Interview mit Bert Martin Ohnemüller „Verkaufen heißt, den Kunden verstehen“ - Interview Teil 2

Viele Faktoren, die wir bewusst gar nicht wahrnehmen, bestimmen den Kaufentscheid. Besonders Mitarbeiter setzen am PoS Impulse und fördern mit ihrer Persönlichkeit die Kundenloyalität für ihren Markt.

Freitag, 24. April 2015 - Management
Dieter Druck
Artikelbild „Verkaufen heißt, den Kunden verstehen“ - Interview Teil 2
Haptischer Boden: Auf diesem Belag mit Pflasteroptik und -struktur rattern Einkaufswagen und vermitteln Marktplatz-Atmosphäre.
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Welchen Einfluss haben Mitarbeiter?
Da sprechen Sie einen ganz wichtigen Punkt an. Denn Handel ist in erster Linie immer die Begegnung von Menschen. Neue Raumkonzepte reichen nicht aus, um Kunden dauerhaft zu begeistern und zu binden. Selbst Discounter bauen heute schöne Läden. Für den Vollsortimenter machen die Mitarbeiter den entscheidenden Unterschied. Sie sind der zentrale Erfolgsfaktor am PoS. Allein schon die Ansprache mit dem Namen, das ist übrigens das Lieblingswort eines jeden Menschen, löst tiefe Emotionen und ein Gefühl der Zugehörigkeit aus – mein Markt, mein Kaufmann, meine Familie.

Kann das nicht auch über den Preis geschehen? Ich denke, dass bei roten Ziffern und dem Wort Rabatt genug Emotionen aufkommen und rationales Denken aussetzt.
20 Prozent auf Alles, außer auf die Zukunft?! Die Kreativität des Kaufmanns beschränkt sich viel zu oft auf Sonderangebote. Diese lösen einen nur kurzfristigen Kick beim Kunden aus. Unser Gehirn kennt keine Preise, sondern Werte wie z. B. Ehrlichkeit, Qualität, Glaubwürdigkeit. Das ist die Basis für Treue, die letztlich in Loyalität mündet. Und die, um nochmals auf die vorherige Frage einzugehen, gewinnt der Handel nicht über den Preis. Das heißt nicht, dass Preis-Promotions unwirksam sind, aber sie vermitteln keine dauerhaften Werte und hinterlassen keinen emotionalen Fußabdruck. Alles was nicht emotional ist, ist für das Hirn wertlos, es wird einfach vergessen.

Ist das noch ein Alleinstellungsmerkmal des Vollsortimenters?
Ja, das ist es. Die Mitarbeiter sind das Kapital des Vollsortimenters und das herausragende Alleinstellungsmerkmal. Hier gilt die Formel, glückliche Mitarbeiter machen glückliche Kunden und die machen glückliche Chefs.

Wie passt anderes, verkaufsoptimierendes Instrumentarium, z. B. Category Management, zum Unbewussten?
Das ist aus meiner Sicht zu technisch, zu sehr auf Sortimente und den Verstand ausgerichtet. Grundsätzlich sind wir bei diesen Dingen zu ’verkopft’. Suchen immer wieder den rationalen Ansatz. Überlegen Sie nur mal, wie oft Sie gesehen haben, dass ein QR-Code am PoS gescannt wurde. Übrigens werden 85 Prozent der Kaufentscheidungen von Frauen getroffen, und die kaufen nicht mit Excel-Tabellen ein.

Zur Person Bert Martin Ohnemüller
  • Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann bei der Horten AG
  • Industrieerfahrung in der Verkaufsförderung bei Maggi, außerdem absolviert Ohnemüller parallel ein Abendstudium an der Akademie für Kommunikation in Frankfurt am Main
  • Promotionmanager bei Richardson WickPharma (heute Procter & Gamble)
  • 1988 Schritt in die Selbstständigkeit und Gründung der BMO GmbH für Strategieund Konzeptionsberatung
  • Seit 2010 Inhaber und Geschäftsführer der Neuromerchandising Group GmbH in Frankfurt gemeinsam mit Achim Fringes. Das Unternehmen setzt Erkenntnisse aus der Gehirnforschung in Lösungen für Marke, Handel und Service um.

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Bild öffnen Kaufen ist Kopfsache: Vielfältige Impulse wirken beim Einkauf auf das Gehirn des Kunden.
Bild öffnen Haptischer Boden: Auf diesem Belag mit Pflasteroptik und -struktur rattern Einkaufswagen und vermitteln Marktplatz-Atmosphäre.
Bild öffnen Bildsprache: Bilder werden am PoS schnell verarbeitet und lösen Emotionen aus.
Bild öffnen Leuchtmittel: Licht hat einen erheblichen Einfluss auf die emotionale Wahrnehmung und die Kaufbereitschaft.
Bild öffnen Bert Martin Ohnemüller