Logistik Ausschau nach Auswegen - Ausschau nach Auswegen: Teil 2

Die Logistik des Lebensmittel-Einzelhandels in Deutschland steht vor vielfältigen Herausforderungen. Verursacht sind sie durch die Überlastung von Straßen und Innenstädten. Verstärkt wir das Problem durch den Boom des Online-Handels. Auch die E-Food-Anbieter tragen dazu einen immer größeren Teil bei. Hinzu kommt ein drohendes Dieselfahrverbot. Die Betroffenen halten daher dringlich Ausschau nach Auswegen. Nachtlogistik oder emissionsarme Antriebe könnten Alternativen sein.

Montag, 04. Juni 2018 - Management
Martin Heiermann
Artikelbild Ausschau nach Auswegen - Ausschau nach Auswegen: Teil 2
Bildquelle: Esso, Carsten Hoppen, Rewe, Deutsche Post DHL

Mögliche Lösung Nachtlogistik
Dass dies selbstverständlich nicht so weiter gehen kann, fordert Rewe-Logistikerin Heitzer: „Wir müssen dringend heute nach Lösungen suchen, wie wir in fünf oder zehn Jahren Ware in die Märkte bekommen“, erklärt sie. Entsprechend ist die Rewe Group aktiv geworden. Im vergangenen Jahr erprobte der Handelskonzern in Köln und Dortmund mit seinem Forschungsprojekt GeNaLog die Möglichkeit, seine Läden über Nacht mit Ware zu beliefern. Der Vorteil: Zu dieser Uhrzeit sind die Straßen leer. Aber auch Nachteile traten klar hervor. So muss das Fahren und Ausladen geräuscharm erfolgen, damit Anwohner in ihrer Nachtruhe nicht gestört werden. In diesem Punkt bekam Heitzer jedoch positive Rückmeldung: „Was auf den ersten Blick unversöhnlich scheint, passt doch zusammen, wie wir im Rahmen unseres Projektes gesehen haben. An allen drei Teststandorten im Kölner Stadtgebiet lagen wir unter den gesetzlichen Geräusch- und Emissionsvorgaben“, zieht sie Bilanz. Das Projekt GeNaLog habe gezeigt, dass es möglich ist, die Interessen der Anwohner mit denen der Lebensmittel-Logistik bei der Nachtzustellung in Einklang zu bringen. Heitzer fordert allerdings für eine Umsetzung Rechtssicherheit und damit erneut die Politik heraus: „Es muss zu einheitlichen Regelungen kommen, die über die jeweilige Stadt oder Kommune hinaus Gültigkeit haben.“ Ohne diese werde die Nachtlogistik niemals ihr volles Potenzial ausspielen. Zumal auch betriebswirtschaftlich noch nicht feststehe, wie viel Mehrkosten die Belieferung in der Nacht mit sich bringe. Kostenfaktoren könnten höhere Investitionen in die Technik, Veränderung von Abläufen in den Lagern oder Aufwendungen für eine spätere Warenannahme sein. Auch bauliche Veränderungen seien teils notwendig.

Auch bei den Drogeriemarktketten scheint man daran zu arbeiten, für die Zustellung möglichst verkehrsarme Zeiten zu nutzen. Rossmann beklagt sich darüber, dass eng gefasste Lieferzeiträume, die Anlieferung der Ware in die Innenstädte erschwere. Aufgrund eines hohen Lkw-Aufkommens führe das innerhalb dieser Zeiträume zu Blockierungen. Für dm beschreibt Michael Sternbeck, der die Drogerie-Filialbelieferung verantwortet, zwar nicht genauer, wie man dagegen vorgeht, erläutert aber gegenüber der Lebensmittel Praxis: „Wir arbeiten an einer weitgehenden Integration der innerstädtischen Situationen in unsere Logistikplanung.“ Dazu gehöre auch eine Anpassung der Liefertage, sodass man mit guter Auslastung möglichst wenige Fahrten erreichen werde.

Die Nachtlogistik beziehungsweise die Verschiebung in verkehrsarme Zeiten könnte also für die Versorgung stationärer Läden eine gangbare Alternative sein. Allerdings müssten noch einige Voraussetzungen erfüllt werden.

Für das BtoC-Geschäft, also den Online-Handel, ist Zustellung an private Kunden in der Nacht dennoch keine wirkliche Möglichkeit. Der größte Logistiker hierzulande, die Deutsche Post DHL, hat in einem Pilotprojekt rund um die Kofferraumzustellung eine Nachtlieferung zwischen 23 Uhr und 5 Uhr getestet. Dabei stellt das Unternehmen fest, dass die privaten Empfänger eine Auslieferung am Tag deutlich bevorzugen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass der Logistiker, bei der Zustellung an private Empfänger in der Nacht wenig Potenzial sieht. Die Nachtruhe genieße privat Vorrang. Auch das Thema „Umpackzentren“ am Rande der urbanen Ballungsräume, zu dem es in den Niederlanden bereits einige Erfahrung gibt, sieht die Deutsche Post kritisch. Diese Variante sei vor allem für die Belieferung von Warenlagern großer Händler gedacht. Für die Zustellung an private Empfänger mit vielen Einzelsendungen sei das Modell wenig praktikabel. „Wir testen aber laufend neue Konzepte für die Belieferung der Verbraucher in Innenstädten und haben mit der Einführung der CO²-freien Zustellung in diversen deutschen Städten bereits einen wichtigen Schritt gemacht“, betont ein Sprecher des Logistikers. Damit sollen die Städte sowohl bei ihren Umweltschutzbestrebungen als auch bei der Reduktion von lautem Verkehr unterstützt werden. Längerfristig will die Post für die Paketauslieferung aber neue Zustellformen sowie neue Auslieferungsmodelle für Städte entwickeln – wie immer diese auch aussehen werden – und die Städte für die Pilotierung solcher Konzepte gewinnen.

40 Lkw- Fahrer

sucht die Drogeriemarkt- Kette Rossmann deutschlandweit. Ein Fahrermangel mache sich neben vielen anderen logistischen Problemen derzeit bemerkbar. Ältere gingen in Pension. Jüngere könnten sich diesen Beruf schwer vorstellen. Das Unternehmen setzt auf Jobmessen und Internetwerbung.

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