Sonstige Erzeugnisse Fleischalternativen

Mit der wachsenden Zahl der Vegetarier, Veganer und Flexitarier steigt die Nachfrage nach fleischlosen Alternativen. Doch was verbirgt sich hinter Seitan, Tofu und Co.? Wir geben Antworten.

Samstag, 06. April 2013 - Warenkunden
Bettina Röttig
Artikelbild Fleischalternativen
Mehr Infos über die Fleischalternativen erhalten Sie auf Seite 2. (Bildquelle: Hoppen)
Bildquelle: Shutterstock, Hoppen

Ein Lebewesen verspeisen, das einmal Herz und Augen hatte? Wer dies nicht mit dem eigenen Gewissen vereinbaren kann, ernährt sich lieber vegetarisch. Andere protestieren durch ihre vegane Lebensweise gegen die Ausbeutung von Tieren durch den Menschen allgemein, während wieder andere ihren Fleischkonsum z. B. aus gesundheitlichen oder religiösen Gründen einschränken. Überzeugende Argumente für den gänzlichen oder zumindest teilweisen Verzicht auf Fleisch gibt es zahlreiche – und immer mehr Bundesbürger werden sich dieser bewusst und verändern ihre Essgewohnheiten.

Wie hoch der Anteil der Fleischverweigerer an der Bevölkerung hierzulande bereits ist, darüber gibt es aktuell lediglich Schätzungen. Der Vegetarierbund Deutschland (Vebu) geht von knapp 8 Mio. Bundesbürgern aus – Tendenz: deutlich steigend. Insbesondere in Großstädten scheinen sich vermehrt „Veggies“ zu tummeln, schaut man auf das dort mittlerweile oft ansehnliche vegetarische Angebot in Restaurants, Fastfood-Tempeln oder Kantinen sowie die Erfolge erster veganer Supermärkte.

Wer sich als Vollsortimenter über ein entsprechend kompetentes Angebot profilieren möchte, sollte unbedingt wissen, worauf er bei der Beratung der einzelnen Zielgruppen achten muss. Was ist erlaubt und was nicht?

Die wichtigste Info vorweg: Vegetarier sind nicht gleich Vegetarier! Fragen Sie daher genau nach, zu welchem Typ ihr entsprechender Kunde gehört und wo er eventuell Ausnahmen macht. Der Großteil der Vegetarier zählt zu den Ovo-Lakto-Vegetariern, d. h. sie verzichten auf Fleisch, Geflügel und Fisch sowie Gelatine, die aus Schweine- oder Rinderknochen hergestellt und etwa auch zur Klärung von Fruchtsäften und Wein verwendet wird. Produkte, die von lebenden Tieren stammen, wie Milchprodukte und Eier, sind dagegen Bestandteil des Speiseplans. Lakto-Vegetarier essen Milchprodukte, verzichten jedoch auf Eier, während es sich beim Ovo-Vegetarier genau anders herum verhält. Als „Flexitarier“ werden jene bezeichnet, die ihren Fleischkonsum reduzieren, beispielsweise einzelne fleischfreie Tage einlegen. Wer gänzlich auf tierische Produkte verzichtet, wird als Veganer bezeichnet. Tabu sind für ihn sowohl Fleisch- als auch Milchprodukte, Eier sowie Honig, aber auc h das Tragen von Lederwaren und Produkten aus Wolle und Seide.

Entgegen der offensichtlich noch immer weit verbreiteten Meinung, eine fleischfreie oder fleischreduzierte Ernährung bestehe vor allem aus „Grünfutter“ in jeglicher Form und Konsistenz, legen Vegetarier und Co. durchaus Wert auf einen abwechslungsreichen, kreativen Speiseplan. Die wenigsten Vegetarier oder Veganer kommen als solche auf die Welt. Wer heute z. B. aus ethischen Gründen auf Omas einst heiß geliebte Fleischpflanzerl (Frikadellen) mit Sauce und Kartoffelsalat verzichtet, freut sich ab und zu schlicht auf eine vegetarische Alternative, die zu Omas Kartoffelsalat und Sauce passt. Dass diese keineswegs so aussehen muss wie das fleischige Vorbild, sollte an dieser Stelle noch einmal betont werden. Menschen, die sich erst einmal an eine fleischreduzierte Ernährung herantasten, erleichtert dies jedoch häufig den Einstieg. Zudem macht es Spaß, im Sommer auch mal etwas auf den Grill zu legen, das noch besser mit der Barbecue-Sauce harmoniert als Zucchini oder Maiskolben.

