Interview Edeka Südbayern Mit xpress voraus - Interview Edeka Südbayern: Teil 3

Die Tengelmann-Übernahme macht der Edeka Südbayern viel Arbeit. Doch die Freude überwiegt beim Führungstrio angesichts von Umsatz- und Flächenzuwachs sowie der Steigerung des Marktanteils in München. Dort geht Mitte Juli ein neues Kleinflächenkonzept an den Start.

Donnerstag, 13. Juli 2017 - Management
Sonja Plachetta
Artikelbild Mit xpress voraus - Interview Edeka Südbayern: Teil 3
(von l. nach r.) Claus Hollinger, Werner Gruber und Annemarie Schalk,
Bildquelle: Stefan Geisenfelder

Manche Einzelhändler sind zurückhaltend, was Lunar betrifft. Wie wollen Sie sie überzeugen?
Schalk: Ich denke, dass die Vorteile, die sich in den vergangenen Monaten in den umgestellten Märkten gezeigt haben, sehr überzeugend sind. Außerdem erhält, wer bis 2020 umstellt, einen Investitions-Zuschuss. Wir beteiligen uns für jeden Markt mit 30 Prozent an den Kosten für Hardware wie Kassen, Waagen oder Server sowie an denen für Dienstleistungen wie eine Inventur.

Welche Vorteile hat Lunar für die Einzelhändler?
Schalk: Lunar ist für Einzelhändler ein Quantensprung. Gerade für Mehrbetriebsunternehmen gibt es dazu aus meiner Sicht keine Alternative mehr. Die Vorteile sind die vollautomatische Bestellung, die nur bei Werbeartikeln noch manuell ergänzt werden muss, sowie eine artikelgenaue Bestandsführung. Zusätzlich erhält der Händler Auswertungen, z. B. über Renner im Edeka-Sortiment, die er nicht führt. Er kann damit sein Lager optimieren, sodass er weniger Kapitalbindung hat. Und weil es ein geschlossenes Warenwirtschaftssystem inklusive Rechnungswesen ist, erhält er viele weitere Auswertungen. Er ist so auch viel näher dran an seinen Rohgewinnen, Spannen oder Abschriften. All dies schlägt sich betriebswirtschaftlich positiv für ihn nieder.

Was tut sich im Sortiment?
Gruber: Regionalität bleibt ein klarer Trend. Wir sind bestrebt, diese Sortimente permanent auszubauen, einzupflegen und über den Großhandel anzubieten, aus denen der Kaufmann individuell die gewünschten regionalen Artikel bestellen kann. Aktuell gibt es 15.000 solcher Artikel, darunter rund 130 unserer regionalen Eigenmarke ,mein Bayern‘. Damit schaffen wir Vertrauen und heben uns vom Wettbewerb ab, weil wir ‚Geprüfte Qualität aus Bayern‘ anbieten können. Neu sind z. B. bayrischer Senf oder bayrische Rispentomaten.

Sehen Sie weitere Trends im LEH?
Gruber: Ganz klar, Superfoods bzw. das Thema ausgewogene Ernährung. Mit mehr als 450 Alnatura- sowie zahlreichen Eigenmarken-Artikeln sind wir in dem Bereich gut aufgestellt. Bei manchen Artikeln wie Goji-Beeren oder Chia-Samen haben wir zweistellige Umsatzzuwächse. Bei unseren Eigenproduktionen der Backstube Wünsche ist z. B. das neue Superfood-Stangerl ein Renner.

Wie sieht es mit Convenience aus?
Gruber: Das ist ein großes Thema für uns – gerade im Hinblick auf Edeka xpress, weil wir bei drei bis vier Tagen Mindesthaltbarkeit dafür eine hohe Kundenfrequenz und Drehzahl brauchen. Wir spielen das speziell im Obst- und Gemüsebereich sowie bei Snacks von der Backstube Wünsche. Aktuell gibt es bei uns die ersten Testläufe mit verschiedenen Gemüsemischungen oder Suppengemüse aus unserer eigenen Produktion.

Planen Sie die Eigenproduktion von vegetarischer / veganer Wurst?
Gruber: Unser Ziel ist es, möglichst viel selbst zu produzieren – auch, um so am besten Produktsicherheit und Qualität sicherstellen zu können. Aktuell produzieren wir etwa 300 Wurst-Artikel, der Eigenproduktionsanteil bei Wurst liegt bei 72 Prozent. Und wir sind zuversichtlich, dass wir das weiter steigern können, weil gerade der Münchner Kunde bei SB-Ware sehr kauffreudig ist und wir in dem Bereich starke Zuwächse haben. Am Thema vegetarisch / vegan kommt man nicht vorbei. Vegetarische oder vegane Wurst werden wir in absehbarer Zeit aber nicht selbst produzieren.

Was umtreibt Sie beim Thema Gastro-Konzepte?
Gruber: Dazu wird in der Branche derzeit viel ausprobiert. Wichtig ist, dass wir eine Wohlfühlatmosphäre schaffen können, damit die Kunden sich gern zum Essen hinsetzen. Dafür brauchen wir genug Platz für die Themen Frühstück und kleinere Gerichte wie Burger. Wir brauchen also einen Zuwachs an Verkaufsfläche, um ein vernünftiges Gastro-Konzept aufzubauen.

Hollinger: Im Gastro-Bereich experimentieren wir derzeit an etwa 20 Standorten in Regie und SEH mit verschiedenen Konzepten – angefangen von der Kochbar, die es zuerst in unserem E-Center in Gaimersheim gab, über Sushi bis hin zur ,Marktküche‘, ein Konzept der Edeka-Zentrale, das es nun auch in Rosenheim und einem Münchner Markt gibt. Wichtig ist uns, dem SEH in Zukunft ein schlüssiges Konzept aus einer Hand anzubieten.

Wie steht es aktuell um Ihr Engagement beim Thema Online-Handel?
Hollinger: Wir müssen dabei sein und dürfen den Anschluss nicht verpassen. Wir liefern aktuell für Bringmeister, unser Fokus liegt aber auf unserer eigenen Abholbox, die wir weiterentwickeln. Außer der E-Box am Gaimersheimer E-Center werden wir nach der Sommerpause zwei weitere Boxen in Ingolstadt platzieren sowie eine weitere an einem Regie-Markt in München. Damit wollen wir erst mal weitere Erfahrungen sammeln, bevor wir die E-Box selbstständigen Händlern anbieten.

Welche Erfahrungen haben Sie mit der E-Box in Gaimersheim bisher gemacht?
Hollinger: Der Umsatz ist nach wie vor überschaubar, aber das System entwickelt sich durch Stammkunden, deren Bon etwa dreimal so hoch ist wie der Durchschnitt im Markt. Aktuell haben wir bis zu zehn Aufträge am Tag, das meistgenutzte Abholzeitfenster ist zwischen dem frühen Nachmittag und dem frühen Abend. Die Zeit außerhalb der Öffnungszeiten nach 20 Uhr ist weniger relevant. Bei Fleisch und Wurst wird es vorerst bei SB bleiben.

Macht es Ihnen Sorgen, dass Amazon Whole Foods gekauft hat?
Hollinger: Noch können wir nicht zuordnen, inwieweit Amazon sich dadurch mehr Kompetenz ins Unternehmen zieht. Wir sind sehr gut positioniert. Unsere Devise ist: Wir müssen dem Wettbewerb einen Schritt voraus sein. Solange wir das sind, ist mir nicht angst und bange.

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