Discounter Kampf der Giganten - Kampf der Giganten: Teil 2

Deutschlands Discounter rüsten auf. Mit neuem Filialdesign, erweitertem Sortiment und einem Hauch von Luxus wollen sie ihre Marktanteile sichern. Eine Gratwanderung.

Donnerstag, 01. September 2016 - Management
Nicole Ritter
Artikelbild Kampf der Giganten - Kampf der Giganten: Teil 2
Bildquelle: Lidl

Alte und neue Elemente
Wie bisher, trifft der Kunde als erstes auf das Frühstückssortiment. Neu ist hier die Gestaltung des Backautomaten und seine Integration in ein auffälliges Holzdekor, das auch in anderen, besonders hervorgehobenen Bereichen des Food-Sortiments aufgenommen wird; außerdem wurde hier die Coolbox angegliedert. „Hier präsentieren wir ein Sortiment für den schnellen Verzehr, für mittags oder auch saisonabhängig“, erklärt Zehra Yildirim, „es wird sicherlich auch noch einiges passieren, denn das Thema ist stark mit Trends verbunden.“ Auf der gegenüberliegenden Seite des Ganges sind die Getränke angeordnet, und der erste Gang führt direkt auf ein neues Highlight der Filialen zu: das Weinregal. „Hier setzen wir mit einer indirekten Beleuchtung bewusst auf Inszenierung“, beschreibt Holger Philippin das Regal, das mit seinen LED-Leuchtspots schon beim Betreten des Geschäfts ins Auge sticht. „Auch war es eine bewusste Entscheidung, die Weinflaschen auf den drei oberen Ebenen auszupacken.“ Nur weiter unten bleiben die Weinflaschen wie sonst üblich im Karton. Die Platzierung der Weine umrahmt zusammen mit dem Nährmittel-Sortiment und den Frischetheken das, was die Projektmanager die „Kochzone“ nennen und bedeutet eine wesentliche Umgestaltung der Märkte: Obst und Gemüse, bisher direkt vor den Kassen platziert, wurden ganz nach hinten in den Markt gezogen. Hier stehen künftig nicht nur alle Zutaten für das Kochen zusammen, die Kunden sollen auch genügend Platz und Ruhe für die Auswahl der Frischware finden: „Zu besonderen Stoßzeiten kann es passieren, dass der Kunden an der Kasse denjenigen stört, der in Ruhe sein Obst und Gemüse auswählen möchte“, hat Zehra Yildirim beobachtet. Wenn dann noch Mitarbeiter mit dem Hubwagen kommen, um aufzufüllen oder die Ware zu pflegen, ist das Chaos perfekt. Am neuen Platz unterstreichen die Holzoptik der Aufbauten und eine hinterleuchtete, grüne Deckenabhängung die Bedeutung, die der Discounter dem Frischesortiment mittlerweile zuweist. Kühlprodukte an der langen Wandseite rahmen die Kochzone ein. Hier wurden die Möbel mit einem Baldachin versehen, sodass sie in der Wand verschwinden, und das Leitsystem – weiße Schriftzüge auf hellgrauem Grund – soll die Orientierung erleichtern.

Den Marktplatzcharakter in der Mitte der Filiale unterstreicht die neue Ordnung auf der Aktionsfläche: Auch hier gibt es keine von der Decke herabhängenden Preisplakate mehr, verschiedene Aktionsbereiche – Food, Nonfood, stark reduzierte Ware – sind deutlich voneinander abgegrenzt, und auch hier verschwinden die Regale hinter der optisch einheitlichen Verkleidung in Grau oder Holzoptik. Hochwertige Artikel werden in Vitrinen präsentiert. „In diesem Bereich ging es auch darum, wie wir die Mitarbeiter technisch bestmöglich unterstützen“, erläutert Zehra Yildirim. Die Regale haben Rollen, sodass sie ohne Hubwagen bewegt werden können, die Tische sind teilbar.

Hat der Kunde den Marktplatz durchschritten, trifft er auf eine neu gestaltete Kassenzone: Die Möbel für die Blumenpräsentation wurden in die Kassentische integriert, Einkaufstaschen liegen nicht mehr unter dem Kassenband, sondern hängen daneben. Auf einem digitalen Screen laufen Kundeninformationen, oder es wird Werbung platziert. Und auch die Nachkassenzone hat noch ein Highlight zu bieten: Hier gibt es Sitzgelegenheiten und den neu eingeführten Kaffeautomaten mit 16 verschiedenen Spezialitäten der Aldi-eigenen Kaffee-Rösterei.

Nachdem der Pilotmarkt im Münchner Süden sich etabliert hat, wollen die Projektmanager in den Regionalgesellschaften von Aldi Süd nicht lange fackeln. Alle Filialen sollen bis Ende 2019 umgebaut sein, neue folgen dem Typus der Zukunft bereits. So steht in Eglharting bei München schon eine neu gebaute Filiale: Wo es architektonisch möglich ist, sollen Decken künftig offen bleiben und durch bodentiefe Fenster auf der Fassaden-Seite viel Tageslicht in den Markt gelangen. Scheint das Umbauziel auch ehrgeizig – schließlich sind mehr als 1.800 Filialen dran – so geht es jetzt Schlag auf Schlag und jede Woche werden mehrere Neu- oder Wiedereröffnungen angekündigt.

Lidls neue Generation

Glasfronten, ein gemeinsamer Einund Ausgangsbereich, offene Decken mit freiliegenden Balken, ein großzügig gestalteter Innenraum mit breiteren Gängen und niedrigeren Filialen als bisher: Die neue Filialgeneration von Lidl zielt nicht nur darauf ab, dass sich die Kunden beim Einkaufen wohlfühlen, sondern ist auch gebäudetechnisch ein Novum. Die ökologische Bauweise und richtungsweisende technische Ausstattung wurden seit 2009 entwickelt und sind mittlerweile mit dem „Deutschen Gütesiegel für Nachhaltiges Bauen“ ausgezeichnet. Dort, wo neue Filialen entstehen, folgen sie stringent dem neuen Konzept; andere Filialen werden im bestehenden Rahmen umgestaltet. Die Kunden erleben vor allem ein optisches Lift-up: Ein neues Farbkonzept löst das alte Lidl-Blau ab, dreidimensionale Logos der Eigenmarken an den Wänden sollen die Orientierung auf der Fläche erleichtern. Neu konzipiert wurden das Angebot der Back-waren und die Kassentische. Auf Frische und der Platzierung von Aktionsware liegt – ähnlich wie bei Aldi Süd – ein besonderer Fokus. Betont wird in Neckarsulm auch die Arbeits- und Aufenthaltsqualität für die Mitarbeiter der Filialen.

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