Interview Edeka Südbayern Mit xpress voraus

Die Tengelmann-Übernahme macht der Edeka Südbayern viel Arbeit. Doch die Freude überwiegt beim Führungstrio angesichts von Umsatz- und Flächenzuwachs sowie der Steigerung des Marktanteils in München. Dort geht Mitte Juli ein neues Kleinflächenkonzept an den Start.

Donnerstag, 13. Juli 2017 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Mit xpress voraus
(von l. nach r.) Claus Hollinger, Werner Gruber und Annemarie Schalk,
Bildquelle: Stefan Geisenfelder

Wie weit sind Sie mit der Tengelmann-Integration?
Claus Hollinger: Nach dem Gesellschafterwechsel am 1.1.2017 sind Anfang März das Lager in Eching sowie das Fleischwerk in Donauwörth technisch integriert worden. Seither geht es um die Einbindung der Einzelhandels-Filialen, von denen wir mehr als 170 übernommen haben.

Die Edeka Minden ist schon durch mit der Umstellung. Wieso dauert es bei Ihnen länger?
Annemarie Schalk: Wir setzen bei den Tengelmann-Märkten auf die Einführung von Lunar. Nach einer Pilotphase mit Testmärkten werden nun im Schnitt acht Märkte pro Woche in die technische Integration gebracht und auf Lunar umgestellt. Das ist eine hohe Schlagzahl. Rund 100 Märkte sind schon umgestellt. Uns kommt dabei entgegen, dass es bei Tengelmann eine geschlossene Warenwirtschaft gab. Die Mitarbeiter wissen, wie eine Bestandsführung oder eine automatische Disposition funktionieren.

Hollinger: Zudem fangen wir aktuell mit den Filial-Umbauten an. Zwölf Standorte werden derzeit komplett umgebaut. Dort können wir mehr Regalfläche und somit mehr Sortimente integrieren. Wir setzen dabei auf unsere bewährten Edeka-Stärken wie ausgeprägte Frischeabteilungen, Eigenmarken und Eigenproduktionen, unsere Warenpräsentation oder erweiterte Serviceangebote. Sukzessive packen wir danach die anderen Märkte an. Mitte Juli beginnt die vertriebliche Umsetzung, sodass dann Edeka auch draußen dran steht.

Bis wann sollen alle Filialen umgestellt sein?
Hollinger: Die Gesellschaft und die Mitarbeiter von Tengelmann wechseln am Stichtag 1.10.2017 in die Edeka Südbayern. Bis dahin werden alle Filialen umgeflaggt sein. Damit sind wir voll in unserem Zeitplan.

Schalk: Für die Tengelmann-Integration haben wir auch dadurch eine gute Ausgangsbasis, dass wir 2016 bei einer Bilanzsummensteigerung um 3,6 Prozent unsuere Eigenkapitalquote auf 63,8 Prozent erhöhen konnten. Für 2017 stehen zudem 103 Mio. Euro an Investitionen im Plan.

Werden alle Tengelmann-Filialen zu Edeka-Märkten?
Hollinger: Wir stellen 126 Märkte auf Edeka um und 48 Standorte auf ein neues Konzept. Es heißt Edeka xpress – ein Kleinflächenformat, das eine Neuheit in der Edeka-Welt ist. Wir haben es entwickelt für Flächen unter 600 qm vorzugsweise in Ballungsgebieten. Damit wollen wir uns auch zur Vertriebsschiene Edeka differenzieren. Mitte Juli starten wir mit diesem Konzept als klassischem Nahversorger. Gerade in Ballungsgebieten können wir uns vorstellen, dieses später stärker in Richtung Gastronomie und Convenience weiterzuentwickeln. Edeka xpress ist aber nicht nur auf die kleineren Tengelmann-Standorte beschränkt, sondern wir werden auch proaktiv Expansion für dieses Format betreiben.

Wie sehen die xpress-Läden aus?
Hollinger: Wir arbeiten an einer modernen Gestaltung mit neuen Böden, Decken und neuer Farbgebung, durch die schon erkennbar sein wird, dass Sie in einem xpress-Laden sind. Wir installieren 1,80-m- statt 1,60-m-Regale und die Kühl- und TK-Regale an den Wänden, um Flächenverluste zu vermeiden. Um so wenig Fläche wie möglich zu verschenken, wird es dort auch kleine Kassen mit modernen Bezahlmöglichkeiten geben. Wir setzen zudem auf Lokalkolorit. Schwerpunkt für die xpress-Läden wird München sein, dort sind im Münchner Logo z. B. der Fernsehturm, die Frauenkirche und die Allianz-Arena zu sehen. Die ersten xpress-Märkte öffnen am 17. Juli in München.

Wie integrieren Sie die 5.000-Tengelmann-Mitarbeiter?
Hollinger: Unser Slogan „Wir lieben Lebensmittel“ bringt auf den Punkt, was uns alle verbindet. Wir stülpen nicht einfach Edeka über, sondern lassen die besten Konzepte aus beiden Firmen zusammenfließen. Wir sind auf Veranstaltungen, Sitzungen und in Schulungen im ständigen Austausch. Am Ende braucht es aber Geduld, es handelt sich um einen Prozess des Zusammenwachsens.

Wie viele der 174 Tengelmann-Standorte werden nicht profitabel zu kriegen sein?
Hollinger: Wir haben ein Gesamtpaket gekauft. Dementsprechend muss dies auch über alle Wertschöpfungsstufen betrachtet werden, die durch eine höhere Auslastung noch effizienter und wettbewerbsfähiger werden.

Haben Sie schon eine geheime Liste mit Wünschen von selbstständigen Händlern in der Schublade, die nach Ablauf der in der Ministererlaubnis gesetzten Frist gern Standorte übernehmen möchten?
Hollinger: Das Moratorium läuft fünf Jahre. Deshalb ist jetzt noch nicht der Zeitpunkt, um über Privatisierungen zu sprechen.

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