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Warum das alles?
Was Aldi Süd seine „Filiale der Zukunft“ und Wettbewerber Lidl, der in ähnlicher Weise die Läden neu konfektioniert, „neue Filialgeneration“ nennt (siehe Text unten), beschreibt Andreas Kaapke, Professor für Handelsmanagement an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg, als Antwort auf die „Schizophrenie des Verbrauchers“.
Wachsender betriebswirtschaftlicher Druck und schwindende Marktanteile ließen die verantwortlichen Discount-Manager dahin schauen, wo andere reüssieren: in die Supermärkte. „Ein dramatischer Anstieg der preisgünstigen Alternativprodukte in den Supermärkten hat dazu geführt, dass Verbraucher gelernt haben: Ich bekomme da, wo das Angebot etwas wertiger ist, auch preisgünstige Alternativen, also kann ich meinen gesamten Bedarf dort decken. Die Discounter machen mit ihrem Gourmet- und Luxus-Angebot genau dasselbe. Indem sie etwa neben den normalen Lachs den Gourmet-Lachs legen, suggerieren sie dem Kunden: Du bist schon in der richtige Verkaufsstelle, aber jetzt, wo Du Dir etwas gönnen möchtest, nimm doch die teurere Variante, auch die haben wir spitz kalkuliert.“
Hinzu kommt, dass sich Discount-Konzepte den gängigen Konsumtrends nicht verschließen können (oder wollen): Nachhaltigkeit, Wertigkeit, Tierwohl, Regionalität oder Fairtrade sind Aspekte, die zunehmend auch bei einem Aldi oder Lidl, Netto oder Penny ein entscheidendes Verkaufsargument liefern. „Also kommt die Frage auf, brauchen wir nicht eine generellere, sichtbarere Erneuerung“, meint Kaapke. „Und das macht man mit für den Kunden wahrnehmbaren Dingen wie Ladenlayout.“ Allerdings hätten Discounter da einen schwierigen Spagat zu erfüllen: Der Laden muss schöner sein als bisher, aber nicht so schön, dass der Verbraucher den Eindruck gewinnen könnte: Jetzt wird es teuer. „Es treten gelernte Mechanismen in Kraft: Der gleiche Kunde, der beim Aldi einen ganzen Karton unter den Arm klemmt, regt sich beim Rewe darüber auf, wenn ein Karton im Gang liegt.“ Dass die Neuorientierung weit über Ladengestaltung und Sortiments-Lift-up hinausgeht, erläutert Kaapke am Beispiel Lidl: „Das Signifikanteste nach außen waren die neuen Werbespots. Die waren so weit weg vom bisherigen Image, dass die meisten Verbraucher sie gar nicht zuordnen konnten.“ Die spitz kalkulierten Kernsortimente spielten darin kaum mehr eine Rolle, Frequenzbringer der Discounter sind vor allem Nonfood-Artikel zum speziellen Anlässen wie der Grillsaison oder dem Schulanfang: „Dagegen kommen die Supermärkte nur schwer an“, urteilt Kaapke. Eher müssten sie in Zukunft qualitativ mit Service-Elementen und Dienstleistungen aufrüsten.