Den Trend erkannt, bieten immer mehr Hersteller Alternativen zu Schnitzel, Bratwurst und Frikadelle an. Zu finden sind diese sowohl im Chilled-Food- als auch im Trockensortiment. Woraus Seitan, Tofu und andere Produkte bestehen, für welche Zielgruppe sie sich eignen und welche Zubereitungsarten zu empfehlen sind, lesen Sie auf den Seiten 2 und 3. Eine wachsende Zahl an Produkten trägt das Europäische Vegetarismus Label (V-Label). Die Kategorie (vegan, ohne Milch, ohne Ei etc.) steht als Zusatz unter dem V-Label - so wird Kunden die Orientierung deutlich erleichtert. Bei Produkten ohne dieses Siegel ist bei der Beratung von Veganern, Ovo- bzw. Lakto-Vegetariern ein Blick auf die Zutatenliste erforderlich. In vielen Produkten wird Hühnerei-Eiweiß als Verdickungsmittel eingesetzt. Andere Produkte werden mit Milch hergestellt.


Alternativen im Blick

Woraus wird Tofu gemacht? Wofür eignet sich Seitan? Die wichtigsten Alternativen im Überblick.

Tofu: Eine nahezu universell einsetzbare Zutat der vegetarischen und veganen Küche ist Tofu. Er kann gebraten, frittiert, gegrillt, gekocht, gebacken, mariniert, püriert oder geräuchert werden. Tofu wird aus Sojabohnen gewonnen. Diese werden eingeweicht, zerdrückt und gekocht. Der wichtigste Herstellungsschritt ist die Gerinnung mit Hilfe von Nigari (Magnesiumchlorid) oder Calciumsulfat (Gips). Die Gerinnungsmethode hat einen Einfluss auf die gewünschte Beschaffenheit und Struktur des fertigen Tofu. Man unterscheidet weichen Seidentofu sowie festere Tofusorten. Ein fertig gestellter Tofublock kann in mehrere Teile geschnitten, gewürzt oder anders weiterverarbeitet werden. Profi-Tipp: Unbearbeiteter frischer Tofu hat einen neutralen Geschmack und kann daher vielseitig eingesetzt werden. Um ihm die richtige Würze zu verleihen, sollte möglichst viel Wasser aus dem Block gepresst werden, so kann er z. B. Würzmarina den erst richtig aufsaugen. Getrocknete Soja-Schnetzel müssen vor der Weiterverarbeitung in heißem Wasser ziehen.

Seitan ist ein Produkt aus Weizeneiweiß (Gluten), das ursprünglich von chinesischen und japanischen Zen-Buddhisten entwickelt wurde. Seine Konsistenz ähnelt je nach Produkt Geflügel- oder Schweinefleisch. Zur Herstellung wird zunächst Weizenmehl mit Wasser zu einem Teig verknetet und wiederholt unter Wasser ausgewaschen. Dabei wird dem Teig ein Großteil der Stärke entzogen. Was zurückbleibt, ist eine zähe, glutenreiche Masse. Seine Konsistenz und seinen Geschmack erhält Seitan durch Kochen oder Dampfgaren der Rohmasse in einer Marinade, die traditionell aus Sojasauce, Algen und Gewürzen besteht. Anschließend wird es in Scheiben oder Stücke geschnitten und kann dann mariniert oder direkt weiterverwendet, z.B. gebraten oder frittiert, werden. Vor allem vegetarisch-vegane Fleischersatzprodukte (vegetarische Würstchen, „Hackfleisch", Geschnetzeltes) werden industriell aus Seitan hergestellt, z. T. in Verbindung mit Soja-Eiweiß.

Milcheiweiß: Vegetarisch, aber nicht vegan, sind Produkte auf Basis von Milcheiweiß und Pflanzenfasern wie Schnitzel und Nuggets der Marke Valess. Der Herstellungsprozess startet mit frischer Milch und ähnelt der Käseproduktion. Für die herzhafte Konsistenz und die fleischartige Struktur von Valess werden im nächsten Schritt Pflanzenfasern hinzugefügt. Zum Abschluss werden die Produkte mit Gewürzen, frischen Kräutern oder auch Füllungen verfeinert.

