Logistik Ausschau nach Auswegen - Ausschau nach Auswegen: Teil 3

Die Logistik des Lebensmittel-Einzelhandels in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen. Verursacht sind sie durch die Überlastung von Straßen und Innenstädten. Verstärkt wir das Problem durch den Boom des Online-Handels. Auch die E-Food-Anbieter tragen dazu einen immer größeren Teil bei. Hinzu kommt ein drohendes Dieselfahrverbot. Die Betroffenen halten daher dringlich Ausschau nach Auswegen. Nachtlogistik oder emissionsarme Antriebe könnten Alternativen sein.

Montag, 04. Juni 2018 - Management
Martin Heiermann
Artikelbild Ausschau nach Auswegen - Ausschau nach Auswegen: Teil 3
Bildquelle: Esso, Carsten Hoppen, Rewe, Deutsche Post DHL

Alternativen: Diesel oder Strom
Natürlich verweist das Unternehmen in diesem Zusammenhang auch auf „seinen“ Streetscooter. An der Entwicklung und Weiterentwicklung des E-Transporters sind die Bonner über eine Tochtergesellschaft beteiligt. Für dessen Vertrieb ist die Deutsche Post DHL jetzt eine Kooperation mit den Ford-Transit-Centern eingegangenen. Die Center übernehmen in Deutschland den Verkauf und Service für die am Markt verfügbaren Streetscooter.

Kann die Deutsche Post auf eigene E-Fahrzeuge zurückgreifen, sind andere Logistiker beziehungsweise Händler auf die Angebotspalette weniger einschlägiger Hersteller angewiesen. Der Lebensmittel-Online-Händler Picnic, Newcomer in deutschen Markt, setzt beispielsweise auch auf E-Fahrzeuge aus Frankreich für die Auslieferung. Drogeriehändler dm verfolgt nach eigenen Angaben das Ziel der Umstellung der eigenen Lkw-Flotte auf schadstoffärmere Diesel- beziehungsweise auch auf Elektrofahrzeuge. Doch genau hier gibt es derzeit noch Probleme. „Bei unserem Test mit einem E-Truck in Köln haben wir feststellen müssen, dass auf Seiten der Industrie noch Optimierungsbedarf vorhanden ist“, meint dm-Logistik-Manager Sternbeck. Es gebe sowohl ökologisch als auch ökonomisch noch einiges zu tun, bevor die Produkte in Serie gehen könnten. Ein Bedarf sei jedenfalls vorhanden. Christian Bodi, Logistik-Geschäftsführer bei dm, wird noch deutlicher. Er verweist darauf, dass die Investitionen in einen E-Truck mehr als doppelt so hoch seien, wie für einen Diesel-Lkw.

Ähnlich wird die Lage beim Wettbewerber Rossmann eingeschätzt: „Innovationen im Bereich der Mobilität wie Lkw mit Elektro- oder Gas-Antrieb ziehen wir langfristig in Erwägung“, teilt das Unternehmen mit. Doch zum jetzigen Zeitpunkt sieht das Fazit wenig positiv aus. Der Drogeriemarkt-Betreiber sieht noch keine Lösungen für umweltfreundliche Antriebe, „die unsere Anforderungen abdecken“.

Dennoch gibt es Experimente im Lebensmittel-Einzelhandel mit neuen Antriebstechnologien. Auch der Discounter Aldi Süd ist dabei. Sowohl Erdgas-Lkw als auch Elektro-Lkw werden 2018 zunächst testweise in einzelnen Regionalgesellschaften eingesetzt. „Für das Logistik-Projekt arbeiten wir mit den Fahrzeugherstellern Iveco im Bereich Erdgas- und mit Framo im Bereich Elektro-Technologie zusammen“, sagt Andreas Kremer, Leiter Logistikmanagement bei Aldi Süd. Seit dem Frühjahr wird demnach jeweils ein Erdgas-Lkw in den Regionalgesellschaften mit Sitz in Butzbach, Ebersberg, Aichtal und Langenfeld unterwegs sein. Die Einsatzgebiete liegen damit im Umland von Frankfurt, im Großraum München, Stuttgart sowie Düsseldorf. Im Sommer soll ein Elektro-Lkw in Mülheim/Ruhr und Umland eingesetzt werden.

Rewe-Managerin Heitzer wartet auf weitere technische Fortschritte bei der Elektromobilität: „Sofern das Reichweitenproblem gelöst wird, und es eine echte Massenproduktion für größere Fahrzeuge gibt, sehen wir ein deutliches Potenzial.“ Bis dahin setzt der Handelskonzern bei seiner Lkw-Flotte auf moderne Dieseltechnologie. Diese erfülle bereits den Euro-6-Standard. Heitzer ist aber überzeugt, dass die Diskussion um Fahrverbote die Entwicklung alternativer Antriebstechniken und alternativer Kraftstoffe beschleunige.

Für den Onlinehandel sieht die Post die E-Mobilität uneingeschränkt als Technologie der Zukunft. Aus diesem Grund stellt der Logistiker seine Zustellflotte sukzessive auf Streetscooter um. Mit rund 6.000 E-Transportern haben die Bonner schon jetzt die größte E-Flotte im Nutzfahrzeugbereich.

Problempunkt Batterie
Insgesamt sehen Experten alternative Antriebsformen und gerade auch die Elektromobilität weiterhin skeptisch. Die Batterie für einen Elektro-Lastwagen sei sehr teuer, wiege mehrere Tonnen, brauche viel Platz und bedeute für Speditionen und Logistiker selbst beim Aufbau eines großen Schnellladenetzes lange Stehzeiten, erklärte Bernd Heid von der Unternehmensberatung McKinsey. Reto Leutenegger vom Schweizer Elektro-Lkw-Hersteller Eforce One, meint, es sei fast nicht möglich, E-Lkw wirtschaftlich zu betreiben. Der Strom sei teuer, die Batterie allein koste 200.000 Euro, und der bürokratische Aufwand für staatliche Zuschüsse sei hoch. Kunden, die den elektrischen 18-Tonner von Eforce zur Belieferung von Supermärkten einsetzten, hätten sich auch über zu wenig Nutzlast beklagt. Für Unternehmensberater Heid und den Mercedes-Benz-Lkw-Chef Stefan Buchner ist langfristig der Wasserstoffantrieb eine Alternative. Ein Netz von tausend Wasserstoff-Tankstellen würde reichen. Der Aufbau solcher Infrastruktur würde eine Milliarde Euro kosten. Bis dahin gäbe es keine Alternative zum Dieselmotor.

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Bild öffnen Elektro-Lastwagen sind umstritten: Die Batterien sind sehr teuer. Sie wiegen mehrere Tonnen und brauchen viel Platz.
Bild öffnen DHL stellt seine Zustellflotte auf Streetscooter um. Rund 6.000 E-Transporter fahren bereits.
Bild öffnen Rewe wartet in Sachen Elektromobilität auf eine Lösung des Reichweitenproblems. Diesel bleibt der bevorzugte Antrieb.