registrieren sich, nehmen einen Behälter mit individuellem QR-Code, füllen diesen und zahlen an der Kasse. Dort ist mit dem QR-Code auch das Tara hinterlegt. Die benutzten Behälter werden in eine separate Rücknahmebox gestellt und bei uns maschinell gespült“, beschreibt Melanie Zabel, verantwortlich für Marketing und Nachhaltigkeit bei Edeka Struve, das System. „Wir zahlen für die Behälter eine Gebühr pro Nutzung. Diese Gebühr entsprach bislang in etwa den Kosten für eine Einwegbox. Das System läuft vor allem in unseren City-Märkten mit Büroklientel sehr gut. Hier entscheiden sich etwa 40 Prozent der Kunden, die To-go-Speisen oder Getränke kaufen, für den Mehrwegbehälter.“ Ob Edeka Struve in diesem Jahr auf das „regood“-System umstellen wird, möchte man erst intern besprechen. „Die Etablierung eines Mehrwegsystems mit Pfand könnte ein größeres Hindernis in der Akzeptanz sein. Zielsetzung ist die direkte Einsparung von Ressourcen und Schonung der Natur“, sagt Melanie Zabel.

Rewe Richrath ist Testmarkt von Vytal
Auch Rewe Richrath gehört zu den Testmärkten von Vytal. „Wir bieten bisher Mehrwegschalen ausschließlich in unserem stärksten Markt in der Kölner Opernpassage an der großen Salatbar an. Pro Monat werden hier etwa 350 Schalen genutzt. Das entspricht einer Nutzungsrate von gut 20 Prozent“, berichtet Achim Krich, verantwortlich für Obst, Gemüse und Regionalität. „Das pfandfreie System mit der App klappt gut, auch wenn wir damit nicht alle Kunden erreichen. Der Vorteil dieses Systems ist, dass wir im laufenden Geschäft nichts damit zu tun haben. Bei uns wird die Rückgabebox von Vytal sogar täglich zum Spülen abgeholt und gegen eine Box mit sauberen Schalen ausgetauscht.“ Pro benutzter Schale zahlt Rewe Richrath eine geringe Nutzungsgebühr. Und wie geht es 2023 weiter? „Dann werden wir uns der Rewe-Lösung anschließen, da eine Insellösung aus unserer Sicht keinen Sinn macht. Doch bisher ist noch nicht klar, welches Mehrwegsystem die Rewe anbieten wird“, teilt Achim Krich mit.

Rewe Quermann kooperiert mit Recup
Rewe Quermann in Bielefeld entschied sich im Jahr 2021 für das Pfandsystem von Recup/Rebowl, dem Anbieter mit den bisher meisten Annahmestellen in Deutschland. „Für dieses Pfandsystem sprach unter anderem, dass es in Bielefeld bereits etwa 120 Gastronomen gibt, die mit diesem Dienstleister zusammenarbeiten. So können die Kunden überall dort, wo es die jeweiligen Recup-Behälter gibt, auch zurückgeben“, berichtet Mitch Grothues, Leiter der Gastronomie bei Rewe Quermann. Das Rewe-Center bietet im Gastro-Bereich drei Mehrwegschalen (Bowls) und zwei Mehrwegbecher in unterschiedlichen Größen an. Insgesamt 200 Behälter sind im Umlauf. Die Kosten: „Recup veranschlagt für die Behälter je nach Vertragslaufzeit eine monatliche Servicegebühr von ca. 30 Euro – unabhängig davon wie viele Behälter man geordert hat. Hinzu kommt das Pfand von fünf Euro pro Schale und ein Euro pro Becher, das wir als durchreichenden Posten an die Kunden weitergeben. Das System funktioniert super. Etwa 20 Prozent der Kunden entscheiden sich für Mehrweg anstatt Einweg“, freut sich Mitch Grothues und sagt weiter, „Falls die Rewe ein eigenes Mehrwegsystem anbietet, werden wir dieses zusätzlich aufnehmen. Die Zusammenarbeit mit Recup/Rebowl werden wir deshalb nicht aufgeben, da sich das System bei den Kunden gut etabliert hat.“ Doch bisher hat auch er noch keine Informationen von der Rewe Zentrale bekommen.

Wie Mehrwegsysteme für To-go-Behälter funktionieren
Es gibt mittlerweile einige Anbieter von Mehrwegsystemen für Speisen und Getränke To-go. Die einen arbeiten mit einem Pfandsystem, die anderen funktionieren digital per App. Ein paar Beispiele:

Recup
Recup gilt als Pionier in Sachen Mehrwegsysteme in der Gastronomie mit mittlerweile 14.600 Ausgabe-/Rücknahmestellen in Deutschland. Es handelt sich um ein Pfandsystem. Die Händler bzw. Gastronomen schließen mit Recup einen Abo-Vertrag. Je nach Laufzeit zahlen sie dafür eine monatliche Nutzungsgebühr von rund 30 Euro pro Standort/Filiale. Dafür kann der Händler so viele Pfandbecher und -bowls bestellen wie er möchte. Zusätzlich wird die Pfandgebühr von 1 Euro pro Becher, 1 Euro pro Deckel und 5 Euro pro Bowl hinterlegt. Das Pfand wird als durchreichender Posten an die Kunden weitergegeben.

