Interview mit Daniela Büchel und Andreas Hofmann Vertrauen statt Misstrauen

Kunden wollen immer mehr, neue Wettbewerber tauchen auf, alte verbessern sich. Das Leben des Kaufmanns wird nicht einfacher. Muss sich der Handel ändern?

Montag, 23. Oktober 2017 - Management
Reiner Mihr
Artikelbild Vertrauen statt Misstrauen
Bildquelle: Carsten Hoppen

Die Welt wird komplizierter. Überall und ständig verfügbare Informationen, von allem mehr und vor allem schneller – all das macht auch vor dem Lebensmittelhandel nicht halt. Welche Konsequenzen hat das für Unternehmensführung und Mitarbeiter? Diese und mehr Fragen beantworten Daniela Büchel, Geschäftsleitung Personal und Nachhaltigkeit bei der Rewe, und Andreas Hofmann, Hoyck Management Consultants.

Neue Marktsituationen erfordern Reaktionen. Ist das mit bewährten Unternehmensstrukturen nicht mehr zu meistern?
Daniela Büchel: Auf jeden von uns stürzt heute unglaublich viel und das noch in schneller Abfolge ein. Arbeit, Geschäft, Leben gehen immer mehr ineinander über. Das muss neu organisiert werden. Die Anpassung an Veränderung ist für Unternehmen in immer kürzeren Abständen nötig. Marktnähe gelingt heute nicht mehr anders. Das betrifft Strukturen, Hierarchien und Führungsverständnis.

Andreas Hofmann: Die Anforderungen an Mitarbeiter wachsen und sind ganz andere. Langwierige Prozesse kann sich keiner mehr leisten. Das beeinflusst auch den Konkurrenzkampf um Mitarbeiter.

Büchel: Das ist tatsächlich ein Kulturthema. Überkommene Hierarchien lösen sich auf, mit zunehmendem Tempo müssen Fehler, etwas hinterfragen und “unbequem sein“ akzeptiert werden. Die Frage ist, wie setze ich das um? Wir brauchen Menschen, die das auch wollen.

Unternehmen müssen sich auf verändertes Kaufverhalten der Kunden einstellen, die Konkurrenz im Onlinehandel in Schach halten, mit neuen Geschäftsmodellen und Verkaufskanälen überraschen. Kurze Reaktionszeiten, schnelle Anpassung und beschleunigte Prozesse erfordern Konsequenzen. Vor allem bei Mitarbeitern und deren Denken. In jüngster Zeit wird in diesem Zusammenhang die „agile Unternehmensführung“ als Lösungsweg propagiert. Dahinter steckt natürlich ein komplexes Theoriegerüst, aber im Prinzip heißt das, sich flexibel auf Veränderungen einzustellen, schnell zu reagieren. Zentrales Element dafür ist die Selbstorganisation der Mitarbeiter. Teams, die nicht erst zig Anträge durch die Hierarchien bringen müssen, sind schneller und innovativer.

Hofmann: Sie brauchen vor allem Führungskräfte, die das vorleben.

Wie sind dafür die Voraussetzungen bei der Rewe?
Büchel: Bestens. Unsere Stärke ist die Individualisierung in den Märkten. Hier bestehen direkte Beziehungen zu Kunden, Landwirten, Erzeugern. Der Marktchef ist der entscheidende Faktor. Wir brauchen hier verantwortungsvolle Personen, die handeln. Befehl und Gehorsam auf der Fläche sind im Handel vorbei.