Station und Service Storecheck an Bahnhöfen

Bahnhöfe in Großstädten beherbergen mittlerweile ihre eigene Einkaufswelt. Doch im Gegensatz zu Einkaufs-Centern lässt sich nicht alles von Grund auf planen. Die Gegebenheiten vor Ort entscheiden über den richtigen Branchenmix.

Freitag, 10. September 2010 - Store Checks
Markus Oess und Silvia Schulz

In Deutschland gibt es rund 5.400 Bahnhöfe. „Etwa 1.600 davon haben ein Empfangsgebäude“, erläutert Frank Hunger, Leiter Vermarktungsmanagement der DB Station & Service AG und zuständig für die deutschlandweite Vermarktung der Gewerbefläche in Bahnhöfen. Bei rund 300 von diesen kann man von Einkaufs- und Dienstleitungszentren sprechen, die mit einem Mix aus Gastro, Lebensmittelhandel und zunehmend auch Nonfoodgeschäften sowie Dienstleitern bestückt sind. Dazu kommt noch eine stattliche Anzahl von Stationen, die immerhin einen Convenience-Store oder Kiosk haben.

Die Vermarktung der Flächen in den Bahnhöfen übernimmt bis auf wenige Ausnahmen die DB Station&Service. „Ein Standardkonzept oder ein Baukastensystem wird nicht angewendet“, sagt Hunger. Der Branchenmix richtet sich nach dem Standort und da gibt es große Unterschiede. „Sicher in den Großstädten wie Leipzig, Frankfurt oder Berlin haben wir ein vergleichbares Konzept. Aber wir müssen uns an den Voraussetzungen orientieren, die wir vorfinden. Das ist bei neugebauten Shopping- Center anders“, meint Hunger. Im Grunde limitieren zwei Faktoren den Mix: Das Bahnhofsgebäude selbst, das nicht beliebig umgebaut oder vergrößert werden kann und meistens unter Denkmalschutz steht, sowie die Bedürfnisse des lokalen Marktumfeldes vor Ort. Neubauten wie in Berlin (Hauptbahnhof und Südkreuz) bleiben die Ausnahme. Zurzeit sind noch zwei Großprojekte in Planung Stuttgart und München.

Die Mall im Leipziger Hauptbahnhof wird von der ECE, Hamburg gemanagt. Ein Sprecher erläutert das Konzept: „Stärker als in unseren anderen Centern ist das Sortiment in den Promenaden an den Waren des täglichen Bedarfs ausgerichtet. Gerade für die Frequenzen und die Art der Kunden an einem Hauptbahnhof stellt das Lebensmittelangebot einen ganz wesentlichen Faktor im Branchenmix der Promenaden dar.“ Der Umsatzanteil beträgt derzeit knapp ein Viertel vom Gesamtumsatz der Promenaden. „Wichtig waren und sind im Lebensmittel-Bereich immer auch regionale Händler, um hier, besonders bei Obst und Gemüse sowie den Bäckern, jederzeit die erforderliche Frische gewährleisten zu können. Ergänzt werden diese Sortimente durch die Frequenzbringer Rewe und Aldi, um auch die Grundversorgung sicher zu stellen“, sagt der Sprecher. Um bestimmte Betreiber zu bekommen, wurden diese speziell angesprochen. Wir haben uns aber auch die Vielzahl der Anfragen angesehen und die Konzepte gern platziert, sofern sie zum Branchenmix und unseren Qualitätsstandards passten.“ Seit Eröffnung hat sich der Umsatz um etwa 30 Prozent gesteigert.

Bedingt durch die Sonderstellung der Kombination Shopping-Center und Bahnhof stellten die langen Ladenöffnungszeiten einen deutlichen Wettbewerbsfaktor dar. „Bis auf den LEH hat der Einzelhandel in der Innenstadt die Öffnungszeiten trotz des neuen Ladenschlussgesetzes nicht wesentlich verändert. Im Bereich des LEH hat sich der Wettbewerb verstärkt. Durch das ganzheitliche Angebot mit mehr als 140 Fachgeschäften stellt die lange Öffnungszeit bis 22 Uhr aber weiterhin einen Wettbewerbsvorteil dar.“ Wie gut der LEH an der Schiene wirklich ist, zeigt der Test auf den folgenden Seiten. Die besuchten Bahnhöfe in Berlin vermarktet die Deutsche Bahn selbst. In Potsdam betreibt die Wealth Cap Real Estate Management das Objekt.