Mykoprotein: Ebenfalls in Geschmack und Textur nah an Fleisch sind Produkte auf Basis des aus Pilzkulturen gewonnenen Eiweißes Mykoprotein. Im Handel ist eine Vielzahl verschiedener Produkte, vom Hack über Filet und Geschnetzeltem z. B. unter der Marke Quorn erhältlich. Mykoprotein wird in einem Gärungsprozess (Fermentation), der dem beim Brauen ähnelt, hergestellt, mit dem Unterschied, dass die feste Masse anstatt der Flüssigkeit abgeschöpft wird.

Falafel: Fertig im Kühlregal oder als Fertigmischung zum Anrühren – die Kichererbsen Bällchen aus dem Orient haben eine große Anhängerschar. Falafel bestehen vor allem aus pürierten Kichererbsen, Zwiebeln, Gewürzen wie Kreuzkümmel und Koriander, und werden als Walnussgroße Bällchen oder Taler frittiert und z.B. im Fladenbrot mit Salat und Sesamsauce angeboten.

Bratlinge: Aus Gemüse oder Getreide, als (tief)gekühlte Convenience-Produkte oder Mischung – die Vielfalt an vegetarischen und veganen Bratlingen hat in den vergangenen Jahren großen Zuwachs bekommen. Häufig zum Einsatz kommen die Getreidesorten Grünkern, Hirse und Dinkel. Schauen Sie auf die Zutatenliste, ob eventuell Hühnerei zum Einsatz kommt.

Algen: Für Vegetarier, die den Geschmack des Meeres schätzen. So gibt es beispielsweise vegetarischen Kaviar auf Basis von Seetang. Die kleinen schwarzen Eier werden nach einem patentierten Verfahren produziert. Weil das Imitat kein Fischöl enthält, ist es sogar länger haltbar.


Tipps für den Handel

Um das Potenzial der Produktgruppe im Handel auszuschöpfen, empfiehlt sich vor allem eine klare Kennzeichnung und Beschilderung im Markt, die Vegetariern und Veganern die Suche erleichtert und zudem die Blicke interessierter Kunden auf sich zieht. Bei vielen Händlern hat sich ein Produktblock mit Fleisch-Alternativen im Chilled-Food-Regal bewährt. Im Trockensortiment sucht man diese bisher meist vergeblich. Hier werden z.B. Bratlings-Mischungen meist unter Bio-Marken angeboten und sind in diesen Markenblocks zu finden.

Verkostungsaktionen im Markt eignen sich ideal, um Neukunden für das Sortiment und Thema zu gewinnen. Darüber hinaus bietet es sich an, zu Festtagen wie Ostern und Weihnachten Alternativen zum Festbraten zu bewerben und beispielsweise Rezept-Ideen (erhältlich z. B. über den Vebu) zur Verfügung zu stellen.

Weitere Daten, die sich für verkaufsfördernde Aktionen anbieten: 1. Oktober: Weltvegetariertag; 4. Oktober: Welttierschutztag; 16. Oktober Welternährungstag

Insbesondere für Gastro-Konzepte und heiße Theke interessant: Immer mehr Städte schließen sich der Aktion „Donnerstag ist Veggie-Tag“ an. Testen Sie, ob auch in Ihrem Markt ein breiteres Angebot an Donnerstagen angenommen wird.

Wissenscheck

{tab=Fragen:}

  1. Welcher Herstellungsschritt bestimmt die Konsistenz von Tofü
  2. Woraus besteht Seitan?
  3. Mit welchen Maßnahmen lässt sich das vegetarische und vegane Angebot promoten?

{tab=Antworten:}

  1. Das Gerinnungsverfahren beeinflusst Struktur und Beschaffenheit von Tofu.
  2. Seitan besteht aus Weizenmehl, das mit Wasser zu einem Teig verknetet und ausgewaschen wird.
  3. Anlässe wie Festtage, Weltvegetariertag oder Veggie-Tag eignen sich für Aktionen.
Die Warenverkaufskunde erscheint regelmäßig als Sonderteil im Magazin LEBENSMITTEL PRAXIS. Wir danken dem Vegetarierbund Deutschland e.V. (Vebu), Berlin, für den fachlichen Rat.

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Bild öffnen Diese Warenkunde beschäftigt sich mit Fleischalternativen. (Bildquelle: Shutterstock)
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Bild öffnen Zahlreiche vegetarische und vegane Produkte tragen bereits das Europäische Vegetarismus Label (V-Label). Die Kategorie (vegan, ohne Milch, ohne Ei etc.) steht als Zusatz unter dem V-Label.
Bild öffnen Vegetarier und Veganer legen Wert auf einen kreativen, abwechslungsreichen Speiseplan. (Bildquelle: Shutterstock)

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