Lieferdienst Kostenlos liefern?

120 Minuten – und schon ist der Kasten Cola im Keller. Das verspricht das Start-up „Flaschenpost“, erst in Münster und jetzt auch Köln. Es gibt keine Lieferkosten.

Dienstag, 07. November 2017 - Management
K. Sielski
Artikelbild Kostenlos liefern?
Bildquelle: Flaschenpost

„Wir wollen unseren Kunden das lästige Schleppen von Getränkekisten abnehmen“, so das hehre Ziel von Dieter Büchl, Martha Eggert (Flaschenpost-Gründer) und Christopher Huesmann (Management-Team). Gestartet war das Start-up in Münster, es agiert jetzt auch in Köln. Vornehmlich, um zu lernen, sagt Eggert: Wie groß muss das Lager sein, um auch zu Spitzenzeiten lieferfähig zu sein? Wie funktioniert die Tourenplanung richtig? Passt der Software-Algorithmus? Wie passt man an unterschiedlichen Stadtorten das Sortiment an regionale Vorlieben an? Das seien einige der Fragen, die zu klären sind. Klar sei aber auch: In naher Zukunft gehe man in weitere Städte, der Anspruch ist national. Für den Schritt in die Millionenstadt Köln sei man gewappnet gewesen, da man in Münster alle Prozesse getestet hatte. Flaschenpost verzichtet auf die Berechnung von Lieferkosten. Dabei sollen die Preise sein wie im Supermarkt. Stimmt nicht ganz, etwas höher liegen sie schon. Beispiele: der 12er-PET-Kasten Christinenbrunnen kostet 6,90 Euro plus Pfand, Paulaner Hefe-Weißbier 20 x 0,5 l kostet 18,90 Euro plus Pfand, 12 x 1 l PET Coca Cola kostet 11,90 Euro plus Pfand.

Große Ambitionen

Die Köpfe hinter Flaschenpost erklären, wie sie wettbewerbsfähig sein wollen.

Wenn keine Liefergebühren anfallen, der Preis dem im Supermarkt gleicht – wie kann da die Rendite stimmen?

Dieter Büchl: „Der klassische Getränkehandel hat mehrere Zwischenstufen. Diese Fixkosten können wir rausstreichen. Und wir haben keine Ladenflächen mit hohen Innenstadtmieten. Das daraufhin eingesparte Personal und die geringere Miete eines Lagers, das nicht in der Innenstadt sein muss, können wir daher nutzen, um in die Lieferung zum Kunden zu investieren.“

So könne auch ein breiteres Sortiment angeboten werden. Es müsse natürlich darauf geachtet werden, besonders effizient und unter hoher Auslastung auszuliefern. Bei einer Fahrt sollte nie nur ein Haushalt beliefert werden, sondern immer mindestens vier oder fünf. Die IT-Struktur erkenne bei 50 Aufträgen in der Warteschlange, in welcher Reihenfolge wohin am besten ausgeliefert werden soll.

Was ist mit der letzten Meile?
Christopher Huesmann: „Die sogenannte ‚letzte Meile‘ ist in der Tat für viele Unternehmen eine große Hürde. Es ist aber unser ‚120-Minuten-Versprechen‘ gegenüber den Kunden, welches uns eine profitable Auslieferung ermöglicht. Unsere Kunden bestellen in der Regel nur, wenn sie wirklich zu Hause sind, da die Lieferung jederzeit innerhalb der nächsten 120 Minuten kommen kann. Dies führt dazu, dass wir die Kunden bei der Auslieferung so gut wie immer antreffen.“

Dass Flaschenpost nur einmal anfahren müsse, und nicht wie viele andere Lieferdienste mehrmals, mache eine profitable Lieferung möglich. Das sei wie beim Pizzadienst. „Für die Getränkebranche gab es bisher keine moderne Lösung“, sagt Eggert. Das allein reicht aber wohl nicht, um an den Start zu gehen und auch Erfolg zu haben.

Die Geldgeber der Flaschenpost sind u. a. Cherry Ventures und Vorwerk Ventures. Cherry Ventures ist ein Berliner Venture-Capital-Fonds von Gründern für Gründer, der europaweit so früh wie möglich in Ideen und Teams investieren möchte.

Die Vorwerk Direct Selling Ventures GmbH ist eine unabhängige Beteiligungsgesellschaft innerhalb der Vorwerk Gruppe.

Wer ist Ihr Wettbewerber?
Martha Eggert: „Im Prinzip sind das alle Getränke-Spezialisten.“

Sehen Sie den klassischen Supermarkt auch als Wettbewerber?
Huesmann: „Den Supermarkt, der auch andere Waren verkauft wie Käse und Wurst, möchten wir nicht angreifen. Aber wenn der Kunde dort mehr als zwei, drei Flaschen kaufen will und die Einkaufstasche schwerer wird, wollen wir den Kunden schon abwerben.“