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Getreide und Getreideprodukte wie Brot und Brötchen zählen hierzulande zu den Grundnahrungsmitteln. Dafür verwenden die Hersteller hauptsächlich Weizen und Roggen. Der Trend zu natürlichen, ursprünglichen, regionalen und gesunden Produkten sowie traditionellen Rezepturen führt dazu, dass die Nachfrage nach alten Getreidearten steigt, allen voran Dinkel. Aber es gibt noch mehr alte „Schätzchen“, nämlich Einkorn, Emmer, Grünkern, Ur-Roggen und Kamut. Damit können Händler ihr Getreide- und Backwaren-Sortiment bereichern und vor allem Kunden ansprechen, die Wert auf Gesundheit und Genuss legen. Nicht zuletzt stellen diese Getreidearten im Hinblick auf Nachhaltigkeit und Biodiversität (Artenvielfalt innerhalb der Lebensräume, genetische Vielfalt innerhalb der Arten), ein Sortiment dar, mit dem sich Händler durchaus profilieren können. Und das nicht nur im Bio- und Naturkosthandel. Auch im LEH setzen sich diese Produkte zunehmend durch.
Urgetreide wurde unbeliebt
Einkorn, Emmer und Dinkel zählen zum Urgetreide. Einkorn und Emmer sind die „Oldies“ unter den alten Getreidearten. Sie gehören zur Gattung des Weizens. Bereits vor 10.000 Jahren bauten die Menschen diese beiden Arten zwischen Euphrat und Tigris an. Die Vorteile: Einkorn und Emmer haben einen hohen Nährwert, sie sättigen und sind sehr lange haltbar, sodass die Menschen damit ihren Nahrungsmittelvorrat sichern konnten.
Doch warum gerieten diese Urgetreide in Vergessenheit? Alle drei, insbesondere Einkorn und Emmer, sind nicht besonders ertragreich. Hinzu kommt, dass die Körner von Einkorn, Emmer und Dinkel von einer festen Hülle, der Spelze, umgeben sind. Sie schützen das Korn vor schädlichen Umwelteinflüssen. Die Spelze muss in einem zusätzlichen Arbeitsgang entfernt werden. Beides zusammen machten diese Getreidearten unattraktiv, sodass sie im Laufe der Zeit von den ertragreicheren Arten Gerste, Weizen und Roggen verdrängt wurden.
Dabei haben Einkorn, Emmer und Dinkel einiges zu bieten: Sie stellen keine sehr hohen Ansprüche an den Boden, sind recht unempfindlich gegenüber Pflanzenkrankheiten und Schädlingen, erfordern nur wenig Pflanzenschutz und Düngung und sind aus ernährungsphysiologischer Sicht besonders wertvoll. Deshalb stellen sie – als Nischenprodukt – für den konventionellen wie ökologischen Landbau eine willkommene Bereicherung zu den klassischen Getreidearten dar. Doch noch sind die Anbauflächen in Deutschland und Europa sehr gering. Durch die intensive Züchtungsforschung der Universität Hohenheim sind die Wissenschaftler zuversichtlich, dass in den nächsten Jahren vor allem die noch weniger bekannten Arten Einkorn und Emmer in konstanter Qualität und ausreichender Menge angebaut werden können.
Einkorn
In Deutschland wird Einkorn auf einer Anbaufläche von ca. 500 bis 1.000 ha angebaut (im Vergleich: 3 Mio. ha Brotweizen). Auch wenn diese Getreideart recht unempfindlich gegenüber Schädlingen und Getreidekrankheiten ist, beträgt der Reinertrag pro Hektar (entspelzt) nur ein Viertel des herkömmlichen Weichweizens.
Bei Einkorn reift – wie der Name vermuten lässt – an jedem Ansatz der Ährenspindel nur ein Korn heran. Einkorn hat lange Halme, die durch das Gewicht der Ähre leicht knicken können. Die Körner sind weich, schmal und klein. Typisch für dieses Getreide ist der gelbliche Mehlkörper. Seine intensive Farbe verdankt er dem hohen Gehalt an gelben Farbpigmenten, den Carotinoiden. Dadurch bekommen auch die Backwaren eine gelbliche Krume.
Einkorn enthält einen im Vergleich zu Weichweizen deutlich mehr Eiweiß, Zink, Magnesium, Eisen, Mangan und Kupfer. Hervorzuheben ist der hohe Gehalt an Sekundären Pflanzenstoffen, zu denen auch die Carotinoide zählen. Sie haben eine gesundheitsfördernde Wirkung, u. a. einen positiven Einfluss auf das Immunsystem.
Dieses Urgetreide hat einen nussigen aromatischen Geschmack. Seine Backeigenschaften sind aufgrund der Zusammensetzung des Klebereiweißes mäßig. Er muss daher sehr schonend verarbeitet werden, was viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl erfordert. Einkornmehl eignet sich für die Herstellung von Brot und Gebäck, sowie für Nudeln und Waffeln. Im Gegensatz zum Emmer lässt sich Einkorn gut zu Flocken quetschen, z. B. für Müsli.
Emmer
Die Anbaufläche von Emmer in Deutschland beträgt ca. 1.000 ha. Man nennt ihn auch „Zweikorn“, weil auf jedem Ansatz der Ährenspindel jeweils zwei Körner wachsen. Je nach Sorte können die Spelzen weiß, braun oder schwarz sein. Er hat ebenfalls lange Halme, wodurch er nicht besonders standfest ist. Der Ertrag pro Hektar beträgt der Hälfte von Weichweizen.
Im Vergleich zu Weizen enthält Emmer deutlich mehr Eiweiß, Zink, Eisen, Magnesium und Kupfer.
Emmerkörner sind etwas dunkel und sehr hart. Produkte aus Emmer haben eine dunkle Färbung und einen würzigen Geschmack. Dieses Urgetreide wird vor allem zu Brot und Backwaren verarbeitet, aber auch Waffeln und Nudeln schmecken würzig-aromatisch. Übrigens: Es gibt auch Bier aus Emmer. Es schmeckt sehr würzig.