Payment Plastik statt Papier

An der Kasse zücken die Verbraucher immer häufiger die Karte. Die Pandemie hat dem kontaktlosen Bezahlen neuen Schub verliehen. Zugleich zahlen Supermärkte immer öfter Bargeld aus.

Dienstag, 14. Juni 2022 - Strategie
Manuel Glasfort
Artikelbild Plastik statt Papier
Bildquelle: Getty Images

Der Trend zur Karte ist eindeutig – und er hat sich in Pandemiezeiten deutlich beschleunigt. Daran lässt Horst Rüter keinen Zweifel. Er muss es wissen: Rüter gehört zur Leitung des EHI Retail Institutes, das das Thema Payment seit Jahren begleitet und seine neuesten Untersuchungsergebnisse kürzlich auf dem EHI Payment Kongress vorstellte.

Sie zeigen: Das Bargeld ist weiter auf dem Rückzug. Lediglich 38,5 Prozent der Umsätze im stationären Einzelhandel wurden 2021 noch in bar beglichen, im Lebensmitteleinzelhandel waren es zwischen 40 und 45 Prozent. Die Kartenzahlung macht im stationären Einzelhandel dagegen inzwischen 58,8 Prozent des Umsatzes aus. Zum Vergleich: Im letzten Jahr vor der Pandemie, 2019, lag der Kartenanteil im gesamten Einzelhandel noch bei 50,5 Prozent. „Ein wahnsinniger Aufschwung für die Karte“, findet Rüter. Beim Plastikgeld seien die Verhältnisse klar: „Die Girocard mit PIN und das Lastschriftverfahren sind die klaren Marktführer geworden“, resümiert der Payment-Experte. Die Kreditkarten gewannen zuletzt etwas an Boden.

Allerdings greifen die Verbraucher gerade bei kleineren Beträgen weiterhin zu Münzen und Scheinen, sodass auch 2021 noch gut sechs von zehn Bezahlvorgängen im Einzelhandel in bar abgewickelt wurden. Erhoben hat das EHI Retail Institute die Zahlen mittels eines Panels, an dem 292 Unternehmen des Einzelhandels beteiligt sind.

Flächendeckend durchgesetzt hat sich inzwischen auch das kontaktlose Bezahlen, ob mit dem Smartphone oder per Karte. „Der Lebensmitteleinzelhandel war Treiber von technologischen Entwicklungen wie dem kontaktlosen Bezahlen und mobilen Bezahlen“, sagt Rüter. Das EHI Retail Institute geht davon aus, dass inzwischen fast zwei Drittel (63,8 Prozent) aller Kartenzahlungen kontaktlos ablaufen. Das sogenannte mobile Bezahlen, also per Smartphone, ist dagegen bisher noch die Ausnahme und kommt auf lediglich 2,9 Prozent aller unbaren Zahlvorgänge.

Wie zentral das Thema Payment für den LEH ist, zeigt das Beispiel Rewe. Die Gruppe betreibt bereits seit Jahren mit Rewe Group Card Services einen eigenen Girocard-Netzbetreiber statt auf externe Dienstleister zurückzugreifen. Im vergangenen Jahr gründete Rewe die Technologietochter Paymenttools, mit der das Payment-Geschäft ausgebaut und auch externen Kunden zur Verfügung gestellt werden soll.

Tschüs, Bargeld ?
Ist das Bargeld also ein Auslaufmodell? Während die Mehrzahl der auf dem Payment Kongress versammelten Experten mit einem weiteren Rückgang von Barzahlungen rechnete, brach Dorothea Mohn, Finanzexpertin vom Verbraucherzentrale Bundesverband, eine Lanze für Münzen und Scheine. „Aus meiner Sicht bleibt das wichtigste Zahlungsmittel das Bargeld“, sagte Mohn.

Das Bargeld sei keinesfalls von gestern. Aus Verbrauchersicht biete das Bargeld einige Vorteile: bessere Ausgabenkontrolle, Schutz der Privatsphäre und Unabhängigkeit von elektronischer Infrastruktur.
Der letzte Punkt hat sich gerade erst wieder bewahrheitet. Aufgrund eines Softwarefehlers beim Terminalanbieter Verifone konnten Kunden von Super- und Drogeriemärkten tagelang nicht mit Karte zahlen. Auch eingefleischte Kartenzahler mussten sich mit Bargeld eindecken.

Das tun die Verbraucher übrigens immer häufiger in Supermärkten. Knapp 90 Prozent der im EHI-Panel vertretenen Lebensmittelhändler und Drogeriemärkte bieten den Service der Bargeldauszahlung an. Und die Kunden machen Gebrauch davon: Jeder zehnte eingenommene Euro wurde 2021 auf diese Art wieder an die Kundschaft ausgegeben. Vor zwei Jahren waren es gerade einmal 2,8 Prozent.