Aus der Spur

Moderne Bahnhöfe sind beliebte Shopping-Meilen. Auch Lebensmittelhändler bieten „Reisebedarf für Abfahrende und Kurzfristbedarf für Ankommende“ an. Dabei werden allerdings einige Chancen vertan – der Storecheck an Bahnhöfen.

Nur wenige Händler verstehen es, sich auf Reisebedarf einzustellen. Schade, wenn man bedenkt, wie sich gerade Abfahrende an den Theken diverser Anbieter von Snacks und Getränken im Bahnhof drängeln. Die Redaktion wollte wissen, wie „abgefahren“ die Märkte im Bahnhof sind und schickte die Testerin nach Auswertung als PDF-DownloadBerlin, Potsdam und Leipzig. In Berlin wurden die Bahnhöfe Lichtenberg, Friedrichstraße, Südkreuz sowie der Haupt- und Ostbahnhof gecheckt. In Potsdam und Leipzig stieg sie je am Hauptbahnhof um und kaufte für die Weiterfahrt bei Aldi, Lidl, Netto, Norma, Edeka, Kaisers, Kaufland, Rewe und Ullrich ein.

Außeneindruck

Beim Außeneindruck achtete die LP-Testerin u.a. auf Werbung und Hinweisschilder, die zum Markt führten. Der Schwerpunkt lag aber auf der Außenpräsentation selbst. Insgesamt ein ordentlicher Eindruck. Zu den weniger schönen Erlebnissen gehörte der erste Blick auf Netto. Ein guter Einblick, doch die Blumen im Eingangsbereich erregten nur Mitleid. Die Sauberkeit bei den Einkaufswagen ließ zu wünschen übrig. Ein ähnliches Bild bot sich bei Norma, was an den Einkaufswagen voller Bons, leeren Handzettelbehältern und so gut wie keinem Einblick durch die mit Plakaten zugeklebten Schaufenster lag. Angenehm dafür die Freundlichkeit des Security-Mitarbeiters bei Lidl. Er sorgte für Sicherheit und begrüßte die Kunden freundlich mit: „Hallo und angenehmen Einkauf.“ Edeka im Bahnhof Südkreuz verstand es, mit seiner Außengestaltung Kunden anzulocken. Auch der Berliner Rewe lud von Weitem ein. Doch hielt er sein Versprechen nicht. Denn der Miniaturaufbau Viba, die Palette mit Frostschutzmitteln fürs Auto direkt neben dem Gemüse und die mangelnde Präsenz vorgefertigter Snacks sprachen eine andere Sprache. Dass ein gelungener Eintritt nicht von vor der Tür platzierter Ware abhängig war, zeigten auch Kaiser's und der Leipziger Rewe.

Bester Außeneindruck: Edeka Südkreuz

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Das Marktinnere

Beim „Innenleben“ ging es nicht nur um Warenpräsentation und -präsenz, sondern auch um die Ausrichtung des Sortiments auf den Standort Bahnhof. Netto und Norma erhielten von der Testerin die rote Laterne. Bei Netto gab es Out-of-Stocks ohne Ende sowie Schmuddelecken. Norma platzte vor Ware aus den Nähten, so dass sich der Kunde wie im Zug vorkommen musste. Die Gangbreiten bei Norma standen denen in den Waggons in nichts nach. Dass es auch anders geht, bewiesen Aldi und Lidl: überzeugende Kundenführung und akkurate Ordnung. Beim Reisebedarf versagten die Discounter allesamt. Was nicht heißt, dass die Supermärkte besser waren. Mitnichten, denn das Angebot bei Kaufland lag auf Discounterniveau. Ullrich und Kaiser's wussten, wie man Wünsche von Reisenden befriedigt.