„Bei Erstbestellung empfehlen wir für unsere Pfandbecher und Pfandschalen die dreifache Menge des Absatzes an Coffee-to-go/Essen zum Mitnehmen pro Tag“, informiert Greta Mager, zuständig für Presse und Kommunikation bei Recup.

Nach dem Gebrauch bringt der Kunde die Behälter in eine beliebige Recup/Rebowl Annahmestelle, die diesen Behältergröße ausgibt, zurück und erhält sein Pfand zurück. In einer App sind alle Recup Annahmestellen gelistet. Der Händler reinigt die Behälter in der Spülmaschine und bringt sie anschließend wieder in den Kreislauf. Recup bietet keine externe Spüldienstleistung an.

Aktuell sind 138 Supermarktstandorte Teil des Systems, darunter viele Biomärkte, wie Alnatura, Bio Company, Denn´s etc., sowie Edeka Süd-West Standorte. „Die Rückgabequote unserer Becher und Bowls ist sehr unterschiedlich. Bei unseren großen Partnern mit zum Teil über 1.000 Ausgabestellen liegt die Rückgabequote im Schnitt bei 80 Prozent“, berichtet Greta Mager,

Laut Recup ist dieses Mehrwegsystem für Gastronomiepartner ab dem 12. Getränk am Tag, das To-go ausgegeben wird, günstiger (bei einem Durchschnittspreis von 9 Cent pro Einwegbecher). Rebowl ist ab dem 6. Gericht To-go am Tag günstiger (bei einem Durchschnittspreis von 18 Cent pro Einwegschale).

Weitere Informationen: recup.de

FairCup
FairCup arbeitet ebenfalls mit einem Pfandsystem. Zurzeit gibt es bundesweit rund 5500 Annahmestellen. Die monatliche Systemgebühr beträgt je nach Standort und Laufzeit zwischen 15 und 27 Euro. Bei mehr als sechs Standorten gibt es einen Preisnachlass. Hinzu kommt eine Einmalgebühr von 10 Cent pro Becher, 10 Cent pro Deckel (Verschluss- oder Trinkdeckel), 35 Cent für Snackboxen und 55 Cent für Menüschalen. Die Kunden wiederum hinterlegen beim Kauf von Kaffee To-go & Co. ein Pfand von 1,50 Euro pro Becher & Deckel, 4 Euro pro Snackbox und 5 Euro pro Menüschale (Gebindepreise).

FairCup unterscheidet sich von manchen anderen Anbietern dadurch, dass für die Becher & Schalen ein eigenes Design entwickelt wurde. So stehen Becher in fünf Größen und zehn Farben zur Auswahl. Hinzu kommt: „Die Becher und Snackboxen sind für die Rückgabe in Standard-Leergutautomaten zertifiziert. Damit die Kunden die Behälter dort abgegeben können, müssen die Leergutautomaten freigeschaltet bzw. umprogrammiert werden. Die Automaten nehmen allerdings nur Becher und Snackboxen mit Deckel an, damit keine auslaufenden Flüssigkeiten das Band verunreinigen. Wer Becher ohne Deckel abgegeben möchte, muss ihn händisch abgeben“, informiert Patrick Pfeiffer Assistenz der Geschäftsführung von FairCup. Bei Bedarf können Händler auch einen FairCup-Rücknahmeautomat leasen und diesen zum Beispiel an der Heißen Theke aufstellen. Die Leasing-Gebühr beläuft sich auf 250 Euro pro Monat.

Auf Wunsch bieten der Dienstleister einen Spülservice an und berechnet dafür 10 Cent pro Deckel und 10 bis 15 Cent pro Becher. Dafür kooperiert FairCup mit zwei Spülstraßen in Göttingen und in Darmstadt.

„Ziel von FairCup ist es, die Leergutautomatendichte ausbauen, im LEH weiter Fuß fassen und zum Beispiel auch Dosen für Joghurts und andere Speisen in Eigenproduktion anzubieten“, so Patrick Pfeiffer.

Weitere Informationen: fair-cup.de

Vytal
Das pfandfreie Mehrwegsystem von Vytal arbeitet digital mit einer App. Hier hinterlegen die Kunden ihre E-Mail-Adresse und ein Zahlungsmittel (Sepa, Paypal, …). Vytal bietet außer Bechern und Schalen in verschiedenen Größen auch Mehrwegbehälter für Pizza, Burger und Sushi an. Demnächst wird das Sortiment um „eigene“ Schalen mit einem viereckigen Boden und einem runden Rand erweitert. Sie sollen sich besonders gut stapeln lassen.