Bester Inneneindruck: Kaiser's

Die Testerin kaufte auch an Theken ein (bei Kaiser's, Kaufland, Ullrich und Rewe Leipzig). Aber die Kundenwünsche wurden nur abgefragt, es wurde nicht aktiv verkauft. Abgesehen von der Frage „Und noch etwas?“ gab es weder Zusatzangebote noch Empfehlungen. Wobei die Umgangsformen durchaus höflich waren. Warum es den Mitarbeitern oft so schwer fiel, auf ihr Gesicht ein Lächeln zu zaubern, konnte Silvia S. nicht ergründen. Dass viele Köche den Brei verderben, erlebte die Testerin bei einem weiteren Besuch bei Kaiser's. Mitarbeiterin eins erkundigte sich nach dem Wunsch. Während des Eintütens fragte sie nach weiteren Wünschen. Nun kam Mitarbeiterin zwei und packte ein. Allerdings falsch. Und genauso falsch wurde registriert. Silvia S. protestierte und sagte: „Das habe ich nicht verlangt, ich wollte einen Mohnstreifen.“ Wortlos wurde das Falsche aus- und das Richtige eingepackt. Nach einem kleinen Disput unter den Mitarbeitern über den Preis wurde auch der korrigiert. Eine Entschuldigung gab es nicht.

Bester Einkauf: Rewe Leipzig


 

An der Kasse

Beim Kassieren wird neben dem direkten Kundenkontakt auch die Wartezeit beurteilt. Mit mehr als 9 Minuten wurde bei Kaufland die Schmerzgrenze überschritten. Auch bei Norma hielt man es mit der Deutschen Bahn: Die Wartezeit betrug über 3 Minuten. Bei Netto hingegen ging das Registrieren der Ware zu schnell. Denn im Eifer des Gefechts wurde gleich noch ein Artikel der nachfolgenden Kundin mitgescannt. Die Korrektur erfolgte auf Kundenwunsch. Worte des Bedauerns leider Fehlanzeige. Und dann war da noch die Bezahlung im Leipziger Rewe-Markt. Silvia S. legte ihre Waren ordentlich aufs Band. Nachdem der Kunde vor ihr gegangen war, wurde sie von der Kassiererin mit „Nee“ angeherrscht, begleitet von einem Stopp-Zeichen per Hand. Erschrocken blickte die Testerin die Mitarbeiterin an und dann kam ein: „ … na doch, komm´se“. Was unerklärlich war, denn auch die folgenden Kunden wurden abkassiert. Bei Ullrich wurde sie mit: „Hallo – nehmen Sie mal die ganze Werbung aus dem Wagen“, begrüßt. Na super – waren doch nahezu alle bereitstehenden Einkaufswagen mit Kassenbons und Werbung übersät. Und dennoch gab es beim abschließenden Kundenkontakt viel Positives, denn in drei Märkten war der Kassenprozess anstandslos.

Bestes Kassenergebnis: Aldi, Kaiser's und Lidl

Kundenservice

Beim Kundenservice gehört es nach wie vor noch immer nicht zum Standard, dem Kunden vor dem Betreten des Geschäfts anzuzeigen, wie er bezahlen kann. Auch die aktuellen Handzettel suchte die Testerin in vielen Märkten vergebens. Was in gleichem Maße auf Körbe für den kleinen Einkauf zutraf und mit dem muss an diesen Standorten ganz sicher gerechnet werden. Die neben den frisch portionierten Obst- und Gemüsesnacks platzierten Einwegbestecke waren eine nette Geste. Sah der Kunde im Leipziger Rewe-Markt dann aber den Preis fürs Besteck, veränderte das seine Stimmung nicht zum Positiven. Ganz besonders dann, wenn er diesen Service bei anderen Anbietern im Bahnhof gratis bekam. Dass auch ohne eine individuelle Theke kleine Snacks angeboten werden können, zeigte Edeka im Bahnhof Südkreuz. Der Markt hielt für den Kunden Muffins, Pfannkuchen und andere Kuchen in unterschiedlicher Stückzahl für die Reise bereit.

Bester Kundenservice: Kaisers

Nachgeschmack und Basics

Beim Nachgeschmack achtete die LP-Testerin bewusst auf die Basics wie Kundenführung, und Kundenverführung, Übersichtlichkeit, und, und, und. Im Kaufland hatten die Himbeeren und Blaubeeren, die in ihren kleinen Schalen gut geeignet für die Reise waren, keine Preisauszeichnung. Von guter Kundenführung konnte bei Ullrich nur die Rede sein, wenn man als Kunde einen Hauptgang hin und den anderen wieder zurückging, denn Sortimentshinweise fehlten. Wohingegen die Ausschilderung im Edeka Friedrichstraße vorbildlich war. Obendrein reagierten die Mitarbeiter im Markt nett. Neben der Schiene waren Netto, Norma sowie der Berliner Rewe; richtig gut in der Spur Kaiser's und der Leipziger Rewe.