Das Ausleihen einer Schüssel beispielsweise an der Salatbar funktioniert so: Der Kunde nimmt sich eine Schüssel, scannt den QR-Code darauf, bedient sich an der Salatbar, geht zur Kasse und zeigt die Scanbestätigung. Die Schüssel wird an der Kasse, wo das Tara hinterlegt ist, gewogen und der Preis ermittelt. In Bereichen mit Bedienung, wie im Bistro, scannt das Personal die QR-Codes des Behälters und des Kunden.

Der Kunde kann den Behälter innerhalb von zwei Wochen in teilnehmenden Märkten zurückgeben. Macht er das nicht, ist also kein Rückgabe-Scan erfolgt, werden von seinem Konto 4 Euro pro Becher bzw. 10 Euro pro Schale abgebucht. Damit hat der Kunde die Schale bzw. den Becher gekauft. „Durch das pfandfreie System werden unserer Meinung nach größere Anreize geschaffen, dass die Behälter schnell wieder zurück in den Kreislauf kommen“, sagt Dr. Tim Breker, Geschäftsführer von Vytal.

Dieses Mehrwegsystem finanziert sich so: Die Supermärkte zahlen pro Füllung eine Nutzungsgebühr von 10 bis 30 Cent, je nach Anzahl der Filialen und Bestellmenge. Für den optionalen Spülservice kommt ein weiterer Centbetrag dazu. Die Höhe variiert je nach Behältermenge und Entfernung zur Spülstation. Zurzeit kooperiert Vytal bundesweit mit mehr als zehn Spülstationen.

Momentan gibt es 3.500 Vytal-Partner in Deutschland, davon sind 120 teilnehmende Märkte im LEH mit insgesamt 150 Filialen.

Weitere Informationen: vytal.org

PFABO
Das Pfandsystem PFABO bietet Pfandboxen in drei Größen (1 Liter und 3 Liter) entlang der gesamten Wertschöpfungskette an. Die Box kann von den Kunden zum Beispiel an der Salatbar, an Bedientheken oder Unverpackt-Stationen genutzt werden. Für vorverpackte Ware bietet PFABO zusätzlich zu den Boxen auch Becher an, z. B. für Obstsalate, Feinkostsalate oder Antipasti aus der Eigenproduktion. Kaffeebecher sind derzeit noch nicht im Sortiment. Alle Behälter bestehen aus recyclefähigem PP (Polypropylen). Die Deckel für Boxen und Becher schließen laut PFABO ohne Silikon, Dichtungsgummis oder andere weichmachenden Kunststoffe dicht ab.

An der Kasse werden die Boxen gescannt, gewogen und der Preis incl. Pfand (5 Euro je Box und 1,50 Euro je Becher) ermittelt. Nach dem Gebrauch können die Kunden die Behälter bei teilnehmenden PFABO-Partnern abgegeben und bekommen das Pfand an der Kasse zurück.

Die Partner können zwischen zwei Abrechnungssystemen wählen: Entweder zahlen sie eine Pauschale von 39 Euro pro Monat und können damit beliebig viele Behälter bestellen. Oder es wird per use, also für jede benutzte Box, abgerechnet. Die Kosten belaufen sich hier auf 18 bis 30 Cent pro Behälter. „Bei mehr als 100 Nutzungen im Monat lohnt sich in jedem Fall das pay-per-use-Modell“, teilt Geschäftsführerin Juliane Spieker mit. „Bei großen Kunden bieten wir einen Spülservice über einen Reinigungsdienstleister an. Wir empfehlen den Partnern jedoch, die Behälter selbst zu reinigen. Das geht schneller, ist preiswerter und die Boxen müssen nicht extra transportiert werden.“ PFABO arbeitet sowohl mit Produzenten, Lebensmitteleinzelhändlern aber auch Gastronomen zusammen und konnte seit dem Start im Januar bereits 94 Ausgabestellen dazu gewinnen. Dazu gehören BIO COMPANY SE, der kommunale Krankenhauskonzern Vivantes oder auch die Bäuerliche Erzeugergemeinschaft Schwäbisch Hall.

Weitere Informationen: pfabo.de

Weitere Anbieter von Mehrwegsystemen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit)

recircle.de
relevo.de
cupforcup.de
con-cup.de
cupcycle.eu

Linkliste:

  1. LMV Aktuelle Hinweise zum Stand der Diskussionen.pdf
  2. LMV Fragen und Antworten-Katalog zum Verpackungsgesetz.pdf
  3. LMV Merkblatt-Mehrweg-Behaeltnisse.pdf