Bester Nachgeschmack: Edeka Friedrichstraße.



Storecheck an Bahnhöfen -Auswertung als PDF-Download (76 KB) Testberichte können angefordert werden unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein..

An der Kasse
Beim Kassieren wird neben dem direkten Kundenkontakt auch die Wartezeit beurteilt. Mit mehr als 9 Minuten wurde bei Kaufland die Schmerzgrenze überschritten. Auch bei Norma hielt man es mit der Deutschen Bahn: Die Wartezeit betrug über 3 Minuten. Bei Netto hingegen ging das Registrieren der Ware zu schnell. Denn im Eifer des Gefechts wurde gleich noch ein Artikel der nachfolgenden Kundin mitgescannt. Die Korrektur erfolgte auf Kundenwunsch. Worte des Bedauerns leider Fehlanzeige. Und dann war da noch die Bezahlung im Leipziger Rewe-Markt. Silvia S. legte ihre Waren ordentlich aufs Band. Nachdem der Kunde vor ihr gegangen war, wurde sie von der Kassiererin mit „Nee“ angeherrscht, begleitet von einem Stopp-Zeichen per Hand. Erschrocken blickte die Testerin die Mitarbeiterin an und dann kam ein: „ … na doch, komm´se“. Was unerklärlich war, denn auch die folgenden Kunden wurden abkassiert. Bei Ullrich wurde sie mit: „Hallo – nehmen Sie mal die ganze Werbung aus dem Wagen“, begrüßt. Na super – waren doch nahezu alle bereitstehenden Einkaufswagen mit Kassenbons und Werbung übersät. Und dennoch gab es beim abschließenden Kundenkontakt viel Positives, denn in drei Märkten war der Kassenprozess anstandslos.

Bestes Kassenergebnis: Aldi, Kaiser's und Lidl


Kundenservice
Beim Kundenservice gehört es nach wie vor noch immer nicht zum Standard, dem Kunden vor dem Betreten des Geschäfts anzuzeigen, wie er bezahlen kann. Auch die aktuellen Handzettel suchte die Testerin in vielen Märkten vergebens. Was in gleichem Maße auf Körbe für den kleinen Einkauf zutraf und mit dem muss an diesen Standorten ganz sicher gerechnet werden. Die neben den frisch portionierten Obst- und Gemüsesnacks platzierten Einwegbestecke waren eine nette Geste. Sah der Kunde im Leipziger Rewe-Markt dann aber den Preis fürs Besteck, veränderte das seine Stimmung nicht zum Positiven. Ganz besonders dann, wenn er diesen Service bei anderen Anbietern im Bahnhof gratis bekam. Dass auch ohne eine individuelle Theke kleine Snacks angeboten werden können, zeigte Edeka im Bahnhof Südkreuz. Der Markt hielt für den Kunden Muffins, Pfannkuchen und andere Kuchen in unterschiedlicher Stückzahl für die Reise bereit.

Bester Kundenservice: Kaisers


Nachgeschmack und Basics
  Beim Nachgeschmack achtete die LP-Testerin bewusst auf die Basics wie Kundenführung, und Kundenverführung, Übersichtlichkeit, und, und, und. Im Kaufland hatten die Himbeeren und Blaubeeren, die in ihren kleinen Schalen gut geeignet für die Reise waren, keine Preisauszeichnung. Von guter Kundenführung konnte bei Ullrich nur die Rede sein, wenn man als Kunde einen Hauptgang hin und den anderen wieder zurückging, denn Sortimentshinweise fehlten. Wohingegen die Ausschilderung im Edeka Friedrichstraße vorbildlich war. Obendrein reagierten die Mitarbeiter im Markt nett. Neben der Schiene waren Netto, Norma sowie der Berliner Rewe; richtig gut in der Spur Kaiser's und der Leipziger Rewe.

Bester Nachgeschmack: Edeka Friedrichstraße.



Storecheck an Bahnhöfen -Auswertung als PDF-Download (76 KB)-
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